Albtraum 2015, überschreibt die „Süddeutsche Zeitung“ ihren Leitartikel und erinnert an die Bilder, die die Menschen auf der Flucht zeigten, mit ihren Ängsten in ihren Gesichtern, die das Elend der Flüchtlinge via Fernsehen in unsere warmen Fernseh-Stuben quasi auf dem Silbertablett servierten. Und jetzt stehen wieder Flüchtlinge vor dem Stacheldraht, wir sehen Sicherheitskräfte, die mit Tränengas auf diese armen Teufel zugehen, um sie zurückzudrängen. Albtraum Migration nennt die SZ diesen Film, der da abläuft, es ist aber kein Hollywood-Streifen, es ist die Realität, der Alltag in einem Teil Griechenlands. Damals entschied die Kanzlerin allein, vielleicht darf man sagen, spontan, weil sie wenig Zeit hatte. Den Menschen musste geholfen werden, schnell zunächst, unbürokratisch. Dass sie kein Konzept hatte, was mit den Flüchtlingen weiter zu geschehen habe, wohin sie gehen sollten, ist schon damals angemerkt worden. Mekel sagte den historisch gewordenen Satz: „Wir schaffen das:“ Deutschland sei ein starkes Land. Und bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Österreichs Kanzler Werner Faymann betonte sie quasi zur Rechtfertigung der Grenzöffnung: „Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn wir jetzt anfangen, uns noch entschuldigen zu müssen dafür, dass wir in Notsituationen ein freundliches Gesicht zeigen, dann ist das nicht mehr mein Land.“
Später, als die Schwierigkeiten offenbar wurden, räumte sie ein, dass sich nicht wiederholen dürfe, was sich damals in Ungarn unter erbärmlichen Bedingungen abgespielt hatte. Damit war es die Hoffnung von Angela Merkel, die europäischen Partner in die Flüchtlingspolitik einzubeziehen, sie dazu zu bewegen, selber Flüchtlinge aufzunehmen, Kontingent-Lösungen wurden erörtert, aber einige Staaten der EU wie Polen und andere aus dem einstigen Ostblock weigerten sich, mitzumachen. Nun also ist es nicht mehr Ungarn, nun ist es Griechenland, das Elend für die Menschen in Not ist eher noch größer. Nur, Berlin steht mit seiner menschenfreundlichen Asylpolitik zwar nicht ganz allein, aber die postsozialistischen Länder schotten sich ab gegen muslimische Zuwanderung.
Es stimmt weiter: Deutschland ist ein starkes Land. Dass dieses Deutschland den Flüchtlingen in Griechenland helfen wird, helfen muss, darf keine Frage sein. Da kann die rechtsextreme AfD noch so polemisieren. Die Würde des Menschen, Artrikel 1 Grundgesetz, gilt, diese Würde des Menschen ist und bleibt unantastbar und sie bezieht sich auf Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Religion, ihrer Hautfarbe. Frankreich wird dabei sein, wenn europäische Hilfe organisiert werden soll, Italien auch sowie ein paar andere EU-Staaten. Wir können nicht zulassen, dass Menschen in Not einfach irgendwo liegengelassen werden. Wir müssen helfen direkt in den Flüchtlingslagern, Kinder und Kranke sollten aus dem Elend herausgeholt und nach Deutschland und Frankreich und anderen Hilfswilligen transportiert werden. 150 Kommunen haben sich freiwillig gemeldet, zusätzliche Flüchtlinge aufzunehmen.
Genscher bat den Westen: Geht auf Putin zu
Aber das eigentliche Problem ist ein anderes. Wenn wir uns von Erdogan nicht länger erpressen lassen wollen, wenn wir den Flüchtlingsstrom beenden wollen, wenn wir wollen, dass Syrer wieder in ihre Heimat zurückkehren, dann muss der Krieg in Syrien beendet werden. Der deutsche Außenminister Heiko Maas hat dazu vor Tagen etwas Richtiges gesagt: Den Schlüssel zur Lösung hält Putin in Händen, der russische Präsident. Er sieht sein Land als Schutzmacht für Syriens Diktator Assad. Man muss darüber nicht streiten, es ist, wie es ist. Man muss weder Putin mögen und Assad, der Bomben auf seine eigenen Landsleute werfen ließ, schon gar nicht. Aussitzen können wir das Problem nicht. Putin kann den Krieg beenden helfen, der das Land in Schutt und Asche gelegt hat. Wir müssen mit Putin reden. Ihn zu attackieren bringt uns nicht weiter. Zum wiederholten Male erinnere ich in diesem Blog an die Verdienste des damaligen sowjetischen Generalsekretärs Gorbatschow um den Fall der Mauer und die deutsche Einheit. Er wollte ein Zimmer in dem europäischen Haus. Er hat, gefragt von Willy Brandt, was er sich vom Westen erhoffe, geantwortet, etwas mehr Verständnis für Russland. Leider erlebte er, wie westliche Politiker ihren Sieg über den Kommunismus auslebten und sich über Moskau erhoben. Einer seiner Nachfolger, Putin, hielt 2001 eine sensationelle Rede im Berliner Reichstag. Dass daraus nicht mehr geworden ist, lag nicht allein an Putin.
Der Westen, die EU, dies gehört zur Wahrheit, hat Russland verprellt, man zog die Ukraine Russland vor und wunderte sich über die Reaktion Putins, der sich isoliert fühlte, an die Wand gedrückt, weil plötzlich aus seiner Sicht die Gefahr drohte, die Nato würde sich um 1000 Kilometer Richtung Osten ausdehnen und hätte mit Russland eine gemeinsame Grenze. Schon vergessen, was man zumindest mündlich Gorbatschow versprochen hatte? Der Westen reagierte auf die Annexion der Krim mit Sanktionen, die niemandem helfen, sie schaden, blockieren. Wer will, kann zwecks Nachhilfe in der KSZE-Schlussakte von Helsinki 1975 nachschauen, die Wege zur Zusammenarbeit geebnet hatte und erste Löcher in den Eisernen Vorhang bohrte. Geht auf Putin zu und gebt ihm die Hand. Man lese nach bei Genscher, oder Brandt, auch Helmut Kohl dachte in diese Richtung. Norbert Röttgen, einer der Aspiranten auf die Merkel-AKK-Nachfolge im CDU-Vorsitz, ist anderer Ansicht. Man darf ihn daran erinnern, dass zwei „Mächte“ die KSZE-Schlussakte von Helsinki abgelehnt haben: die KP Albaniens und die Union-Fraktion im Bundestag.
Albtraum 2015? Nie wieder? Die Menschen stehen Schlange, sie frieren, hungern, bitten um Hilfe. Merkel und Macron sollten mit Putin reden. Es war ein großer Fehler, dass der damalige USA-Präsident Obama Russland als Regionalmacht verspottet hatte. Auch wenn es schwerfällt, sollte der Westen auf Moskau zugehen.
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Da ist das gigantische NATO-Manöver Defender 2020, bei dem die USA eine komplette Division an die russische Grenze verlegen, nicht gerade hilfreich… Deshalb: https://www.antidef20.de/