Lobbyverband Familienunternehmen öffnet sich für die AfD – mit Konsequenzen
Der mächtige Lobbyverband der Familienunternehmer hat schon im Frühjahr 2025 beschlossen, dass man auch zur AfD Kontakte haben sollte. Darum wurde zum parlamentarischen Abend des Verbandes auch der wirtschaftspolitische Sprecher der rechtsextremen Bundestagsfraktion, Leif-Erik Holm, eingeladen, der auch prompt im Atrium der Deutschen Bank in Berlin-Mitte erschien. Diese Öffnung hat nun Konsequenzen. Für eine neuerliche Einladung des Verbandes steht die Deutsche Bank nicht mehr zur Verfügung. Die Bank will nichts mit der AfD zu tun haben. Und die Liste der Unternehmen, die nun den Verband verlassen, wird täglich länger: Die Drogeriekette Rossmann ist ausgetreten, ebenso der Haushaltsgerätehersteller Vorwerk und der Unternehmer Harald Christ, um nur einige prominente Ex-Mitglieder zu nennen.
Präsidentin des Verbandes ist die FDP-Politikerin Marie-Christine Ostermann, deren Familie ein Lebensmittelunternehmen besitzt.
Der Lobbyverband der Familienunternehmen gilt als einer der mächtigsten in Deutschland. Viele Beobachter rechnen vor allem die Steuerfreiheit für vererbte Unternehmen als Erfolg dieses Verbandes. Eine Position, die neben FDP und CDU auch die AfD vertritt – nur radikaler. Die Rechtsextremen fordern die Abschaffung der Erbschaftssteuer.
Offensichtlich ist es dem Verband wichtiger, mit allen Unterstützern ihrer milliardenschweren, aber steuersparenden Mitglieder zu paktieren, als Demokratie- und Verfassungsfeinde zu bannen.
AfDler gedenkt Wehrmachtssoldaten, aber nicht den Opfern des Krieges
Thorsten Thon heißt der Fraktionsvorsitzende der AfD Dargun. Er nutzte den Volkstrauertag nicht, um an Opfer des Vernichtungskrieges der Nazis zu erinnern, sondern rückte erst einmal die Corona-Maßnahmen in die Nähe der NS-Gewaltherrschaft. Um dann vor allem Worte für die gefallenen Soldaten der Wehrmacht zu finden. „Eine klassische Täter-Opfer-Umkehr“, befand die ebenfalls anwesende SPD-Landtagsabgeordnete Anna Konstanze Schröder. Auch die Pfarrerin des Ortes sah sich gezwungen, den kruden Äußerungen entgegenzutreten.
Richtig super fand der Co-Landesvorsitzende der AfD, Enrico Schult, die Rede. Er fand vor allem gut, dass Thon überhaupt reden durfte.
„Als Christinnen und Christen sind wir davon überzeugt, im Antlitz jedes Menschen ein Geschöpf Gottes zu sehen, ausgestattet mit derselben unverletzlichen und unantastbaren Würde.“ Gegen diesen Grundsatz habe Thon mehrfach verstoßen.
Die parteilose Bürgermeisterin hat kein Problem mit der Rede auf einer städtischen Veranstaltung: „Die Fraktionen sind für ihre Öffentlichkeitsarbeit verantwortlich“, meldete sie dem NDR.
Thon, ein selbstständiger SAP-Berater, will um seine Rede kein weiteres Aufhebens machen. Eine Anfrage des NDR nach dem Manuskript der Rede lehnte er ab.
Dargun ist eine amtsfreie Landstadt im Norden des Landkreises Mecklenburgische Seenplatte. Hier ist es Tradition, dass die Festredner zum Volkstrauertag abwechselnd von den Fraktionen des Stadtrats gestellt werden – und diesmal war die AfD dran.
Kündigen Banken AfD-Mitgliedern?
Kay Gottschalk, AfD-Abgeordneter aus NRW im Bundestag, wittert einen Skandal. Es soll doch tatsächlich Banken geben, die AfD-Mitgliedern die Konten kündigen. Eine ganze Excel-Liste hat er dem Bundestag zu Protokoll gegeben, mit angeblich gekündigten Bankkonten.
Die ARD ist den Vorwürfen nachgegangen. Mehrere Banken haben Anfragen beantwortet, allerdings stets auf das Bankgeheimnis hingewiesen. Alle haben aber klargemacht, wofür sie stehen. Hier ein Beispiel der Commerzbank: „Man stehe für eine Kultur der Weltoffenheit, der Toleranz und des Respekts. Man trete entschieden gegen jede Diskriminierung von Menschen ein.“
Rechtlich ist es so, dass sich Banken ihre Geschäftspartner aussuchen können. Sie sind nicht verpflichtet, Geschäftsbeziehungen aufrechtzuerhalten, wenn die „internen Compliance-Vorgaben“ nicht eingehalten werden, so die Volksbank Düsseldorf Neuss.
Der AfD-Jugendverband wird gegründet – die Messe Gießen hat eine dubiose Rolle dabei
In Gießen fluchen derzeit viele Leute, denn die zentrale Lage der Stadt in Deutschland hat ihnen den Gründungsparteitag der neuen Jugendorganisation der AfD beschert. Doch nicht nur die geografische Lage hat der Stadt die umstrittene Veranstaltung eingebracht, auch die private Messegesellschaft hat erheblich dazu beigetragen.
Denn wie sich herausstellt, wäre die Messe Gießen GmbH – entgegen ihrer eigenen Darstellung – nicht verpflichtet gewesen, die Veranstaltung anzunehmen. Sie gehört dem Ehepaar Beate und Roland Zwerenz aus Sachsen, und die sind nicht verpflichtet, politische Parteien gleich zu behandeln, wie es ein öffentlicher Träger tun müsste. Das sagt Steffen Augsberg, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Gießen.
Der Messe GmbH könnte die Öffnung für die AfD teuer zu stehen kommen. Denn schon nach Bekanntgabe der AfD-Veranstaltung hat ein anderer Veranstalter seine Zusammenarbeit mit der Messe Gießen GmbH gekündigt und ist nach Wetzlar gegangen.
Eigentümer der Messe Gießen ist die Zwerenz-Gruppe, die auch die Messe in Halle (Sachsen-Anhalt) betreibt. Sie hat Erfahrung mit umstrittenen Veranstaltungen, etwa mit einer Waffenmesse im Jahr 2022 oder der Buchmesse „Seitenwechsel“, auf der rechte und konservative Verlage und Publizisten vor wenigen Wochen ihre Machwerke ausstellten.
Der rechtsextreme Spitzenkandidat, der Holocaust und eine Medienkampagne der rechten Art
Ulrich Siegmund will Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt werden. Und das verkündet er auch auf allen Kanälen und bei jeder Gelegenheit. Dass bei Gesprächen, die das TikTok-Sekundenformat überschreiten, seine rechtsextreme Gesinnung zum Vorschein tritt, ist wenig verwunderlich.
So geschehen beim Politico-Podcast, als er auf die Frage, „ob die Nazizeit die schlimmste der Menschheit wäre“, und die Nachfrage, „ob der Holocaust das schlimmste Verbrechen der Menschheit wäre“, antwortete: „Dass er sich das nicht anmaße zu bewerten, er müsse ja die ganze Menschheitsgeschichte prüfen.“
So weit, so schlecht. Der Mann, der sich in den AfD-Proklamationssälen mit „Sieg–Mund!“ begrüßen lässt, fand daran offenbar nichts.
Interessanterweise wird diese Aussage von rechten Influencern ergänzt mit dem Satz: „Es gab so viele grauenhafte Verbrechen in der Geschichte – denken Sie an den Stalinismus, den Maoismus oder den Völkermord an den Armeniern. Ich verurteile den Holocaust uneingeschränkt, aber eine Rangliste unter Gräueln zu erstellen, steht mir nicht zu.“
Zu lesen beim Influencer Tomasz Froelich auf X. Trotz Hinweisen der Podcast-Autoren, dass das Zitat frei erfunden ist, nimmt es seinen Lauf. Und die komplette AfD-Unterstützungsbataillons – von Elsässer über Anabel Schunke bis Martin Sellner – verbreiten das Narrativ vom „Ranglisten-Fetischisten“ und „unfairen Interviewer“ weiter.
Natürlich ziehen auch Nius und Apollo News nach. Und das alles, bevor der Podcast überhaupt veröffentlicht war.
Der Plan dahinter ist erkennbar: Das nach journalistischen Kriterien arbeitende Magazin Politico wird diskreditiert, der eigene Kandidat in Schutz genommen und weiter bekannt gemacht. Die Algorithmen werden es schon weitertragen.
Übrigens: Ulrich Siegmund hat den ihm in den Mund gelegten Satz nicht dementiert.
Die Immunitätsaufhebung der Woche: Vanessa Behrendt, MdL Niedersachsen
„Volksverhetzung, verhetzende Beleidigung und Beleidigung“ lauten die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Göttingen gegen die Hundetherapeutin aus Helmstedt. Die rechtsextreme Abgeordnete ist in den sozialen Medien unterwegs; ihr Kampfgebiet ist die Verächtlichmachung und Kriminalisierung der LGBTQ+-Community. „Die Regenbogenflagge sei ein Zeichen der Machenschaften pädophiler Lobbygruppen.“
Queere Personen sind bei ihr schon mal „perverse Psychopathen“.
Es ist das zweite Mal, dass ihre Immunität aufgehoben wurde. Aktuell läuft in den rechten Gruppen der sozialen Netzwerke eine Kampagne, die Behrendt als „Kinderrechtskämpferin“ inszeniert. Es soll suggeriert werden, dass Kinderschützer verfolgt werden, während man Pädophile machen lasse.
Die AfD und ihr gutes Verhältnis zu Putins Russland
Alice Weidel hat es tatsächlich geschafft: Ein Video von einem Treffen mit dem Putin-Propagandisten Medwedew gibt es nicht; insoweit hat ihre Intervention bei den Parteikollegen gefruchtet.
Dennoch haben es sich Stefan Kotré, MdB, Hans Neuhoff, MdEP, und Sachsen-Chef Jörg Urban nicht nehmen lassen, eine Propagandakonferenz in Sotschi zu besuchen. Bezahlt hat das der Steuerzahler. Und die deutschen Rechtsaußen bekamen ihre Bühne, konnten die Aufhebung der Sanktionen gegen Kriegstreiber Russland fordern – und taten das auch kräftig in den zahlreich vorhandenen Staatsmedien.
Selbstverständlich sagen weder Kotré noch Urban etwas über den Ukraine-Krieg, aber das hat wahrscheinlich auch niemand erwartet.
Bizarr der Auftritt von Medwedew: Denn er behauptet, den AfD-Vertretern sei die Reise verboten worden – angeblich vom Bundeskanzler. Auch da haben die AfDler nicht widersprochen.
Rechtsextreme Juristen dürfen nicht in den Staatsdienst
Mit einer Entscheidung des Thüringischen Verfassungsgerichtshof setzt sich eine Serie von Entscheidungen fort, dass die Aufnahme in den juristischen Vorbereitungsdienst verweigert werden kann, wenn Bewerber*innen „gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes tätig sind“. Die AfD hatte eine Normenkontrollantrag eingereicht, um die entsprechenden Regeln im Thüringischen Juristenausbildungsgesetz zu ändern. Der Gerichtshof stellte gleichzeitig klar , dass bloße Parteizugehörigkeit zur AfD kein Grund zur Ablehnung sei.













