Botschafter Francois Chihchung Wu vertrat Taiwan auf der BSC (Berliner Sicherheitskonferenz) mit vorbildlicher Diplomatie der Vermeidung unnötiger Konflikte: Keine Provokation gegen die Volksrepublik China, keine Versuche einen militärischen Beistand der USA verpflichtend zu erwarten, keine Versuche für eigene – durchaus existenziell gefährdete Interessen – einen vertraglichen Rückhalt von Europa zu verlangen.
Wu betonte den Wert der Demokratie selbst:
„Taiwan and Europe must envision a democratic coalition – a flexible alliance conceived not by formal treaty, but by shared conviction.” (BSC 18-19. Nov. 2025; congress magazine, S. 18).
Wenn wir Europäer uns global nach echter Demokratie umschauen, so finden wir kaum noch überzeugte „Gleichgesinnte“. Das liegt nicht zuletzt auch an bitteren Erinnerungen. Kolonialstaaten mussten lange Zeiten von Korruption und Verbrechen, von privatem und staatlichem Terrorismus überstehen. Für sie blieb was wir Demokratie nennen lange Zeit verborgen.
Als naheliegend bezeichnet Wu die Tendenz, wie sich Europa und Asien inzwischen politisch näherkommen: Es begann mit der Globalisierung von Handel, Finanzen und industriell mit laufend modernerer Kommunikation.
Jedoch wachsen derzeit in Europa und im Umfeld von Taiwan autoritäre Strukturen, teils schlimmer als anno-dazumal. Und es gibt viele Staaten, die sich auf ganz neue Bedrohungen einstellen müssen: So etwa, weil die USA unberechenbar geworden sind, auch weil Russland und China einander unterstützen.
Gebietsübergreifend sind unterschiedliche Regionen ganz ähnlich vom Verlust regelbasierter Ordnung betroffen. Entsprechend verlangt Wu von Europa für Taiwan aktuell keine Verträge. Er empfiehlt demokratische Überzeugungen miteinander zu teilen. Das kann viel grundlegender wirken, als juristisch und/oder ökonomisch machtgeleitete Verträge und Usancen. Es kann ausgesprochen hilfreich zu gemeinsamen Abwehrstrategien und Pragmatik führen, allein schon gegen Übergriffe wie falsche Informationen, Cyber-Attacken, ökonomisch einseitigem bis egomanischem Druck. Je nach Situation kann es auch ein stückweit gegen militärische Bedrohung wertvoll sein.
Dafür reagieren asiatische Staaten wie Taiwan und Südkorea ganz ähnlich wie europäische Staaten mit Stärkung der Selbstverteidigung, militärisch und für Wirtschaft und Zivilgesellschaft. So war in Taiwan der Anteil des Militärs im Kalten Krieg auch auf 1% gefallen, bereits 2022 waren es 1,6%, aktuell 2% und für 2026 werden 3,3% angestrebt. Ähnlich Südkorea, welches sich noch dazu verpflichtete in den USA mehrere hundert Milliarden Dollar zu investieren. Ob das hilft?
Taiwans Militärstrategen beobachten schon seit Jahren genau, wie die Ukraine sich verteidigt, auch mit Angriffen auf Russland. Wobei die Grenze zwischen Ukraine und Russland sehr lang ist, währende Taiwan durch die Entfernung der Insel vom Festland bei einem Angriff zunächst besser geschützt wäre. Und Taiwan fertigt Raketen, die bis weit hinein ins Festland Ziele zerstören können.
Würde ein Angriff auf Taiwan für die Volksrepublik China lohnen? Würden die USA Taiwan helfen? Könnten die Europäer – mit ihrem Interesse an ungestörten Handelswegen – zumindest diplomatisch helfen, im Namen global gemeinsamer Interessen?
Wu empfiehlt eine klare Haltung für Bewahrung der Grundwerte: „Würde, Freiheit und Wohlstand“. Sie verstärken einander wechselseitig und können zu enormen Innovationen aller Art führen. Eine wechselseitige, klar demonstrierte Solidarität demokratischer Staaten für ihre Werte kann für alle zielführend sein.
Was Wu natürlich nicht ansprach, sind die Umgangsformen der Volksrepublik China mit den überwältigten Bevölkerungen. Weder die Chinesen in Hongkong, noch die Uiguren oder die Tibeter würden den Taiwanern empfehlen, sich auf eine friedliche Kooperation einzulassen. Das allzu gewaltbereite Verhalten von China war zumindest ungeschickt: Es gab keine Diplomatie, mit dem Ziel Minderheiten wenigstens halbwegs fair zu behandeln, sei es bei Bodenschätzen, Tourismus oder anderen Aktionen. Mit Gewalt kann man vielleicht eine „Riviera“ im Gaza-Streifen schaffen, jedoch keinen Frieden. Womöglich resultiert – vielleicht nochmal für zweitausend Jahre – ein zäher Antisemitismus. Hätten die Israelis ihre Agrartechnik in erkennbar fairer Absicht auch den Palästinensern gegeben (immerhin hatten die gerade dort Land verloren), so hätte das weitaus kostengünstiger für alle ausgehen können.
Ähnliche Optionen hat die Volksrepublik China nicht genutzt. Jegliche ehrliche demokratische Gesinnung könnte in der Praxis bessere Resultate erzielen. Mit dazu gehören Menschenrechte, die in China schon vor über 5.000 Jahren hoch-zivilisiert entwickelt waren. Überhaupt war China fast immer als herausragende Zivilisation „das Reich der Mitte“ – unterbrochen nur für wenige Jahrhunderte durch eine waffentechnische Überlegenheit der Europäer.
Wu würde nach wie vor weitaus kooperativer sein, als es derzeit global bei den meisten anderen Konflikten üblich ist.













