Es war einmal, so beginnen nicht nur Märchen, so begann auch einmal die erfolgreiche Zeit der SPD. Als sie noch Partei der Arbeit war und sich auch um das Leben der Arbeiter kümmerte, nah bei den Menschen war und den Arbeitern versprach: Aufstieg durch Bildung, die Kinder der Arbeiter sollten das Abitur machen können und studieren, sie sollten es besser haben als ihre Eltern, die malochten. Nun gibt es so gut wie keine Arbeiter mehr, aber es gibt Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, abhängig Beschäftigte, um deren Arbeit und Fortkommen, um deren Rente, um deren Versorgung im Krankheitsfall zu kümmern Sache der SPD sein muss. Wer denn sonst?!
Die SPD ist im Keller, darüber täuscht ihr Mitwirken an der Regierung Merz in Berlin nicht hinweg. Selbst in NRW, das mal Kernland der Partei war, ist sie auf 22 Prozent landesweit gerutscht, in Dortmund regiert nun ein CDU-Mann als Oberbürgermeister. Wenn das kein Alarmsignal ist. Die Wählerinnen und Wähler laufen ihr davon und vor allem laufen sie auch zur AfD, einer in großen Teilen rechtsextremen Partei. In dieser Situation hat der Parteirat der SPD, der zwischen den ordentlichen Landesparteitagen mit rund 100 Abgesandten aus den Regionalverbänden Westliches Westfalen, Niederrhein, Mittelrhein und Ostwestfalen-Lippe tagt, die ernste Lage diskutiert und eine Kurskorrektur beschlossen. Einstimmig verabschiedeten die Sozialdemokraten ein Positionspapier mit dem Titel: „Wir haben verstanden: Zeit für Ehrlichkeit und Veränderung.“
Signal des Aufbruchs
Schonungslos üben die Genossinnen und Genossen in dem mehrseitigen Papier Selbstkritik. Sie starten einen Prozess, der für die NRW-SPD ein Wendepunk sein soll. Denn die Bundestags- und Kommunalwahlen waren für sie alle ein „klarer Denkzettel“. Der Co-Vorsitzende Achim Post sprach von einem „Signal des Aufbruchs“ und erklärte, dass Glaubwürdigkeit nur dann wachse, „wenn Politik konkret wirkt- im Klassenzimmer, auf der Baustelle, in der Verwaltung und im Stadtteil.“
Ein Weiter-So soll es nicht geben, der Abwärtstrend halte seit Jahren an. „Wir verlieren nicht nur, weil andere laut sind, wir verlieren, weil die Menschen uns zu oft nicht mehr glauben“, so liest man in dem vierseitigen Papier, das der Blog-der-Republik veröffentlicht. „Wir haben verstanden“, heißt es weiter, „dass wir Teile unseres Stils und unserer Programmatik anpassen müssen, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen.“ Von den erfolgreichen Kandidatinnen und Kandidaten wie Sören Link in Duisburg, Frank Dudda in Herne und Marc Herter in Hamm will man lernen. Wie Sören Link es formuliert hat, dass man sich wieder um die kümmern werde, „die diesen Staat finanzieren.“ Der Grundsatz soll wieder heißen: „Wir helfen denjenigen, die wollen, aber nicht können. Und wir motivieren diejenigen, die können, aber nicht wollen.“ Dass diese Gedanken nicht der Juso-Welt entsprechen, liegt auf der Hand, mit Widerspruch ist also zu rechnen. Aber den hatte auch ein Gerhard Schröder, der 1998 Helmut Kohl ablöste und der die Agenda 2010 verabschiedete, eine Reform, die seiner Amtsnachfolgerin Merkel als Regierungsvorlage diente. 16 Jahre. Das Motto hieß bei Schröder: Fördern und fordern. Verkehrt war es nicht, auch wenn das einige anders sahen und die Linke die Agenda-Politik scharf bekämpfte: Hartz-Reformen gleich „Armut per Gesetz“ so ihr Wahlkampfruf.
Die SPD war mal eine große Volkspartei mit rund einer Million Mitgliedern. Heute gehören der SPD nur noch etwa 380000 Genossinnen und Genossen an, im größten Landesverband NRW sind es nur noch 85000, früher waren es über 300000. Die älteste Partei in Deutschland ist in einen Abstiegsstrudel geraten, der seit Jahren anhält. Man darf an die Zeiten eines Johannes Rau erinnern, als die Partei die absolute Mehrheit gewann. Die Düsseldorfer Staatskanzlei ist heute meilenweit entfernt von der SPD, Ministerpräsident Hendrik Wüst regiert in präsidialem Stil nahezu unangreifbar, seine CDU hat Spitzenwerte erreicht knapp unter 40 Prozent. Früher hätten sich die Genossen über ein so schwaches Ergebnis geärgert, heute wären sie froh, wenn sie in NRW mal wieder über 30 Prozent kämen.
Abstieg vor Jahren
Der Abstieg der SPD begann schon vor vielen Jahren, nur wollten das die Funktionäre und Repräsentanten nicht wahrhaben. Sie machten sich was vor, obwohl der Abstand der SPD zum arbeitenden Teil der Bevölkerung mehr und mehr zunahm. Wahlergebnisse unter zehn Prozent in Bayern nahm man hin- ist halt so, ist ja Bayern, da regiert die CSU. Dass die SPD mal zu Zeiten eines Peter Glotz und Hans-Jochen Vogel und einer Renate Schmidt 30 Prozent der Stimmen im Freistaat erreichte, hatten sie verdrängt. Nicht viel besser die Entwicklung in Baden-Württemberg, wo man sich zwar hier und da an einer Regierung mit der CDU und den Grünen erfreute, aber nicht begriff, dass man auch hier längst in eine Abwärtsspirale geraten war.
Ja, man blieb stark in Niedersachsen, konnte Hamburg halten, das kleine Bremen, gewann das Saarland zurück, verdrängte die Christdemokraten aus der Staatskanzlei in Mainz, verlor aber Schleswig-Holstein, Berlin, Hessen und schließlich Nordrhein-Westfalen, das man wieder zurückholte durch die beliebte Hannelore Kraft, was aber nur ein Übergang war und man nicht wahrhaben wollte. Und plötzlich saß Armin Laschet in der Staatskanzlei, nun wirklich kein Riese, aber beliebt bei den Menschen, weil er bodenständig war. Erst als der Aachener Laschet ganz nach oben wollte, griff er daneben und vergeigte die Wahl gegen Olaf Scholz. Der Hamburger, kein Meister in der Kommunikation, sondern eher der großen Schweiger, glaubte, er hätte die Wahl gewonnen, dabei waren es die beiden überraschend zu SPD-Vorsitzenden gewählten Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, die die damals schon zerstrittene Partei einten. Nie habe ich zumindest für ein paar Monate die SPD so geschlossen erlebt wie damals, als man unbedingt gewinnen wollte. Nicht wegen Scholz, der bei der SPD-Wahl ja durchgefallen war, sondern eher trotz eines Scholz. Was dieser aber nie begriffen hatte. Er hielt sich für einen großen Kanzler und dachte an mehrere Kanzler-Amtszeiten. Was draus wurde? Nach drei Jahren war er am Ende, abgelöst ausgerechnet durch einen, der sich immer für den Größten hielt, aber von Angela Merkel einst ausgebremst worden war: Friedrich Merz hat es geschafft und man muss ehrlich sagen: Er macht es besser, als man befürchtet hat, er macht es sogar ganz gut, er führt zusammen, was nur schwerlich zusammen passt, nämlich Merz, Söder, Klingbeil.
Und die SPD? Darf mitregieren, aber sie hat bei der letzten Bundestagswahl nur schlappe 16,5 Prozent gewonnen. Damit kann sie der Union, kann sie einem Merz und vor allem einem Söder nicht drohen. Dazu ist sie zu schwach. Und wenn Klingbeil die Aktivierung der Vermögenssteuer fordern sollte, wird er aus Bayern nur ein kurzes : Nein! vernehmen. Ähnlich wird ihm das passieren, wenn er Neuerungen bei der Erbschaftssteuer fordert oder mehr Betriebsprüfungen in Deutschland, um das Wuchern der Steuerhinterziehung zu stoppen. Es heißt, dem Staat entgingen pro Jahr rund 100 Milliarden Euro Steuereinnahmen, weil einige Unternehmer ihr Geld irgendwo verstecken, im Ausland, auf Inseln der Steuerfreiheit. Die SPD müsste unter diesen Bedingungen eigentlich die schwarz-rote Koalition verlassen. Sie wird es nicht tun, weil die Partei sich verpflichtet fühlt dem Gemeinwesen gegenüber, dem Staat, der Demokratie und weil sie verhindern will, dass in diesem Staat dann die AfD mitregieren würde.
Sozialmissbrauch
Ja, es gibt Sozialmissbrauch. Und auch wenn er überschaubar ist, muss er beseitigt werden, weil er die verärgert, die das Geld durch tägliche Arbeit herbeischaffen. Bärbel Bas hat sich des Themas angenommen, die Duisburger Ministerin weiß, was in ihrer Stadt vor sich geht. Oberbürgermeister Sören Link hat den Missbrauch und die Bandentätigkeit dahinter immer wieder thematisiert. Da ist anzusetzen. Und da kann eine SPD auch wieder Werbung für sich machen. Und sie darf die Themen Sicherheit und Sauberkeit nicht aus den Augen verlieren. Nicht umsonst zählt Innenminister Herbert Reul(CDU) zu den beliebtesten Politikern im Lande. Ja, es stört mich, wenn überall der Dreck herumliegt und wenn die Wände an Häusern verschmiert sind. Das ist keine Kunst, das ist Beschädigung von fremdem Eigentum.
Noch einmal sei Sören Link zitiert. Im „Spiegel“ hatte er beklagt, dass die SPD ihre Kernklientel der Arbeiter mehr und mehr aus den Augen verloren habe und stattdessen in einen Gerechtigkeitskampf für Leistungsempfänger und Minderheiten gezogen sei. Es habe eine „thematische Entfremdung“ zwischen Wählern und Partei stattgefunden. Dicker Tobak. Dabei sei die Grundidee der SPD, sozialen Ausgleich zu erkämpfen, Ungerechtigkeiten zu bekämpfen und Aufstiegschancen zu eröffnen. Und das sei „nach wie vor aktuell“.
2027 will die SPD wieder angreifen. In NRW. Sie hofft, „dass die Menschen dann wieder sagen: die SPD ist wieder für mich da, nicht nur in Worten, sondern in meinem Alltag.“ Viel Arbeit für die Klingbeils, Links, Duddas, Bas, Posts und alle die anderen Sozialdemokraten. Von NRW könnte ein Aufbruch gelingen, auch im Bund. Die älteste Partei muss kämpfen, sie wird noch gebraucht.
Bildquelle: http://www.spd-leimen.de/Geschichte/tradition.html














Lächerlich!
Der SPD glauben die Wähler nicht, weil sie konsequent nach einer Wahl anders handelt als vor der Wahl getönt! Und das „verstanden“ zu haben hat die SPD uns Wählern schon unzählige Male weismachen wollen. Nach jeder vergeigten Wahl.