Ein Artikel vom 24. Oktober auf welt.de lässt aufhorchen: „Sorge um Sicherheit im Strafvollzug – Länder fordern Prüfung von Geschlechtswechseln“. Hintergrund ist eine gemeinsame Warnung der Justizministerinnen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen vor „Risiken für Gefangene, wenn biologische Männer aus missbräuchlichen Motiven ihr Geschlecht ändern“. Die CDU-Ministerinnen fordern deshalb eine Überarbeitung des 2024 neu eingeführten Selbstbestimmungsgesetzes (SBGG).
Um es gleich vorwegzunehmen: Sorgen um die vollzugliche Sicherheit sind grundsätzlich ernst zu nehmen. Zudem fühlt man sich an die Ereignisse um die rechtsradikale Transfrau Marla Svenja Liebich erinnert, die ihre Gefängnisstrafe in der JVA Chemnitz nicht antrat, sondern untertauchte. In der Causa Liebich ist bereits viel über das SBGG und seine Folgen auch für den Strafvollzug diskutiert worden, deshalb nur so viel: Auch Marla Svenja Liebich hat ihren Geschlechtseintrag auf Grundlage des SBGG geändert. Geplant war zunächst, sie in einer Anstalt für Frauen unterzubringen.
Dennoch. Ich sehe die von den Justizministerinnen hergestellte Verknüpfung zwischen Vollzug und SBGG nicht. Für mich ist das SBGG eine große rechtliche Errungenschaft. Es verleiht den Menschen Freiheit und Würde, die zuvor fremdbestimmt und auf Begutachtung angewiesen waren. Weder die Causa Liebich noch biologische Männer, die „aus missbräuchlichen Motiven ihr Geschlecht ändern“, beeinflussen das. Denn das SBGG ist das eine und die Landesstrafvollzugsgesetze mit ihren Vorgaben zur Geschlechtertrennung und Anstaltssicherheit sind das andere. Man muss differenzieren. Der Jurist Max Kolter macht das in seinem Kommentar auf lto.de sehr schön deutlich. Er kommt zu der Einschätzung, die ich teile: „Gegebenenfalls müssen die Verwaltungsvorschriften zum StVollzG ergänzt werden, nicht aber das SBGG“.
In der Politik wird das anders gesehen. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt hat laut Tagesspiegel mit Blick auf die Causa Liebich eine Anpassung des SBGG gefordert. Besonders spannend an diesem Artikel des Tagesspiegels ist aber, dass auch die betroffene JVA in Chemnitz zu Wort kommt. Man liest:
„Gegenüber der juristischen Nachrichtenseite ‚Legal Tribune Online‘ erklärte die JVA Chemnitz, man habe ‚jahrelange Erfahrung‘ mit der Unterbringung von trans, inter und nichtbinären Personen.“
Diese Worte aus der vollzuglichen Praxis klingen zuversichtlich und zeigen, dass man auch dort weder das SBGG noch gefangene Transfrauen per se als eine Gefahr für die Sicherheit im Vollzug ansieht.
Bleibt für mich die Frage: Warum sehen die Justizministerinnen das anders?
Bildquelle: Wikipedia, User Waugsberg, CC BY-SA 2.0














Es werden Dinge falsch dargestellt:
— Swenja Liebich sollte nicht in einer Justizvollzugsanstalt für Frauen untergebracht werden, sondern dort für den Haftantritt vorstellig werden. Die spezifische Unterbringung erfolgt dann entsprechend der Weisung der Justiz in entsprechender Unterbringung.
— Das SBBG ist ein Bundesgesetz!
Weitere Vorgaben ergeben sich aus dem Gesetz SBBG §6
Der Vollzug in Justizanstalten ist gesetzlich und verordnungsmäßig auf Länderebene angesiedelt.
„Bleibt für mich die Frage: Warum sehen die Justizministerinnen das anders?“
Weil sie Populismus verbreiten wollen und gerne ihr Profil für querfeindliche, konservative und (potentielle) AfD Wähler*innen schärfen möchten. Auf Kosten von vulnerablen Menschen, die in ihrem Alltag sowieso schon mit genug Problemen zu kämpfen haben.