Jedes Jahr ist es ein Wunder. Das schale bräunliche Rot des Sommers explodiert in den letzten Herbsttagen. Leuchtendes Rot schickt der japanische Ahorn in seine Blätter. So grell, dass er selbst in der dunkelsten Nacht ohne Mond und Sterne nicht zu übersehen ist. Er strahlt am Tag, er glüht in dunkelster Nacht.
Freunde halten es für typisch, ja für programmatisch, dass dieses knallrote Kunstwerk den kleinen Garten eines Sozis dominiert. Ein politisches Signal in der Natur.
So war das nicht geplant, als das Bäumchen vor vielen, vielen Jahren gepflanzt wurde. Jetzt aber ist der Ahorn dem Sozi zu einer Parabel auf die eigene Partei geworden. Vorsicht, wenn sie rot glüht, wenn sie vor Farbenpracht und Überzeugung strotzt.
Ein bisschen Gegenwind, ein kühles Nein der Merz- und Spahn-Partei, schon fällt der strahlend rote Blätterschatz zu Boden.
Und jedes Jahr erinnert dieses letzte Aufbäumen an einige leicht abgewandelte Gedichtzeilen von Erich Kästner: „Melancholie und Freude sind wohl Schwestern…. Mit jedem Pulsschlag wird aus heute gestern. Auch Glück kann weh tun, auch der Herbst tut weh.“
Erstveröffentlichung: www.bruchstuecke.de













