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Die Union und die Angst vor der Niederlage – Laschet und Söder fürchten den Gang in die Opposition

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
5. September 2021
Markus Söder und Armin Laschet

Nichts ist entschieden, ehe der Letzte seine Stimme abgegeben hat. Umfragen geben nur Stimmungen wieder. So weit, so richtig. Aber wir sind nur noch drei Wochen von der Bundestagswahl entfernt. Und der Trend ist eindeutig: die SPD und Olaf Scholz liegen inzwischen ziemlich deutlich  vorn, Armin Laschet und die Union fallen zurück. Woche für Woche, mit jeder Umfrage. Egal welches Institut man nimmt, Forsa, Insa, Infratest dimap, Forschungsgruppe Wahlen. Der Trend ist ein Genosse. Bis jetzt. Keiner weiß, wielange das so anhält, was noch passiert. Auffallend ist die Angst, die in der Union umgeht und von ihren führenden Politikern verbreitet wird. Markus Söder, der selbst ernannte Kraftprotz aus Franken, der gern selber statt Laschet angetreten wäre, mahnt in einem Interview mit der Welt am Sonntag: Es werde sehr ernst für die Union. Der CSU-Chef warnt wie sein altes Vorbild Franz Josef Strauß vor einem Linksrutsch der Republik, wenn Rot-Grün-Rot ans Ruder komme. Und selbst wenn die verhasste Linke in der Opposition bliebe und statt ihrer die FDP in eine Koalition unter dem Kanzler Olaf Scholz ginge, würde es schlimm für Deutschland. Schon sieht er ein Millionenheer von Arbeitslosen und große Verschuldung am Horizont und erinnert daran, dass Ähnliches schon mal passiert wäre, damals, als sein Berater Edmund Stoiber knapp an Gerhard Schröder von der SPD scheiterte. Die Agenda 2010 scheint er vergessen zu haben, von der hat die Kanzlerin Angela Merkel jahrelang profitiert. Aber das nur am Rande.

Ja, das ist unvorstellbar für die selbst ernannte Kanzlerpartei CDU und CSU, dass sie, die es doch besser weiß als der übrige Rest des Landes, dass ihre hoch qualifizierten Leute auf die harten Oppositionsbänke vertrieben werden könnten. Zum Beispiel der Verkehrsminister Scheuer. Welche Schmach! Der Untergang der Republik rückt gewiss näher. Wie sollen denn die anderen, die Scholz und Esken und Grünen das Schiff in so schwerer See steuern? Eigentlich geht das gar nicht. Dabei hat der Elder Statesmen Wolfgang Schäuble, der viele Regierungen erlebt hat und an manchen führend beteiligt war, vor Monaten einen Wechsel im Kanzleramt als gar nicht so tragisch abgetan, weil nun mal der Wechsel zur Demokratie gehört. Und dieser Wechsel an der Regierungsspitze hat ja Deutschland weder 1969 geschadet noch 1998. Und nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel, der langjährigen CDU-Chefin, wünscht sich laut Umfragen die Mehrheit der Wahlberechtigten in Deutschland doch tatsächlich eine Regierung ohne die Union, wünscht sich die Union in der Opposition. Eigentlich undankbar das Volk.

Rot-Grün-Rot hat zwar Olaf Scholz nicht als Wunsch-Koalition bezeichnet, er hat sie auch nicht ganz ausgeschlossen. Das will Armin Laschet aber nicht zulassen. Er verlangt eine Klarstellung seines SPD-Kontrahenten. Scholz hat zwar Bedingungen genannt, die für ein Mitwirken in einer von ihm geführten Regierung gelten würden, aber das reicht natürlich dem Mann aus Aachen nicht. Scholz soll quasi öffentlich einen Schwur abgeben, dass er niemals ein Bündnis mit den Linken eingehen werde. Ich frage mich, ob der Laschet das so ernsthaft meint, wie er das sagt. Glaubt er wirklich, dass der Scholz über dieses Stöckchen springt, das er ihm hinhält. Und täte er das, hätte er den Liberalen das Spiel erleichert. Denn die  wollen mitregieren, noch einmal zuschauen kann sich der Lindner nicht erlauben. Und wenn die Linke erst einmal raus wäre, quasi disqualifiziert, könnte der Freidemokrat Bedingungen stellen. Zum Beispiel: Ja zur Steuer-Entlastung für Millionäre, weil die es so dringend brauchen, das Geld, das der Sozialdemokrat Scholz lieber den Reichen abknöpfen würde, um die wegen Corona angefallenen rund 400 Milliardern Euro an Krediten abzuzahlen. Wörtlich Scholz im Tagesspiegel: „Wir wollen, dass mehr als 95 Prozent aller Steuerzahlerinnen und Steuerzahler niedrigere Steuern zahlen. Ehepaare mit einem Jahres-Bruttoeinkommen von 200000 Euro und Singles, die unter 100000 Euro verdienen, werden davon profitieren. Dafür sollen die, die sehr, sehr viel Geld verdienen, einen etwas höheren Beitrag leisten.“ Und weiter Scholz in diesem Interview: Als Bundesfinanzminister sei er „schwer irritiert, dass CDU und CSU auf Steuersenkungen für Menschen dringen, die so viel verdienen wie ein Spitzenpolitiker oder ein Vorstandsvorsitzender, und für Unternehmen, die sehr hohe Gewinne machen. 30 Milliarden Euro an Minder-Einnahmen jedes Jahr würde das kosten- das ist unverantwortlich, finanzpolitisches Voodoo. Das ist politisch aus der Zeit gefallen.“

Aber Laschet und Söder sehen ja die Repbulik, regierte die Linke mit, aus der Nato ausscheiden, um nur ein weiteres Schreckgespenst zu nennen, das die Schwarzen an die Wand malen. Dabei hat Scholz klargestellt: Er fordert ein klares Bekenntnis zur Nato, zu solidem Haushalten und zur transatlantischen Partnerschaft. Wörtlich Scholz im Tagesspiegel: „Diese Anforderungen sind unverhandelbar.“ Und die Wähler könnten auf ihn zählen. „Wer SPD wählt, um mich als Kanzler zu bekommen, kann sich darauf verlassen, dass das gilt.“ Ob das Wort von Scholz den Laschets und Söders reichen wird? Man denke nur an vergleichbare Kampagnen, als man den Russen vor der Tür in Berlin, Hamburg und München sah, von Freiheit statt Sozialismus faselte, damals gegen Helmut Schmidt, den Scholz als sein großes Vorbild bezeichnet. Gemeint ist mit so einer Kampagne natürlich auch der klassische Anti-Kommunismus. Dabei spielt es keine Rolle für die Konservativen, dass der Kommunismus als geschichtliche Kraft tot ist. Und dass die Linke ihre Regierungsfähigkeit in den Ländern Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Bremen, Brandenburg und Thüringen bewiesen hat, sagt gar nichts. Was würde der Strauß tönen, lebte er noch?! Der brauchte doch den Kommunismus für seine Kampagnen. Und war es nicht so, dass der Anti-Kommunismus ein herrliches Feigenblatt für all jene alten Nazis war, die ihre braune Vergangenheit dahinter verstecken konnten? Oder wie es Heribert Prantl in seiner Wochenend-Kolumne für die SZ geschrieben hat: „Die alten roten Widerstandskämpfer gegen Hitler, dem KZ entronnen, fanden sich in den Gefängnissen der jungen Republik wieder, verurteilt von den alten Richtern, die das Hakenkreuz von der Robe gerissen hatten. Diese Verfahren zählen nicht zu Ruhmesblättern der bundesdeutschen Justiz.“

Sie werden diese Angst wieder und wieder beschwören, weil sie Angst haben, die Wahl und damit die Macht in Berlin zu verlieren. So ist das Herr Söder und Herr Laschet. Ich bin kein Freund dieser Linkspartei, aber mir ist auch diese Art von Heuchelei zuwieder, wenn sich da Leute aufspielen als bessere Demokraten. Auch dass die Kanzlerin sich hier eingemischt hat, imponiert mir nicht. Vielleicht sollte der bayerische Ministerpräsident Markus Söder, der ja so gern Kreuze aufhängt in bayerischen Amtsstuben, am Wahltag ein paar Kerzen anzünden oder nach Altötting wallfahren. Oder mit seinen CSU-Abgeordneten ins Gericht gehen, die so herrliche Geschäfte gemacht haben mit Masken und die Not der Menschen ausgenutzt haben. .  

Bliebe noch ein Wort zum Zukunfts-Team von Armin Laschet, das er aus gutem Grund nicht Schattenkabinett genannt hat. Allein glaubt er wohl, die Wahl nicht mehr gewinnen zu können. Also müssen andere her, der Friedrich Merz, der vor 20 Jahren freiwillig auf sein Amt als Fraktionschef der Union verzichtete(und die Politik verließ), weil er die Kampfabstimmung mit der damaligen CDU-Chefin Angela Merkel scheute. Die hattte nämlich- quasi als Gegengeschäft zu ihrem Verzicht auf die Kanzlerkandidatur, die sie Edmund Stoiber zum Frühstück in Wolfratshausen geschenkt hatte- den Wunsch geäußert, neben der Partei auch die Fraktion zu führen. Und was die übrige Zukunfts-Riege von Laschet betrifft, verweise ich auf Prof. Oberreuter, einen Politik-Wissenschaftler aus Passau, ein Kenner der CDU und vor allem der CSU. „Der erhoffte Knall wird verhallen. “ Der Professor glaubt nicht, dass Laschet damit in die Offensive gelangt. Er hält es für nahezu ausgeschlossen, dass der Kanzlerkandidat der Union mit einem „Team Unbekannt“  wieder Boden gut macht. Übrigens hat das Meinungs-Forschungsinstitut Insa für die Bild am Sonntag den Trend bestätigt: die SPD kommt demnach auf 25 Prozent, die Union fällt auf 20 Prozent zurück, die Grünen sinken auf 16 Prozent. 

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