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Ein Abstieg in menschenfeindliche Tiefen

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
15. Dezember 2025
Screenshot Twitter

Mit ihm komme ich klar, hat Friedrich Merz mal dahin geplaudert, als er auf US-Präsident Trump angesprochen wurde. Jahre her, Merz war noch in der Opposition. Jetzt muss er mit ihm reden, ob er will oder nicht. Aber kann man mit diesem Mann reden, den nur das Business interessiert und der am liebsten Geschäfte macht, wenn es in seiner Kasse klingelt. Wohlgemerkt, Trump ist ein Dollar-Milliardär, gegen den der Mann aus Brilon mit seinem geschätzten Vermögen von 11 bis 12 Millionen Euro zwar kein armer, aber ein kleiner Schlucker ist. Ein Mann, den Werte wie die Menschenwürde einen feuchten Dreck interessieren und der Menschen aus Somalia als „Müll“ bezeichnet hat. Ein Präsident, der dabei ist, die älteste Demokratie der Welt, die mal Vorbild war für uns, zu schleifen. Der den ukrainischen Präsidenten Selenskyj rauswarf aus dem Weißen Haus. Ein Sonnenkönig, der macht, was er will, der allein entscheidet, wer in sein Land darf, der mal nebenbei einen Flügel des Weißen Hauses abreißen ließ, um an dieser Stelle einen großen Saal zu errichten. Er tut so, als gehöre ihm das Land, Washington, das Weiße Haus.

„Ein Abstieg in menschenfeindliche Tiefen“. Diesen Titel habe ich einem Leserbrief im Bonner „Generalanzeiger“ entnommen. Er trifft es. Trump will keine Demokratie, er will sie abschaffen, seine Rechte sollen maßgebend sein. Das Recht des Stärkeren ist Trumps Maxime nicht die Stärke des Rechts. Auch wenn er seinen Amtseid geschworen hat und dabei die linke Hand auf die Bibel legte- ein solcher Präsident, der andere Menschen, gleich ob sie aus Somalia stammen oder Südafrika oder Europa, als Müll bezeichnet, will Christ sein? Aus seinen Worte spricht nichts als „verabscheuungswürdige Menschenverachtung“.

Infantinos Friedenspreis

Wir kennen das Wort „Großmaul“. Es wurde in Zeiten des größten Boxers aller Zeiten hin und wieder verwendet: Der Mann hieß Cassius Clay und ließ sich später umbenennen in Mohammed Ali. Er tänzelte durch den Ring um seine Gegner herum und versetzte ihnen Schläge auf Schläge. „Ich bin der Größte“, sagte er immer wieder. „I`m the Greatest.“ Das war er im Ring. Trump will es auch sein, doch zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft mehr als eine Lücke. Er wollte den Friedensnobelpreis, glaubte wohl, ihn einfach einfordern zu können, sicher hätte er dafür bezahlt, wäre das möglich, aber zum Glück gibt es Grenzen- auch für ihn, wenn auch leider nur auf diesem kleinen, aber feinen Gebiet. Dass Fifa-Präsident Gianni Infantino ausgerechnet Trump einen selbst geschaffenen Friedenspreis überreichte, den sich Trump dann selber um den Hals legte, war peinlich. Die „Zeit“ kommentierte, der ehemalige Fifa-Präsident Sepp Blatter, gewiss alles andere als ein Heiliger, habe wenigstens noch so getan, als wäre ihm sein korrupter Weltverband irgendwie unangenehm.

Die Vereinigten Staaten von Amerika waren mal ein Vorzeigeland. Wer träumte als Kind nicht davon, in die USA reisen zu dürfen? Das ist mit Trump vorbei. In nicht mal einem Jahr hat er es als Präsident geschafft, dem Land seinen Stempel aufzudrücken. Trump und Russlands Putin, sie gelten als Freunde. Trump hat dem Kreml-Diktator in Alaska den roten Teppich ausgelegt, um den Mann, gegen den es in Teilen der Welt eine Haftbefehl gibt wegen seiner Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine, standesgemäß auf amerikanischem Boden zu empfangen. Die beiden Herrscher, Trump und Putin, wollen der Ukraine, die von Russland vor vier Jahren überfallen wurde, einen Diktatfrieden verpassen. Anders kann man das doch wohl nicht nennen, wenn der Aggressor noch belohnt wird. Kiew soll mindestens die Teile des Landes, die Putins Truppen besetzt halten, abgeben, quasi verschenken und dann noch sich bedanken bei den sogenannten Friedensfürsten Trump und Putin. Für die Vergewaltigungen der Ukrainerinnen durch russische Soldaten, für die Entführung ukrainischer Kinder durch russische Soldaten, für die Zerstörung weiter Gebiete in der Ukraine?

Donald Trump, der Mann, den die halbe Welt einen notorischen Lügner nennt, der seine Parteifreunde einst nach der von ihm verlorenen Wahl derart aufhetzte, dass die das Kapitol stürmten. Es gab Tote und Verletzte, einige der Demonstranten wurden vor Gericht gestellt und verurteilt. Als Trump Jahre später Joe Biden als Präsident ablöste, ließ er sie als „Helden“ feiern und frei. Gab es schon mal einen Präsidenten, der so unverhohlen Politik und Geschäft miteinander vermischt? Privatwirtschaftliches steht bei ihm immer im Vordergrund, sein Familien-Imperium wächst durch seine Art der Politik. Die Rede ist von Hunderten von Millionen Dollar, um die sein Reichtum vergrößert worden sei. Ohne sich zu schämen, sprach er vor Monaten davon, aus oder auf dem Trümmerhaufen in Gaza eine Art Resort zu schaffen, ein Spa sicher mit Golf-Anlage. Man muss nicht fragen, wer daran verdienen werde, wenn es eines Tages so kommen sollte. Und natürlich spielen die wirtschaftlichen Interessen der USA und ihres Präsidenten eine entscheidende Rolle, wenn es um die Zukunft der Ukraine geht. Hat er nicht einen Mann nach Berlin zu den Vorverhandlungen mit der Ukraine und mit Merz entsandt, der ein Immobilien-Geschäftsmann ist und der sich mit Putin bestens versteht? Und sein Schwiegersohn ist ja auch dabei, sicher, um aufzupassen, dass das Business nicht zu kurz kommt.

Trump ist zum Fremdschämen

Ist es nicht zumindest zum Fremdschämen, wenn man Berichte liest, wie in Amerika Flüchtlinge außer Landes gebracht werden? Menschenunwürdig ist das, höflich formuliert, aber wir kritisieren das ja nicht mehr, weil wir ihn brauchen den Herrn Trump, weil Europa zu schwach ist militärisch, um sich gegen Russland zu behaupten. Deshalb fallen unsere Politik-Fürsten auf die Knie, damit er uns hilft, der Große aus Washington. Wobei niemand weiß, ob Trump das wirklich tun würde. Er hat sich doch mehrfach von uns distanziert, hofiert die AfD, eine Partei, die mindestens in großen Teilen rechtsextremistisch ist. Aber das Amerika von Trump kritisiert die Bundesregierung, weil sie die AfD benachteilige. Man müsste eigentlich laut auflachen, wenn es nicht zum Heulen wäre.

Ja, wir müssen mit einem Trump auskommen, mit ihm reden und sollte er unser Land eines fernen Tages besuchen, wird er auf dem roten Teppich in Berlin die Ehrenformation der Bundeswehr abschreiten. Egal, was wir von ihm halten, egal, ob er zu Hause dabei ist, die Freiheit der Presse einzuschränken. Gerade hat er kritische Medien aus der White-House-Press rausgeworfen. Der Mann sei auf dem Weg zum Diktator, schreibt ein anderer Leser des Bonner Generalanzeigers. Trumpismus heißt die neue Ideologie. Ein anderer, früher ein Kollege, der in seinem Leserbrief darauf hinweist, dass er jahrelang für eine weltweit tätige Nachrichtenagentur gearbeitet hat, fragt nach dem „Aufstand der Demokraten gegen diesen permanenten Machtmissbrauch, gegen die als Politik getarnte Strategie der permanenten Deals zur persönlichen Bereicherung, bei der die akute Gefährdung des Weltfriedens keine Rolle zu spielen scheint? Wo bleibt die überfällige Antwort der übrigen Staatengemeinschaft?“

Friedrich Merz ist nicht zu beneiden. Der Präsident der Vereinigten Staaten, die bis vor wenigen Monaten noch an der Seite Deutschlands standen, die als Alliierte mithalfen, uns von der Nazi-Diktatur zu befreien und uns mit dem Marshall-Plan zum Wirtschaftswunder verhalfen, hat uns die Freundschaft aufgekündigt, uns, damit meine ich den übrigen Westen, denn die USA zählen sich längst nicht mehr dazu. Mehr noch, die Trump-Leute haben uns sogar den ideologischen Kampf angesagt. Ausgerechnet eine Regierung wie Trump, die, wie oben beschrieben, selber „Richter bedroht, kritische Medien mundtot machen will und die darüber nachdenkt, ob man Politiker der Opposition exekutieren sollte, erklärt Meinungsfreiheit und Demokratie in der EU für ausgehöhlt“(SZ). Mit einem solchen Mann will Merz klarkommen? Der spricht doch eine völlig andere Sprache, der denkt nicht in demokratischen Kategorien, der weiß nicht, wie man sozial schreibt, oder was es heißt, „die Würde des Menschen ist unantastbar“(Grundgesetz, Artikel 1). Ein solcher Präsident wird weder für Freiheit noch für Frieden kämpfen, es sei denn, der Deal stimmt. Freihandel kümmert den doch nicht, deshalb überschüttet er die Welt mit Zöllen und bedenkt nicht dabei, dass eine solche Politik auch Millionen Amerikanern schaden wird, weil vieles teuer wird.

Freiheit und Frieden

Ein solcher Mann verkennt auch, weil er nur an sich und sein Bankkonto denkt, den Wert des Geschäftsmodells des Westens. Freiheit vermissen wir dann, wenn wir sie nicht mehr haben, die Freiheit der Presse, der Meinung, der Versammlung, der Wahl, ins Ausland zu reisen, zu tun, was man für richtig hält. Deshalb fürchten die Autokraten, die Diktatoren ja auch nichts so sehr wie die Freiheit. Der Westen ist nicht ohne Fehler und er hat sie in der Vergangenheit im Dutzend gemacht. Amerika war dabei, in Vietnam, im Irak. Oder man denke an die Sklaverei, an die Menschen, die mit Gewalt aus Afrika entführt wurden ins gelobte Land Amerika. Es hat lange, zu lange gedauert, bis diese menschenverachtende Politik gestoppt wurde, auch Deutschland war beteiligt, man denke an Namibia.

Die „Süddeutsche Zeitung“ erinnert in ihrem Leitartikel an das Buch von Heinrich-August-Winkler „Zerbricht der Westen?“ Ich habe es vor Zeiten gelesen, wie immer lesenswert, Winkler kennt die Geschichte und hat das Talent, sie so zu erzählen, dass sie ein Jeder verstehen kann. Aber darum geht es, um die Existenz des Westens, um uns alle hier in Deutschland, Frankreich, England, in Skandinavien, Holland, Polen, die baltischen Staaten, ja um die Ukraine. Der ehemalige Kanzler Olaf Scholz hat kurz nach Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine gesagt: „Russland darf den Krieg nicht gewinnen.“ Das ist es, Putin muss wissen, dass das übrige Europa Kiew hilft, mit Geld, mit Waffen, Merz, Macron und Starmer stehen an der Seite Selenskyjs. Russland darf den Krieg nicht gewinnen, damit es nicht Appetit bekommt auf mehr, auf Estland, Lettland, Polen, Deutschland, wer weiß? Im selben SZ-Leitartikel zitiert der Autor Großbritanniens Premierminister Winston Churchill, der angesichts von Hitlers beängstigendem Siegeszug in Europa dem Tyrannen am 4. Juni 1940 entgegenschleuderte: „Wir werden uns niemals ergeben“(We shall never surrender)

Ob mit oder ohne Trump. Es dar keinen Diktatfrieden geben.

 

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