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Er oder Er, Laschet oder Söder – Grün oder Schwarz

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
8. April 2021
Markus Söder und Armin Laschet

Er oder Er, Armin Laschet (60) oder Markus Söder(54), das ist aber nur die eine Frage, die in der Union entschieden werden muss. Und es nicht gewiss, dass dieser Sieger auch als Gewinner ins Kanzleramt einzieht. Denn da sind, erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik, zwei Grüne, die den Schwarzen den Zutritt ins politisch wichtigste Amt streitig machen, Annalena Baerbock(40) und Robert Habeck(51). Es kann spannend werden, weil das Rennen offen ist. Die Grünen haben einen Lauf, da mögen konservative Journalisten noch so Kritik üben. weil eine wie Baerbock keine Regierungserfahrung habe. Den Zuschauer scheint das im Moment nicht zu interessieren. Die Grünen sind da, einig wie nie, harmonisch wie selten und ambitioniert, jünger, unverbraucht, ihre Gegenüber wirken wie ältere Männer, zerstritten, ohne Konzept, irritiert, weil ihr Abonnement aufs Kanzleramt-so haben sie mal geglaubt- eben nicht die Garantie enthält, dass der Stuhl dort oben im obersten Stock für sie reserviert wäre.

Er oder Er, das ist die eine Frage, die die zerstrittenen Christdemokraten und Christsozialen bald zu beantworten haben, weil die Grünen ihren Termin genannt haben: am 19. April soll die Entscheidung zwischen Baerbock und Habeck fallen, wer denn für die Grünen als Kanzlerkandidatin oder Kanzlerkandidat ins Rennen geht. Und damit haben sie die Union in Zugzwang gesetzt. Es dürfte bald vorbei sein die Zögerei und das Zaudern, das Spiel, das vor allem von Markus Söder beherrscht wird. Der Franke in der bayerischen Staatskanzlei scheint den Aachener Konkurrenten um die Kandidatur vor sich her zu treiben. Laschet, den nicht nur seine Freunde als sympathischen Zeitgenossen schätzen, scheint nervös zu werden. Jedenfalls wirkt er so, weil er kein Konzept präsentierten kann, weil er heute für Lockerungen plädiert und morgen für den Lockdown. Als Krisenmanager in der Corona-Pandemie hat er sich bisher keine Lorbeeren geholt. Wobei einzuräumen ist, dass die Pandemie auf keinem Zettel stand, niemand den Königsweg kennt. Wenn es ihn denn überhaupt gibt.

Warum Kraft die Wahl verlor

Armin Laschet, angeblich der Wahlsieger in NRW über die beliebte SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Ja, er hat damals 2017 die Landtagswahl gewonnen- oder soll ich besser sagen, sie hat die Wahl verloren. Weil sie im Grunde keinen Wahlkampf gemacht hat, weil sie kraft- und lustlos in ihrer Staatskanzlei saß und nicht draußen den Kontakt zu den Wählerinnen und Wählern suchte, sondern sich rar machte. Weil sie ihren Innenminister Ralf Jäger nach dem Sylvester-Krawall von Köln, einem Riesen-Skandal, einer Blamage für die Politik. nicht aus dem Amt ließ und ihn ersetzte. So schuf sie eine Lücke in der inneren Sicherheit, die die CDU mit ihrem wirklich bewährten Herbert Reul zu nutzen wusste. NRW wurde so zur Hochburg der Kriminellen, zur Einbruchs-Hochburg. Dass ihr Finanzminister Norbert Walter-Borjans CDs gekauft hatte mit pikanten Details über Steuerhinterzieher in NRW, was gewiss die SPD-Klientel interessiert hätte, spielte im Wahlkampf keine Rolle. Anderes kam hinzu, wie zum Beispiel, dass sie ohne Not jegliche Ambitionen auf die Bundespolitik verneint hatte(Ich werde nie, nie Kanzlerkandidatin der SPD), büßte sie ihren Einfluss auf die Bundespolitik ein. Eines noch: Niemals hätte sie am Anfang der rot-grünen Koalition das Schulministerium aus der Hand und den Grünen überlassen dürfen. Nur dies alles zur Klarstellung, weil ich gestern Abend in einem Fernsehbeitrag wieder die Mär vom gloriosen Wahlsieg des Herrn Laschet über Frau Kraft hörte.

Was nicht heißt, dass er nicht verdient gewonnen habe. Er hat schlicht und einfach Glück gehabt, was dazu gehört. Keine Frage. Aber er ist weder der Macher noch der Antreiber, eher eine rheinische Frohnatur, zu der eben die Geschichte von den verlustig gegangenen Klausuren passt und dass er 35 Noten vergab, obwohl nur 28 Kursteilnehmer mitgeschrieben hatten. Aber er hat es geschafft, nicht nur Ministerpräsident des bevölkerungsreichsten Landes zu werden-der fünftgrößten Volkswirtschaft in der EU, wäre NRW selbständig-, sondern auch den Vorsitz der Bundes-CDU zu erringen und dabei Konkurrenten wie Friedrich Merz und Norbert Röttgen abzuhängen. Und als CDU-Chef hat er, weil die CDU fast dreimal so stark ist wie die bayerische Schwester CSU(nach Mitgliedern gerechnet), den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur. Und wäre nicht Corona passiert, hätte es nicht die Schlagzeilen um CDU- und CSU-Abgeordnete gegeben, die ihre unschönen und lukrativen  Geschäfte mit Corona-Masken oder im Zusammenhang mit Aserbaidschan gemacht hatten, stünde die Union sicher in Umfragen besser da als heute. Es gab Zeiten, da lag die Union nahe an der 40-Prozent-Grenze, also einem Wert, der berechtigte Hoffnungen gemacht hatte, die Nachfolge von Angela Merkel als Bundeskanzler anzutreten.

Wäre, wäre, hätte, hätte. Es kam anders. Und deshalb sieht Laschet nicht so gut aus wie damals vor Corona. Dabei ist es nicht gewiss, dass einer wie Markus Söder überhaupt kandidieren will. Er selber hat sich bisher nicht geäußert, sondern überließ und überlässt den Medien dieses Spiel, das er aber genießt. Er genießt es, im Mittelpunkt von Überlegungen zu stehen, dass er, der bayerische Ministerpräsident schaffen könnte, was seine von ihm bewunderten Amts-Vorgänger wie Franz-Josef Strauß und Edmund Stoiber nicht geschafft hatten. Strauß, den er vor allen anderen mehr als schätzt, unterlag gegen Helmut Schmidt, weil die FDP mit Hans-Dietrich Genscher 1980 nicht bereit war, dem ungeliebten CSU-Chef, umstritten wegen vieler Affären, zur Mehrheit zu verhelfen. Der ehrgeizige Stoiber, von dem es heißt, Söder höre auf seinen Rat, verlor ganz knapp 2002 gegen Gerhard Schröder. Er konnte damals ein paar Minuten das Gefühl des Sieges genießen und sprach gegen 18.45 Uhr davon, „ich werde noch kein Glas Champagner öffnen…, aber es wird bald sein,“ doch dann folgte die Ernüchterung. Am Ende fehlten ihm ein paar Tausend Stimmen. Egal. Söder wäre der erste CSU-ler im Kanzleramt, wenn…

Der Bayer redet, aber handelt nicht

Markus Söder hat es bisher geschafft, trotz schlechter Corona-Ergebnisse in Bayern den erfolgreichen Krisenmanager zu geben.. Er redet und kündigt an, aber er handelt nicht, so Kritiker. Auch das gehört zu seinem Stil. Lockdown passt besser zum entschlossenen Politiker, der Söder sein will, um Eindruck zu schinden. Seht her, ich packe es und packe an. Mit seinen 1,94 Metern füllt er den Raum, überragt in der Länge manche seiner Kollegen und Konkurrenten, aber Vorsicht Markus Söder:  Länge ist noch keine Größe. Groß ist der Ministerpräsident von Bayern trotz aller Show-Einlagen wie einer Kutschenfahrt mit der Kanzlerin auf der Fraueninsel noch lange nicht. Seine erste Wahl als Regierungschef 2018 gewann er mit für bayerische Verhältnisse mäßigen 37, 2 Prozent und musste eine Koalition eingehen mit den Freien Wählern. Die Grünen erreichten immerhin 17,6 Prozent. Söder ließ sie aber in der Opposition schmoren und gönnte ihnen einen Platz neben sich auf der Regierungsbank nicht.

Überhaupt zeigt sich Söder in der Rolle, wie man ihn seit langem kennt: er beherrscht das Wechselspiel, ist schnell auf der anderen Seite, wenn es ihm opportun erscheint. So beim Volksbegehren über die Bienen. Fast hätte man meinen können, es wäre seine Idee gewesen. Dann umarmte er schon mal einen Baum, weil es sich gut machte ein solches Bild: Söder als großer Freund der Natur, nicht nur ein Fan der Wirtschaft. Der aber dann schnell hinüberwechselt  ins altkonservative Lager und Kreuze in Amtsstuben aufhängen lässt. Auch das ist Söder, der einst an der Seite von Horst Seehofer auffiel, als dieser sich gegen die Kanzlerin Angela Merkel stellte wegen ihrer Flüchtlingspolitik. Also sprach der angeblich so liberale Markus Söder von Asyltouristen. Schön war das nicht.

In Umfragen liegt Söder weit vor Laschet, aber Umfragen geben Stimmungen wieder, sie sind keine Stimmen. Und niemand kann einschätzen, wie die Werte eines Markus Söder sich entwickeln werden, wenn er als offizieller Kanzlerkandidat der Union  durch die Republik zieht. Da muss er werben außerhalb von Bayern, auch im Ruhrgebiet, wo sie nicht vergessen haben, dass es Söder war, der den Vorschlag von Bundesfinanzminister Olaf Scholz-übrigens unterstützt von Armin Laschet- ablehnte, den überschuldeten Kommunen ihre Altlasten abzunehmen, damit sie wieder aktive Politik machen können, also auch investieren. Christsoziale, die vorgeben ihren Markus gut zu kennen, glauben nicht an eine Kandidatur ihres Ministerpräsidenten, der das Risiko scheue, die Hand Richtung Berlin auszustrecken. Es sei denn, die CDU riefe, also alle CDU-Ministerpräsidenten verlangten nach einem wie Söder, auch Armin Laschet. Aber kann sich Laschet so etwas erlauben? Verzichten zugunsten des Bayern? Wäre er damit politisch nicht erledigt? Allerdings gab es ja mal den Gedanken eines Bundespräsidenten Armin Laschet, aber das ist ein anderes Thema.

Baerbock oder Habeck

Aber die Schwarzen sind ja nicht allein auf der Welt. Die SPD haben sie abgehängt, aber neu sind für sie die Grünen, sie sind die wahren Konkurrenten. Klar scheint folgende Entwicklung: Wenn Annalena Baerbock will, kann ihr Robert Habeck die Kanzlerkandidatur nicht streitig machen. Frauen haben gewisse Vorrechte bei den Grünen. Warum auch nicht?! Zumal es bei den anderen Parteien umgekehrt ist, trotz einer Angela Merkel. Und wenn diese Grünen so weitermachen wie in den letzten Monaten, werden sie auch diese strittige Frage harmonisch lösen. Wird die endgültige Kandidatin-der Kandidat- die Unterstützung des unterlegenen Konkurrenten haben. Und wenn das so weiterläuft, werden die Grünen geschlossen wie nie in einen Wahlkampf gehen und die politischen Gegner werden vergeblich nach Dissonanzen suchen, die die Grünen früher ausmachten. Sie werden sie nicht mehr dem Chaos-Club zuordnen können, mit dem eine Bundesrepublik dem Untergang geweiht wäre. Regieren sie nicht ordentlich mit den Christdemokraten in Baden-Württemberg? Ausgerechnet dort, in einem einstien Stammland der Konservativen und Häuslebauer? Ja, sie sind anders geworden, sie haben gelernt, dass die Wählerinnen und Wähler Streit nicht schätzen.

Baerbock und Habeck liegen in Umfragen etwa gleichauf. Kritiker halten Baerbock die fehlende Regierungserfahrung vor. Tatsächlich hat sie bisher nicht mal ein einziges Ministeramt bekleidet, Habeck war zumindest mal Landesminister in Schleswig-Holstein. Er hat dort Erfahrung sammeln können in einer sogenannten Jamaika-Koalition mit der CDU und der FDP. Möglich erscheint Beobachtern aber vor allem eine Ampel-Allianz aus Grünen, der SPD uind den Liberalen. Klar, auch eine schwarz-grüne Regierung ist möglich-Laschet ist liberal und mehr, er gehörte einst zur Pizza-Connection in Bonner Zeiten-aber dann wären die Grünen nur Juniorpartner. Sollte sich eine Koalition rechnen mit einem Grünen-Kanzler/in, darf man annehmen, dass sich die machtbewusst gewordenen Grünen diese Chance nicht nehmen lassen.

Es wird spannend.

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