Unter dem Pseudonym „Kunz“ wurde kürzlich Kritik an meinem Beitrag „Gefährdet das Selbstbestimmungsgesetz die Sicherheit im Vollzug?“ geübt. Ich bin grundsätzlich sehr dankbar für Kritik, gerade wenn es um mir unterlaufende Fehler geht, denn daraus lerne ich, es künftig besser zu machen.
I. Zur Kritik
„Kunz“ ist nicht zimperlich und schreibt einleitend: „Es werden Dinge falsch dargestellt“. Das lässt aufhorchen. Es geht offensichtlich nicht um eine abweichende Meinung und um Diskussion, sondern um den Nachweis von Fehlern. Die Ausführungen sind jedoch enttäuschend. Sie taugen weder als Fehleranalyse noch zur Diskussion.
Im Beitrag schreibe ich, es sei zunächst geplant gewesen, Liebich in einer Frauenanstalt unterzubringen. Ich weiß aber nicht, was daran falsch sein soll. Selbst wenn es später – aus Sicherheitsgründen – andere Pläne gibt, gab oder geben sollte, bleiben diese durch meine Verwendung des Wortes „zunächst“ unberührt.
„Kunz“ erklärt weiter: „Die spezifische Unterbringung erfolgt dann entsprechend der Weisung der Justiz in entsprechender Unterbringung.“ Ein sprachlich und inhaltlich komplizierter Satz, der den Leserinnen und Lesern sehr viel Interpretation – zweimal „entsprechend“ – abverlangt. Ich frage mich schon: Wer weist hier wen an? Für mich klingt es, als werde die Justizvollzugsanstalt angewiesen, und zwar von der Justiz. Das wäre allerdings schräg, denn zur Justiz gehört auch der Vollzug. Also ein Insichgeschäft? Die Erklärung von „Kunz“ hilft hier nicht weiter.
Der zweite Kritikpunkt betrifft das Selbstbestimmungsgesetz (SBGG) und die Landesstrafvollzugsgesetze. „Kunz“ schreibt:
„Das SBBG ist ein Bundesgesetz! Weitere Vorgaben ergeben sich aus dem Gesetz SBBG §6 Der Vollzug in Justizanstalten ist gesetzlich und verordnungsmäßig auf Länderebene angesiedelt.“
Recht hat der Mensch! Nur ist es so, dass auch ich nichts anderes in meinem Text behaupte. Mehr noch: Ich betone gerade diesen Unterschied und spreche – richtigerweise – vom „SBGG“ (und nicht: „SBBG“). Siehe nur: „Denn das SBGG ist das eine und die Landesstrafvollzugsgesetze mit ihren Vorgaben zur Geschlechtertrennung und Anstaltssicherheit sind das andere. Man muss differenzieren.“
Ich habe allerdings ein leichtes Störgefühl, wenn „Kunz“ von „Justizanstalt“ und „verordnungsmäßig auf Länderebene angesiedelt“ spricht. Der Begriff „Justizanstalt“ mag in Österreich typisch sein, in Deutschland ist er untypisch. Schon das frühere Bundesstrafvollzugsgesetz von 1976 verwendete stattdessen (in § 1) den Begriff „Justizvollzugsanstalten“, man liest daher verkürzt auch oft den Begriff „JVA“. Auch die Formulierung „verordnungsmäßig auf Länderebene angesiedelt“ erscheint mir in diesem Zusammenhang zumindest unpassend, denn es geht doch um die Gesetzgebungskompetenz der Länder im Bereich des Strafvollzugs. Diese Kompetenz ergibt sich aber aus dem Grundgesetz, also der Verfassung. Übrigens: Das Bundesstrafvollzugsgesetz gilt, was das Verfahrensrecht angeht, weiterhin fort (vgl. §§ 109 ff. StVollzG) – trotz des Übergangs der Gesetzgebungskompetenz im Zuge der Föderalismusreform im Jahre 2006 und der mittlerweile bestehenden 16 Landesstrafvollzugsgesetze.
Ich weise die kunzsche Kritik daher zurück.
II. Offenes Visier
Einen Punkt möchte ich ansprechen, der über die Kritik hinausgeht, nämlich das fehlende offene Visier. Natürlich dürfen Hinz und Kunz Kritik üben wie sie möchten. Und natürlich dürfen sie dabei auch auf Fehler hinweisen. Wenn ich jedoch „Kunz“ lese, muss ich unweigerlich daran denken, dass ich mal einen hohen politischen Beamten kannte, der mir riet, ich solle doch lieber unter einem Pseudonym bloggen, er hätte kritische Leserkommentare immer unter einem Pseudonym geschrieben – das sei taktisch schlauer. Eine solche Haltung lehne ich jedoch ab.
Im Gegenteil: Ich möchte dafür werben – auch und gerade bei Kritik im Internet –, mit Klarnamen zu schreiben. Das hat etwas mit Verantwortung, aber auch mit Mut zu tun. Denn mal ehrlich: Wir haben schon genug Trolle und Hetzer, die anonym ihre Botschaften verbreiten. Es geht jedoch darum, auch Verantwortung für seine Meinung zu übernehmen und sich der eigenen Worte bewusst zu sein. Anonymität ermöglicht oft eine Form der Enthemmung, die in vielen Fällen nicht zielführend ist. Wer mit seinem echten Namen für seine Meinung eintritt, zeigt eine Haltung und Integrität.
Im konkreten Fall wäre es spannend gewesen, zu wissen, ob „Kunz“ österreichischer Strafvollzugsrechtler, konservativer Politiker oder besorgter Bürger ist. Und ob es ihm wirklich um Fehler im Text oder bloß darum geht, Stimmung gegen die dort geäußerte Meinung zu machen.
Am Ende bleibt mein Wunsch nach einem offenen und respektvollen Meinungsaustausch.













