Die AfD ist demokratisch gewählt, aber sie ist keine demokratische Partei. Das hat der Jurist, frühere Innenpolitik-Chef der SZ und heutige Kolumnist des Blattes, Heribert Prantl, mehrfach betont. Die AfD ist in weiten Teilen rechtsextremistisch, sagen nahezu alle demokratischen Parteien. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat sie vor Jahr und Tag schon als „Nazi-Partei“ bezeichnet. Sein bayerischer Amtskollege, Ministerpräsident Markus Söder, zugleich CSU-Chef, ließ gerade in seiner Regierungserklärung im Landtag in München keinen Zweifel an seinem Urteil über die AfD aufkommen. „Sie sind offenkundig das Sprachrohr des Kreml. Sie sind die Bücklinge Moskaus, die Hofnarren von Putin.“ Die AfD wolle raus aus der EU, raus aus der NATO und hin zu Russland. Das sei „ein Schaden für unser Land.“ Die „klaren Worte gegen die Demokratiefeinde“ von Söder wurden in der gleichen Debatte von Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze gewürdigt.
Kein Demokrat in Deutschland will mit der AfD zusammen regieren, weder im Bund noch im Land, kein Demokrat will mit diesen Leuten etwas zu tun haben. (Im nächsten Jahr kann es Situationen nach Wahlen geben, wo es schwierig wird, eine regierungsfähige Mehrheit ohne die AfD zu erreichen.) Es gilt die Brandmauer in der Gesellschaft. Auch die Wirtschaft hielt sich die Rechtsaußen auf Distanz- bis vor kurzem. Der Verband der Familienunternehmen geht nun andere Wege, man hat, wie erst jetzt bekannt wurde, die AfD zu einem Parlamentarischen Abend in die Vertretung der Deutschen Bank in Berlin geladen. Die AfDler kamen natürlich gern und frohlockten, dass die Brandmauer nunmehr endgültig eingestürzt sei. So weit sind wir noch nicht.
Distanz der Deutschen Bank
Die Einladung hat Folgen. Die Deutsche Bank geht auf Distanz, sie wird dem Verband der Familienunternehmen, der rund 180000 Firmen in Deutschland vertritt, künftig nicht mehr die Räumlichkeiten der Bank in Berlin überlassen. Der Unternehmer Rossmann kündigte an, er werde den Verband verlassen. So reagierte auch der rheinland-pfälzische Unternehmer Harald Christ. Dagegen erklärte die Präsidentin des Verbandes, Marie-Christine Ostermann, gegenüber dem „Handelsblatt“, das Kontaktverbot zu AfD-Bundestagsabgeordneten sei mit dem Parlamentarischen Abend aufgehoben. Schon im Frühjahr habe man beschlossen, mit einzelnen AfD-Fachpolitikern ins Gespräch zu kommen. Die Partei müsse inhaltlich gestellt werden. In einer Mitteilung des Verbandes hieß es gleichwohl: „Wir Familienunternehmen wollen keine Regierung mit AfD-Beteiligung“.
Das Verhalten des Verbandes ist naiv und gefährlich. So warnte der Ökonom Marcel Fratzscher davor, die AfD wie eine normale Partei zu behandeln. Dies „könne erheblichen Schaden für die deutsche Wirtschaft im Ausland wie im Inland anrichten“, urteilte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Ähnlich reagierte der Verband der Digitalwirtschaft, Bitkom. Die AfD sei „digitalpolitisch rückwärtsgewandt, gesellschaftlich auf Spaltung und Ausgrenzung ausgerichtet und stellt den demokratischen Rechtsstaat infrage.“
Stihl nennt AfD-Programm Blödsinn
Scharf ging der Aufsichtsratschef des Motorsägen-Herstellers, Nikolas Stihl, der Enkel des Gründers der schwäbischen Traditionsfirma, mit den wirtschaftspolitischen Ansichten der AfD ins Gericht. „Wenn die AfD an die Regierung käme, würde Deutschland sehr viel schneller an die Wand gefahren, als wir es heute tun, so Stihl im Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“. Das „ganze Programm der AfD ist völliger Blödsinn, damit wäre Deutschland innerhalb kürzester Zeit ruiniert.“
Aber Stihl griff nicht nur die AfD an, sondern attackierte auch den Regierungspartner der Union, die Sozialdemokraten. Deutschland habe große Struktur-Probleme und brauche dringend Reformen, räumte Stihl ein, die Bürokratie, „das größte Hemmnis für die deutsche Wirtschaft“, müsse abgebaut werden, Bauvorhaben in Deutschland dauerten viel zu lange, die Sozialausgaben seien zu hoch und die Arbeitszeit sei zu kurz. Stihl wörtlich: „Das Problem des Bundeskanzlers Merz hat drei Buchstaben und heißt: SPD. Die wesentlichen Stellhebel sind in den Händen der SPD, und sowohl Finanzminister Lars Klingbeil als auch Arbeitsministerin Bärbel Bas gehen nicht mit.“ Viele Betriebe investierten in aller Welt, aber nicht in Deutschland, hier bauten sie wertvolle Industriearbeitsplätze ab.
Harte Worte. Ähnlich die Kritik der Arbeitgeber, deren Präsident Rainer Dulger auf Distanz zum Bundeskanzler Friedrich Merz ging. Im Streit um die künftige Rentenpolitik unterstützt Dulger die Gruppe junger Unionsabgeordneter und plädiert für eine Verschiebung des Rentenpakets, was voraussichtlich nicht passieren wird. Ich lasse offen, ob die Einwände der Jungen berechtigt sind, sie sind da und können nicht einfach ignoriert werden. Der offene Streit über die Renten bestimmt das Bild der Regierung wie der Streit über die Wehrpflicht, die Migration, den schäbigen Versuch des Bundesinnenministers Dobrindt, ein paar Hundert Afghanen Geld zu bieten, damit sie in Pakistan bleiben und nicht das Versprechen der früheren deutschen Regierung Merkel annehmen, nach Deutschland ausfliegen zu können. Wo sie gerettet wären, während sie in ihrer Heimat die Taliban fürchten müssen, weil sie für Deutschland und den Westen gearbeitet haben. Ja, Herr Merz, Herr Dobrindt, Opposition war einfacher.
Die Demokratie in Deutschland befindet sich in einer tiefen Krise. Darauf hat kürzlich auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hingewiesen und die Politik, gemeint die Regierungsparteien, aufgefordert, nicht nur über Reformen zu reden, sondern zu handeln. Steinmeier hatte auch ein mögliches Verbot der AfD, ohne ihren Namen zu nennen, angesprochen und dabei auf die entsprechenden Passagen des Grundgesetztes hingewiesen.
Einer der Verfassungsväter des Grundgesetzes, der SPD-Politiker Carlo Schmid, hatte 1948/49 die wehrhafte Demokratie herausgehoben und betont, der demokratische Staat müsse eine gewisse „Intoleranz gegenüber Verfassungsfeinden“ zeigen, um seine eigene Existenz zu sichern. Wörtlich hatte Schmid gefordert: „Mut zur Intoleranz gegenüber denen, die die Demokratie gebrauchen, um sie umzubringen.“
Merz muss ran an die Reichen
Wir müssen zusammenstehen in Deutschland, wir, alle Demokraten, die Ärmel aufkrempeln, das Land reformieren, sanieren, damit es wieder spürbar besser wird. Dem Kanzler kann man nur empfehlen, seiner Politik die soziale Schlagseite zu nehmen. Herr Merz, auch wenn das Ihre Klientel ist, Sie müssen an die Super-Reichen ran, über die Vermögensteuer, die Erbschaftssteuer, den Spitzensteuersatz. Damit es gerechter zugeht im Land und ihre Politik mehr Akzeptanz erlangt. Die starken Schultern müssen und können mehr tragen.
Das Projekt der AfD, Deutschland aus Europa zu lösen, seine Werte und die Demokratie zu zerstören, ist keines, über das man wie über die Rente oder Steuern diskutieren kann. Arbeitgeber-Präsident Dulger hat auf dem Arbeitgebertag auch gesagt, das Vertrauen in die Parteien der Mitte werde zurückkommen, wenn Probleme angepackt und gelöst würden. So ist das, die große Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger will die Demokratie beibehalten, der Flirt des Verbandes der Familienunternehmen mit den Rechten führt in die Irre, ins Verderben, wie es schon mal geschehen war. Auch in den 30er Jahren sehnten sich einige nach der harten Hand und hatten die Hoffnung, die eine Illusion war, man könnte eine radikale Partei und ihren Führer einhegen. Führende Vertreter der deutschen Wirtschaft bezahlten der NSDAP den Wahlkampf, den letzten einigermaßen freien, sie rühmten Hitlers Entschlossenheit und nicht wenige erhielten dafür später kostenlose Arbeitskräfte, es waren Zwangsarbeiter. An das Unheil darf, ja muss mal wieder erinnert werden.













