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Steigende Zinsen: Turbulenzen im Finanzsystem

Friedhelm Ost Von Friedhelm Ost
27. März 2023
Wirbelsturm

Der russische Krieg gegen die Ukraine weist bittere Folgen auf: Da sind die vielen tausend Soldaten auf der Seite des Aggressors ebenso auf der Seite der Angegriffenen, die in diesem unsinnigen Krieg gestorben sind und verwundet wurden. Da sind Millionen Ukrainer, deren Wohnungen und Bauten sinnlos von den russischen Truppen zerstört wurden und die sich auf der Flucht befinden. Und da sind die enormen ökonomischen und sozialen Verluste, die inzwischen schon einige hundert Milliarden Euro ausmachen.

Böse Folgen der Super-Inflation

Dieser Krieg trifft zugleich viele Länder der Welt, insbesondere auch Europa. Die Explosion der Preise für Energie schlägt auf nahezu alle Branchen durch – auf die Industrie ebenso wie auf die Landwirtschaft, auf die meisten Rohstoffe ebenso wie auf Vorprodukte. Die Inflationsraten haben derweil Höhen erreicht, die an allen Fronten – von den Preisen bis hin zu den Löhnen – bittere Konsequenzen zeitigen. Sowohl die Notenbank der USA als auch die Europäische Zentralbank (EZB), die allzu lange zögerte, treten nun immer kräftiger auf’s geldpolitische Bremspedal, um die hohe Inflation in den Griff zu bekommen. Die EZB hat soeben den wichtigsten Leitzins von 3 auf 3,5 Prozent erhöht; da war die sechste Zinserhöhung in Folge im gemeinsamen europäischen Währungsraum.

Steigende Zinsen: Probleme für manche Banken

Die höhere Geldpolitik weist inzwischen Konsequenzen auf: in den USA ging die Silicon Valley Bank in die Knie. In der Schweiz geriet die einst so renommierte Großbank Credit Suisse in Turbulenzen; der Aktienkurs sackte allein an einem Börsentag um rund 30 Prozent ab, das Vertrauen der Anleger ist erschüttert, der Großaktionär, die Saudi National Bank, ist nicht zur Stützung bereit. Zur Stützung von Credit Suisse half die Schweizer Nationalbank mit einem Liquiditätsschub aus. Die Kurse der Deutschen Bank und der Commerzbank mussten herbe Verluste an den Börsen hinnehmen. Und das, obwohl der Chef der Deutschen Bank drauf hinwies, dass sein Institut seit dem Crash der amerikanischen Silicon Valley Bank Einlagenzuflüsse, nämlich eine „Flucht in die Qualität“, erlebte. Zugleich wiesen die Volksbanken ebenso wie die Sparkassen auf ihre Einlagensicherung hin, um ihre Kunden zu beruhigen. Viele erinnerten ich an die Pleite der US-Bank Lehmann Brothers vor rund 15 Jahren. Alle deutschen Banken und Sparkassen beruhigten ihre Sparer und wiesen darauf hin, dass ihre Pleite der Silicon Valley Bank keine Auswirkungen für deutsche Sparer hätte.

Hohe Abschreibungen auf Anleihen

Bislang war davon auszugehen, dass die Leitzinserhöhungen der Europäischen Zentralbank – immerhin schon 6 im Laufe der letzten Monate – die Zinsspanne der Banken und Sparkassen wieder vergrößerten. Denn in der Nullzinsphase der EZB hatten die meisten Kreditinstitute sogar Strafzinsen für Sparer und Einleger eingeführt, doch ihre Zinsspanne kaum verbessern können. Inzwischen wurden die Kreditzinsen kräftig erhöht, während die Sparzinsen nur zögerlich angehoben wurden. Hypotheken kosten inzwischen rund 4 Prozent oder gar etwas mehr je nach Laufzeit. Für Erspartes sind inzwischen in der Regel 1,5 bis 2 Prozent an Zinsen zu erzielen.

Neue Bundes- und andere Anleihen werden mir höheren Zinsen ausgestattet emittiert werden müssen; allein die Zinskosten im Bundeshaushalt für 2024 werden schon auf rund 40 Mrd. Euro steigen. Die Kurve für frühere Anleihen mit noch langer Laufzeit, die mit Null- oder Niedrig-Zinsen auf den Markt kamen, sinkt kräftig. In den Bilanzen von Kreditinstituten werden Wertberichtigungen in großem Umfang erforderlich.

Das traf auch vor allem die Silicon Valley Bank und zwei weitere US-Banken, die mit Staatsanleihen große Kursverluste verbuchen mussten. Die Kunden dieser Institute zogen sehr schnell ihre Einlagen ab, sodass Liquiditätsprobleme entstanden; die Langläufer am Anleihemarkt ließen sich nur mit gewaltigen Kursverlusten verkaufen. Und die Krise schwelt in der amerikanischen Finanzbranche weiter. Weitere kleinere Banken stehen unter Druck und sorgen für Nervosität an den internationalen Finanzmärkten.

Downrating für den Bankenplatz Zürich

Die Zentralbanken lassen sich in ihrem verspäteten Kampf gegen die Inflation nicht bremsen. Bis der Zielkorridor von rund 2 Prozent bei der Preissteigerungsrate erreicht sein wird, könnte es noch zu weiteren Tritten auf die geldpolitischen Bremsen kommen. Für die Wirtschaft werden neue Investitionen wesentlich teurer. Für viele geht der Traum von den „eigenen vier Wänden“ unerfüllt zu Ende. Höhere Zinsen, hohe Preise für Energie und Rohstoffe, stark steigende Arbeitskosten – der Weg zu einem neuen Aufschwung und mehr Wachstum wird schwierig. Die Zeitenwende gestaltet sich turbulent und wird lange dauern.

Angekratzt ist jedenfalls das Image des Bankenplatzes in der Schweiz: Die Bank Credit Suisse war ewig lang als Hort größter Stabilität gepriesen worden. Dass auch sie in Schieflage geraten könnte, das haben Anleger aus aller Welt – auch aus Deutschland – wohl nie gedacht. Der Bankplatz Zürich hat an Attraktivität verloren, das Nummernkonto seinen Reiz und der Schweizer Franken viel von seinem einstigen Glanz.

Dramatische Rettungsaktion der Eidgenossen

In einer dramatischen Rettungsaktion übernahm die große UBS (Union Banque Suisse) die angeschlagene Credit Suisse (CS). Das war eine Auffanglösung auf den letzten Drücker, denn die CS galt als systemrelevant. Ihre Pleite hätte wohl einige andere Kreditinstitute mit in den Abgrund gerissen. Denn die Mitteilungen der Schweizer Nationalbank und der Schweizer Regierung konnten kaum beruhigen und waren eher unglaubwürdig. Der gute Ruf der Schweizer Banken, die so lange als besonders stabil gelten, ist jedenfalls ruiniert. Und das Rumoren im globalen Finanzsystem wird noch einige Zeit weitergehen.  Die Märkte bleiben nervös. Die Aktienkurse anderer Banken sind im Keller. An- und Einleger sind aufgeschreckt und suchen für ihr Geld sichere Häfen. Der Untergang der CS ist ein weiteres eklatantes Beispiel für das Versagen der Geschäftsführung, Profitgier und fehlendes Risikobewusstsein. Am Ende haften nicht die Verantwortlichen der Bank für ihren Größenwahn, sondern viele andere müssen die Zeche bezahlen. Bleibt zu hoffen, dass nicht auch noch Bonizahlungen an die Versager erfolgen.

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