Die Friedenspolitik Willy Brandts und Helmut Schmidt beruhte auch im Kalten Krieg immer auf glaubwürdiger Abschreckung bei gleichzeitiger Gesprächsbereitschaft. Selbst nach dem Einmarsch der Warschauer-Pakt- Staaten in die damalige Tschechoslowakei haben die SPD Kanzler ihre Politik beharrlich fortgesetzt. Ohne diese geduldige, auch von Rückschlägen gekennzeichnete Strategie, hätte es keine deutsche Wiedervereinigung gegeben. Zugegeben, der heutige Gewaltherrscher Putin ist unberechenbarer als das damalige Politbüro. Er lässt täglich zivile Ziele in der Ukraine bombardieren. Seine Angst vor der NATO, die heute bis an die Grenzen Russlands Grenzen herangerückt ist, kann er auch nicht mit dem im Westen in Vergessenheit geratenen Angriff auf die Bundesrepublik Jugoslawien rechtfertigen. Es geht darum, seine Obsession ohne Drohungen, durch Entspannungspolitik aufzulösen.
Aktuell herrscht ein Klima des Misstrauens zwischen Russland und der NATO, auch Deutschland, das von beiden Seite befeuert wird. Eine Ausnahme bildet das „Manifest” des linken Erhard-Eppler-Kreises zur Friedenssicherung in Europa. Ein Lichtblick für alle, die nicht daran glauben, dass Frieden durch unbegrenzte Aufrüstung erzwingbar ist. Leider hat die Parteispitze die Chancen, eine faire Debatte darüber zu führen, nicht aufgegriffen. Verteidigungsminister Boris Pistorius geißelte die Autoren als „Realitätsverweigerer” – Aus Erfahrung wissen wir „Alles fließt. Die einzige Konstante, auch in der Politik, besteht in der Veränderung.” Putins Russland braucht eine Doppelbotschaft: Verteidigung und Gesprächsbereitschaft.
Der verstorbene Architekt der Wiedervereinigung, Egon Bahr, wusste, dass Gegensätze meistens auf der eigenen Ich-Bezogenheit beruhen. Einfacher ausgedrückt: Man muss sich immer in die Schuhe des anderen stellen, um die eigenen Ziele, gelegentlich nur Kompromisse, durchzusetzen. Nur so kann ein Interessenausgleich entstehen.
Ein Vorbild für diese erfolgreiche Denkweise, war der indische Freiheitskämpfer Mahatma Gandhi. Er wusste, dass kein Sterblicher frei von Irrtümern ist. Doch das war für diesen klugen Mann kein Problem, denn nach seiner Auffassung war die „Widerspruchsfreiheit der Kobold der kleinen Geister”. Für die persönliche Entwicklung des Menschen waren für ihn Widersprüche nötig. Einfacher: Man lernt durch seine Fehler. Über diesen Menschen der mit strenger Selbstdisziplin, Mut zur eigenen Fehlbarkeit und Wahrheitsliebe ein Imperium bezwang, sagte Albert Einstein: „Vielleicht werden künftige Generationen kaum glauben, dass solch ein Mensch von Fleisch und Blut jemals auf unserer Erde gewandelt ist.”.
Vordenker Egon Bahr sagte zur Rolle der Partei „Denn selbst bei einer absoluten Mehrheit, ist die Aufgabe einer Partei, weiter zu denken als die Regierung handeln kann”. In genau diesem Sinn, haben die Autoren und Unterzeichner des „Manifest” einen wichtigen Beitrag zur aktuellen Diskussion geleistet.
Der amtierende Bundeskanzler Friedrich Merz hat seinen ersten Fehler schon gemacht. Als Oppositionspolitiker forderte er von der Regierung, die Marschflugkörper „Taurus“ an die Ukraine zu liefern. Nun will seine Regierung keine Auskunft über die Lieferung von Waffen mehr geben. Das kann zu Missverständnissen führen. Helmut Schmidt als Kanzler praktizierte einst das Gegenteil. Sein Credo: Man muss für andere berechenbar und damit glaubwürdig bleiben. Eine solche Politik der Abschreckung und Friedensinitiativen zugleich, kann allerdings nur von Politikern vertreten werden, die für Freund und Feind glaubwürdig sind. Solche „Leuchttürme” fehlen uns heute.
Der rechtsextreme US-Präsident Trump ist kein Partner, auf den sich die europäischen NATO-Partner verlassen können. Das Verfallsdatum seiner Zusagen ist schneller als die Wettervorhersage. Zwar wird der Machtmensch Trump aus eigenem Interesse die NATO nicht verlassen, ob er im Konfliktfall die Bündnisverpflichtung einhält, muss stark bezweifelt werden. Der Artikel 5 des NATO-Vertrages, macht eine Verweigerung des militärischen Beistands möglich. Denn dort heißt es: „Die Bündnispartner müssen jede Form der Hilfe, die sie für erforderlich halten” leisten.
Es reicht also bei einem Angriff aus, wie einst die deutsche glücklose Verteidigungsministerien Christine Lambrecht, mit der Botschaft „nun kämpft mal schön” 5.000 Helme aus den USA zu schicken.
Willy Brandt und Helmut Schmidt bei einer Wahlversammlung in der Essener Gruga-Halle. Im Vordergrund der Autor als Aushilfe bei den Sicherheitskräften.
Titelbild: Pixabay













