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Seit 25 Jahren: Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland

Peter Ruhenstroth-Bauer Von Peter Ruhenstroth-Bauer
20. August 2025
Screenshot aus dem Film "Mutprobe"

Es sind die kurzen Meldungen, die einem manchmal einfach so durchrutschen oder keine besondere Aufmerksamkeit mehr erregen. So zum Beispiel der Hinweis auf die zweite Absage der Eröffnung eines israelischen Restaurants am Gendarmenmarkt in Berlin. Dann wieder sind es Meldungen die Aufmerksamkeitsspirale wenigstens für 24 Stunden  in Schwung halten, wie die Nachricht, dass „Das Verfassungsschutz-Gutachten über die AfD in Brandenburg veröffentlicht ist. Der AfD-Landesverband Brandenburg der Partei wird in dem mehr als 140 Seiten umfassenden Dokument als »erwiesen rechtsextremistisch« eingestuft. Die Meldung vom Januar, dass wir vergangenes Jahr in Deutschland einen Höchststand an rechtsextremistischen Straftaten verzeichnen mussten ist schon längst wieder in der medialen Versenklungen verschwunden.

Rechtsextremismus war in Deutschland nie ein Randphänomen

Diesen Herbst vor 25 Jahren, als von Paul Spiegel, Uwe-Karsten Heye, Michel Friedman und anderen die NGO „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland gegründet wurde, sah die Situation ähnlich aus. Trotzdem zählte das BKA im Jahr 2000 führte das BKA nur 22 Opfer rechtsextremer Gewalt in seiner Statistik. Zeitungsrecherchen u.a. von Frankfurter Rundschau und Der Tagesspiegel damals 93 solche Todesfälle.[10] So erhöhte die Bundesregierung die Zahl der anerkannten Todesopfer im Sommer 2000 auf 38, bis 2009 auf 46, bis 2012 auf 58. Darunter waren nun die zehn Mordopfer der Terrororganisation Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Das Entsetzen über die rechte Gewalt und die Tatenlosigkeit der Verantwortlichen waren es, die die Gründer von Gesicht Zeigen! angetrieben haben. Der „Aufstand der Anständigen” sollte wachrütteln und die politisch Verantwortlichen mobilisieren.

Natürlich hat sich bis heute gesellschaftlich, politisch und moralisch in Deutschland, Europa und in der Welt viel verändert: Finanzkrise, Klimakrise, Coronakrise, Ukraine-Krieg, Energiekrise, Gaza-Krieg bestimmen das Bewusstsein. Aber zu den Krisen können wir in Deutschland mit der wachsenden AfD ein enormes Anwachsen einer gesichert rechtextremen Partei und gleichzeitig eine immer noch verunsicherte Reaktion der demokratischen Parteien beobachten. Wir erleben nun schon seit längerer Zeit eine Eskalation rechtsextremer Gewalt. Rechtsextreme Ideologien und die damit verbundene Gewalt schleichen sich in den Alltag.  Was die Situation heute deutlich bedrohlicher macht als vor 25 Jahren, ist die Tatsache, dass diese Gewalt von einem kulturellen Mainstream getragen wird. Rechtsextreme Ideologien werden dort offen diskutiert, über rechtsextreme Parteien in Parlamente getragen und in Teilen des demokratischen Spektrums begrüßt. Deshalb ist der verlässliche Schutz von Betroffenen, politische Konsequenzen sowie polizeiliche Repression dringend geboten!

Aufstehen für Demokratie, Diversität und Weltoffenheit

Zum Glück ist dies keine Entwicklung, die unbeantwortet bleibt. Gesicht Zeigen! stellt immer wieder fest, dass es Demokrat*innen klar geworden ist, dass Errungenschaft der Demokratie muss von uns verteidigt und geschützt werden muss. Viele Initiativen setzen sich in ganz Deutschland für lebendige Demokratie und Vielfalt ein. Hundertausende Menschen gehen für Demokratie und gegen Rechtsextreme auf die Straße. Nach der CORRECTIV – Recherche 2024 und dem Bekanntwerden der Deportationsplänen der Rechtsextermen und auch zur Verteidigung der Brandmauer gegen die AfD vor der Bundestagswahl 2025. Das ist ein großer Erfolg, denn es wird vielen Menschen klar, dass die Errungenschaften der Demokratie und unsere offene Gesellschaft kein Selbstläufer ist. Hunderte Initiativen sind in den vergangenen 25 Jahren entstanden. Gesicht Zeigen! ist bundesweit eng vernetzt und selbst aktiver Teil der solidarischen Zivilgesellschaft.

Gesicht Zeigen! ist ein Synonym für Zivilcourage geworden

Neben Kampagnen, mit Filmen wie „Mutproben“, Plakaten oder in den sozialen Medien, neben Demonstrationen und Informationsveranstaltungen sind die Projekte für politische Bildung und zur Rechtsextremismusprävention eine zentrale Aufgabe von Gesicht Zeigen! Mit Workshops für insgesamt über mit insgesamt rund 56.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen an einem in Deutschland einzigartigen Lernort  7xjung in den S-Bahn-Bögen Bellevue in Berlin.
Die NGO ist dabei immer wieder innovativ erfolgreich unterwegs: So hat sie ein mobiles Demokratielabor für Schulen entwickelt, das Schüler*innen bestärkt, überzeugte Botschafter*innen für Vielfalt, Toleranz, Geschlechtergerechtigkeit und Demokratie zu werden.

Demokratiearbeit kostet Geld!

Und gerade das Demokratielabor ist ein gutes Beispiel, wie die Finanzierung der Demokratiearbeit an seine Grenzen stößt. Über das Bundesfamilienministerium werden die Projekte über das Programm „Demokratie leben“ finanziert. So konnte von  Gesicht Zeigen! das Demokratielabor entwickelt und über ein halbes Jahr lang in Schulen getestet werden. Die Rückmeldungen waren mehr als erfolgreich: von den teilnehmenden Schüler*innen genauso wie aus den Kollegien der Schulen. Doch jetzt ist die finanzierte Testphase vorbei. Die Schulen, insbesondere aus ostdeutschen Ländern, stehen Schlange, lassen sich auf eine Warteliste setzen. Doch ohne eine weitere Finanzierung ist auch das Demokratielabor für eine NGO nicht realisierbar. Und genau deshalb setzen die Rechtsextremen an der Finanzierung an. Konservative und rechte Politiker kritisieren das Bundesprogramm „Demokratie leben“ schon seit Längerem, schreibt table.briefing. und berichtet von einem AfD – Plan entwickelt, um das Programm und die darin geförderten NGOs systematisch zu bekämpfen.

Was für Krankenkassen längst eine Selbstverständlichkeit ist, sollte auch für die Politik kein Hindernis sein. Präventionsarbeit muss man sich etwas kosten lassen. Das gilt gerade auch für die Demokratiearbeit. Für Gesicht Zeigen! bedeutet das nach 25 Jahren auch weiter darauf zu setzen, dass sich genügend Menschen finden, die diese Arbeit direkt oder als Mitglied unterstützen können.

 

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