Nach der ersten Runde der Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen hat es keine 24 Stunden gedauert, dass vielerorts über Koalitionen und Bündnisse spekuliert wird. Durch den Einzug unterschiedlichster kleiner Parteien in die Stadträte und Kreistage muss fast überall sondiert werden, wer mit wem in den nächsten fünf Jahren die Politik gestalten kann und will. Dabei gebärden sich die Parteien der demokratischen Mitte allerdings, als wären sie der verlängerte Arm ihrer jeweiligen Bundes- und Landesparteien. Was da an Überlegungen für Koalitionen und Bündnisse angestellt wird, geht auf keine Kuhhaut. Lediglich die AfD beteiligt sich nicht an solchen Spekulationen, weil – Gott sei Dank – alle anderen ausgeschlossen haben, mit ihnen zusammen zu arbeiten: “Spiel nicht mit den Schmuddelkindern.”
Leider singen die anderen Parteien aber das Lied der AfD. So richtig die Ächtung der AfD ist, so falsch ist die hektische die Suche nach Koalitionspartnern, bevor man über die nächsten anstehenden Aufgaben gesprochen hat. Es geht nämlich in der kommunalen Selbstverwaltung nicht um ideologische Grabenkämpfe und politische Rituale. Stadträte und Kreistage sind keine Parlamente. Das wollen anscheinend viele der Beteiligten nicht wahrhaben. Vielmehr wäre es wünschenswert, dass vor Ort unideologisch und pragmatisch ein auf Kommune oder Kreis zugeschnittenes gemeinsames Arbeitsprogramm definiert wird. Eigentlich müsste die Tatsache, dass die allermeisten Entscheidungen vor Ort nicht in Kampfabstimmungen entschieden werden, dafür Signal genug sein.
Ob man den Beteuerungen der AfD glauben kann, jetzt vor Ort sachorientiert und pragmatisch für das Wohl der Bürger im Kreis oder Kommune arbeiten zu wollen, wage ich zu bezweifeln. Dafür haben sie in der Vergangenheit viel zu oft unsägliche Positionen vertreten und generell versucht, Sand ins Getriebe zu streuen. Aber die anderen Parteien machen es Ihnen gegenwärtig zu leicht, sich auf eine angeblich pragmatische Position zurückzuziehen. Wie wäre es, wenn die Parteien der Mitte genau dies täten, nämlich alle Ideologie so weit wie möglich wegließen? Das ist es doch, was die überwältigende Mehrheit der Wähler eigentlich möchte. Die unterschiedlichen Koalitionen auf Bundes- und Länderebene belegen ohnehin, dass alle darauf angewiesen sind, miteinander Lösungen zu erarbeiten, wenn man nicht weiterhin Wasser auf die Mühlen der populistischen Parteien lenken will.
Ich weiß, wie idealistisch sich das anhört, was ich von den demokratischen Parteien erwarte. Aber was man aller Orten über die Nachlese zu den Kommunalwahlen hört und liest, bestätigt das Vorurteil zumindest derjenigen, die aus Protest AfD gewählt haben, dass nämlich die etablierten Parteien mit sich selbst beschäftigt sind und die Lösung von Problemen nicht oberste Priorität hat. Leider verstärken die Stichwahlen, über deren Sinn und Unsinn man noch einmal nachdenken sollte, diesen Eindruck. Ich werde außerdem nicht müde zu betonen, dass die Entscheidung der Politik aus dem Jahr 1994, die kommunale Doppelspitze in NRW abzuschaffen, ein Fehler war. Das ist zwar eine andere Geschichte, aber sie erklärt für mich manche Schwäche im System der Kommunalpolitik.
Wenn man die AfD nicht weiter stärken, sondern sie im Gegenteil bedeutungslos machen will, muss man ihre Wähler davon überzeugen, dass die demokratischen Parteien Antworten und Lösungen anbieten, die auf lokaler Ebene erkennbar sind. Auf der Landesebene kann man sehen, wie dies funktioniert. Der Erfolg der CDU in NRW ist nicht zuletzt ein Erfolg von Hendrik Wüst und seiner Art, Politik zu machen. Da alles mit allem zusammenhängt, wird sich das Protestpotenzial, das sich die AfD gerne zu Nutze macht, erst abschwächen, wenn auf der großen Bühne, also im Bund, durchgreifende Reformen erkennbar sind. Auf der kleinen Bühne, sprich in der Kommunalpolitik, sind die demokratischen Parteien aber jetzt aufgefordert, gemeinsam anzupacken, statt zu taktieren.













