1 Realignment der US-Energie-Innenpolitik
Die Regierung unter Präsident Trump hat sich nach Amtsantritt umgehend vom Paris-Abkommen verabschiedet, am 20. Januar 2025 verkündet, am 27. Januar vollzogen. Anschließend hat sie Fördermaßnahmen für Energie aus erneuerbaren Quellen, die vor allem die Biden-Regierung verabschiedet hatte, zurückgenommen – Wind- und Solar-Anlagen werden systematisch Knüppel zwischen die Beine geworfen, für Anlagen auf Basis fossiler Energien hingegen werden Erleichterungen geschaffen. Musterbeispiel ist die Förderung von LNG, eine Tätigkeit mit erheblichen, aber meist diffusen Emissionen von Treibhausgasen. Da wurde entschieden, das Monitoring dieser Emissionen als Bürokratieaufwand einzustufen und folglich einzusparen. Willentliche Blindheit bzw. Falschangaben in den Berichten an die Weltgemeinschaft, vertreten durch die Klimarahmenkonvention (UNFCCC), aus der die USA sich noch nicht zurückgezogen haben, werden die zwangsläufige Folge sein. Man wird sehen, ob die Qualitätssicherung unter der Klimarahmenkonvention sich dem Fake-Ansatz der US-Regierung entgegenstemmen wird oder das hinnimmt.
Augenblicklich ist man in Washington dabei,
- die bisherigen regelmäßigen Klimaberichte der jeweiligen Regierungen neu zu überprüfen: auf „Fehler“. Die Arbeiten am 6. National Climate Assessment wurden abrupt abgebrochen;
- die Klima- und Umweltpolitik der USA in ihren Grundfesten einzureißen. Die rechtliche Gestalt von Umweltpolitik einerseits und Klimapolitik andererseits unterscheidet sich zwischen den USA und Deutschland bekanntlich erheblich. Die USA waren Vorreiter, haben die Umweltpolitik in den 1960er Jahren im überparteilichen Konsens und global pionierhaft eingeführt, Deutschland hat das nachgemacht, der Clean Air Act, das Zentrum der US-Umweltpolitik, wurde als Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) imitiert. Treibhausgase werden zwar ebenfalls emittiert, aber da fehlt es an Immissionen. Folglich wurde in Deutschland für die spezielle Schutzbedürftigkeit vor den Emissionen an Treibhausgasen eine eigenes Rechtskonvolut beschlossen – ein breiter überparteilicher Konsens machte das in Deutschland in den 1990er Jahren möglich. Anders in den USA. Da war ein überparteilicher Konsens zur Herausforderung durch den menschgemachten Klimawandel inzwischen unerreichbar.
Folglich machte sich die Regierung unter Präsident Obama auf die Suche nach einem Ausweg und war schließlich erfolgreich. Der bestand in einem Verfahren unter Federführung der Environmental Protection Agency (EPA): Sie ließ, wissenschaftlich äußerst aufwändig, feststellen, dass Treibhausgasemissionen die menschliche Gesundheit schädigen. In einem ebenfalls aufwändigen öffentlichen Konsultationsverfahren führte das zu der rechtlichen Feststellung, dass die Emission der beiden Haupt-Treibhausgase, CO2 und Methan (CH4), dem Clean Air Act unterfalle und auf dieser Basis Beschränkungen seitens der föderalen Ebene legal seien. Der neue, von Trump eingesetzte EPA-Chef Lee Zeldin setzt nun an, diese Basis in einen wiederum aufwändigen Prozess unter Mitwirkung führender Stakeholder der Gesellschaft zu zerstören.
Dieser Abriss-Prozess erfordert, dass die Wissenschaft wiederum beteiligt wird – mit einem Federstrich Fake als Wahrheit auszugeben, geht auf diesem Felde nicht. Zum Glück ist in den USA, anders als in Deutschland, die Wissenschaft in ihren Führungsinstitutionen unabhängig vom Staat aufgestellt, auch finanziell. Also bereitet die sich präzise und mit ihren Mitteln auf den anstehenden Kampf vor. Am 7. August 2025 teilten die Wissenschaftlichen Akademien der USA mit, dass sie den Fehdehandschuh aufnehmen:
„National Academies Launch Fast-Track Review of Latest Evidence for Whether Greenhouse Gas Emissions Endanger Public Health and Welfare“
Das alles ist US-Klima- und Energiepolitik nach innen. Man könnte sich ob all der desaströsen Nachrichten aus den USA mit der Aussicht zufriedengeben: So ist es eben, die USA fallen als Kooperationspartner für eine aktive Klimapolitik auf der Erde wieder einmal aus – unter Bush jr. war das auch schon so und Clinton konnte seine Kooperationszusagen an die EU im Vorfeld von 1992 (Konferenz in Rio) auch nicht halten. Das ist zwar höchst bedauerlich, entspricht aber einer langfristigen Wellenbewegung der US-Klimapolitik und beschränkt sich in der globalen Wirkung auf den Anteil der USA an den globalen Treibhausgasemissionen. So aber ist es nicht. Die USA unter Trump unternehmen zu den Themen Klima und Energie nicht nur innenpolitische Anstrengungen, sie betreiben darüber hinaus eine ambitionierte Energieaußenpolitik. Und die hat klimapolitische Implikationen über ihr Staatsgebiet hinaus. Betroffen sind die westlichen Alliierten. Die sehen sich neuen Zwängen ausgesetzt.
2 Der Trumpsche Ansatz der US-Energieaußenpolitik
Dieser Ansatz wird hier durch zwei markante Beispiele lediglich anschaulich zu machen gesucht.
2.1 Der sog. Trade Deal von Turnberry
Das erste Beispiel dürfte bekannt sein, es geht um den seltsamen angeblichen „Trade Deal“ zwischen Donald Trump und Ursula von der Leyen in Schottland, am 27. Juli 2025 per Handschlag besiegelt. Das war kein wirklicher Deal, das war nur der Beginn eines Arbeitsprozesses zur Aushandlung eines wirklichen Deals im Detail – Ergebnis waren publizierte Gesprächsnotizen beider Seiten, die aber differieren. Es ging auch nicht nur um Handelsfragen, dazu lediglich hatte die Kommissionspräsidentin eine Handlungsvollmacht, es ging auch um Nebenabsprachen, darunter zu Energiebezügen, zu denen die Kommission völlig ohne Kompetenzen ist. Statt von einem inhaltlich bestimmten „Trade Deal“ wäre es angemessener von „von der Leyen’s Turnberry golf course deal“ zu sprechen, also via Ortsbezeichnung nur. Diese Nebenabsprachen erklärte Präsident Trump später zu „Geschenken“ (um den Trade-Teil des Deals zu ermöglichen). Abgeschlossen ist aber nichts, insofern hängt noch alles in der Luft, da gilt: „Nothing is agreed until everything is agreed.“
Der Energie-Teil des Deals liest sich laut US-Protokoll so:
„The deal marks a generational modernization of the transatlantic alliance and will provide Americans with unprecedented levels of market access to the European Union.
The deal bolsters America’s economy and manufacturing capabilities. The EU will purchase $750 billion in U.S. energy and make new investments of $600 billion in the United States, all by 2028.“
Laut EU-Protokoll liest sich der Energie-Teil des Deals so:
„Ensuring reliable access to critical energy and future-oriented supplies.
The EU intends to procure US liquified natural gas, oil, and nuclear energy products with an expected offtake valued at $750 billion (ca. €700 billion) over the next three years. This will contribute to replacing Russian gas and oil on the EU market. The EU also intends to purchase €40 billion worth of AI chips essential to maintaining the EU’s technological edge.
Promoting and facilitating mutual investments on both sides of the Atlantic.
EU companies have expressed interest in investing at least $600 billion (ca. €550 billion) in various sectors in the US by 2029, further boosting the already significant €2.4 trillion in existing investment.“
Zu den Zahlen sind sich beide Seiten in ihren Protokollnotizen fast einig: Frau von der Leyen hat 750 Mrd. $ für Einkäufe zu Energie zugesagt, darüber hinaus mindestens 600 Mrd. $ an Investitionen. Hinzuzurechnen hat man im Hinterkopf noch die programmierten enormen europäischen Einkäufe bei der US-Rüstungsindustrie, um die NATO-Zusage über 5% des BIP/a, die Trump im Januar 2025 nur so mal in einem Interview hingeworfen hatte, auch zeitgerecht umsetzen zu können. Die Differenz beider Seiten in Zahlenangaben ist gering und betrifft lediglich das Zieldatum: Trump sagt bis 2028, die EU sagt bis 2029. Vermutlich hat Frau von der Leyen zugestimmt, als Trump gesagt hat „still in my term“; und dessen Amtszeit endet praktisch in 2028, formal aber erst in 2029. Abgerechnet werden könnte eh erst in 2030, da wird Trump aus dem Amt sein und das Versprochene eh sämtlich im Nebel der Vergangenheit liegen.
Wesentlich dagegen ist die Differenz bei den beiden Begriffen „Energie“ und „Kauf“. Die hat die EU genauer spezifiziert als die US-Seite es getan hat. Was real gemeint ist mit dem Versprochenen dürfte eher das EU-Protokoll andeuten.
- a) „Energie“ heisst bei ihr Dreierlei: „liquified natural gas, oil, and nuclear energy products“
- b) Statt „Kauf“ heisst es bei der EU genauer und umständlich: „intends to procure … with an expected offtake valued at $750 billion (ca. €700 billion) over the next three years.“
Procure bzw. offtake value sind Fach-Begriffe. Mit ihnen wird darauf angespielt, dass man bis zum Jahre 2028 soweit sein kann, weit in die Zukunft reichende Verträge abzuschließen und dabei den voraussichtlichen Warenwert der erst später zu liefernden Menge nennt. Das ist bei Langfristverträgen zumindest bezogen auf die Menge die professionell übliche Kommunikationsweise. Die ist hier von der EU-Kommission vermutlich auf den Warenwert übertragen worden.
Die Größenordnung dessen, was die Kommission Präsident Trump mündlich an Energieimporten versprochen hat, ist unter Energieexperten auf Überraschung und Mißtrauen gestoßen. Weit überwiegend war die Meinung: Das ist unmachbar! Hintergrund dieser Spontaneinschätzung war, dass allein auf LNG abgestellt wurde. Nukleares und Öl hingegen wurden also als – vermeintlich – marginal ausgeblendet. Und ganz entscheidend: „Kauf bis 2028“ wurde als „Lieferung bis 2028“ verstanden. Vor dem Hintergrund des Ist-Standes an Importen von LNG, Öl und Nuklearem erscheint das Versprochene tatsächlich als ein Wolken-Kuckucksheim. Der Wert der Einfuhren der angeführten drei Kategorien von Gütern aus den USA liege, so die Kommission, bei etwa 90 bis 100 Mrd. pro Jahr – dabei ist der Wert der nuklearen Güter mit 0,7 Mrd. € in 2024 noch vernachlässigbar gering. Zu beachten aber ist, dass in den Jahren 2022 bis 2024 in der EU eine LNG-Import-Kapazität in Höhe von 70 bcm/a zugebaut wurde.
Diesem verbreiteten Eindruck in Expertenkreisen ist die EU-Kommission entgegengetreten. Am 30. Juli 2025 hat sie ein Q&A-Paper mit dem Titel „EU-US trade deal explained – energy aspects“ veröffentlicht. Der prozedural entscheidende Satz darin lautet:
„the Commission is ready to organise a dedicated process – AggregateEU – to collect demand from EU entities and match it with competitive US LNG supplies for the period 2025 until 2050.“
D.h. es handelt sich bei den 750 Mrd. $ um einen EU-seits präzise vorbereitend kalkulierten Wert. Eingeschlossen sind Lieferungen bis zum Ende des Zeitraums, da die EU klimaneutral sein will, Netto-Null an Emissionen aus fossilen Quellen nurmehr ausstoßen kann. Hinter der Kalkulation muss somit kurz- und mittelfristig ein erheblicher Zuwachs an LNG-Importen aus den USA stehen. Deren Rückgang wird dann abgelöst durch einen erheblichen Anstieg im Bereich nuklearer Kraftwerke, von SMR. D.h. die Kommission erwartet einen Boom von Kernkraftwerken anstellen von Kraftwerken auf Basis erneuerbarer Quellen – und will deshalb hinnehmen, dass sich Europa zu dessen Ermöglichung auf diesem technischen Gebiet von den USA abhängig macht.
750 Mrd. $ über 3 Jahre zusätzlich auszugeben ist unrealistisch, über 25 Jahre verteilt sind es 30 $ pro Jahr. Das ist völlig im Bereich des Realistischen. Der Anschein des Unrealistischen ist vermutlich nur die Kehrseite dessen, dass Donald Trump argumentativ über den Tisch gezogen werden sollte.
Die gegenwärtigen LNG-Bezüge der EU-Staaten sind der Abbildung (Darstellung der EU-Kommission) zu entnehmen.
Demnach hat die LNG-Lieferung aus den USA nach Europa sich von 2021 bis 2025 (Zahlen in der Abb. für 2025 nur für ein Halbjahr!) knapp vervierfacht, um 54 bcm auf 74 bcm. Russlands Beitrag hat sich ebenfalls erhöht, von 15 auf 20 bcm. Diese Zunahmen von LNG-Importen von 74 auf 130 bcm, also um 56 bcm, ersetzen das seit 2022 ausfallende Pipeline-Gas aus Russland.
Zu ersetzen ist kurzfristig, so die EU-Kommission gemäß ihrer etwas anmaßenden Gesetzgebung, das LNG aus Russland. Also steht ein LNG-Bezug in der Größenordnung von 20 bcm/a zur Substitution an. Würde man entscheiden, diese LNG-Menge aus den USA zu beziehen, so käme man auf ein zusätzliches Importvolumen von rund 8 Mrd. € pro Jahr. Bei einem 20-Jahresvertrag wären das 160 Mrd. €, d.i. immerhin ein gutes Viertel der zugesagten Summe.
Mein doppelter Schluss daraus: (a) ein Gutteil der restlichen Finanzzusage, 540 Mrd. €, muss kalkuliert sein aus einem erwarteten massiven Neueinstieg Europas in die neue Kernkrafttechnologie Small Modular Reactors (SMR); (b) es bleibt aber noch ein kurz- bis mittelfristig zu realisierender Rest, und der muss mit Fossil-Importen unterlegt sein.
Trump schnippst mit dem Finger, und schon ist die EU bereit, abenteuerlich hohe Geldmengen den USA zuzusagen, mit dem Effekt, auch auf anderen Gebieten in deren Abhängigkeit zu verbleiben oder erst neu zu kommen. Christian Lindner, als er noch Minister war, hat die Erneuerbaren mal als „Freiheitsenergien“ tituliert. Seine Parteizentrale formulierte:
„„Erneuerbare Energien sind Freiheitsenergien.“ Denn: Sie stärken die Unabhängigkeit von Importen aus Staaten, die „nicht in unserem Interesse handeln““.
Recht hatte die FDP.
2.2 Der Kampf um die IEA-Szenarien
Dazu passt eine Meldung zur Internationalen Energie Agentur (IEA) am Sitz der OECD in Paris. Deren Ursprungsaufgabe gemäß ihrem Gründungsanlass war, die Interessen der Ölverbraucherländer gegenüber denen der Ölproduzentenländern zu koordinieren – zur Gründungszeit waren die westlichen Industrienationen noch sämtlich Ölimporteure. Seitdem hat sich das gewandelt, einige von ihnen wurden zu Netto-Exporteuren, der Erdgasboom mit seinem Exportpotential kam hinzu.
Die IEA hat sich daraufhin nicht abgeschafft, sondern gewandelt. Ihre Hauptfunktion ist inzwischen, die Erwartungen der westlichen Staaten hinsichtlich der Verfügbarkeit der diversen konkurrierenden Energieträger, fossil, erneuerbar, nuklear, zu koordinieren, auf dass in den westlichen Abnehmer-Staaten die jeweils erforderlichen komplementären Infrastrukturen geschaffen werden. Die Koordination geschieht mittels unschuldig „Szenarien“ genannten Studieninhalten, erarbeitet im jährlich erscheinenden „World Energy Outlook“ (WEO). Um die Unschuld zu betonen, wird zur Erläuterung litaneiartig immer betont: Szenarien seien keine Prognosen. An ihrer faktischen Funktion aber beißt dieser Allgemeinplatz keinen Faden ab.
Szenarien stehen für Interessen, entsprechend strittig waren sie gelegentlich. Im April 2019 sandten mehr als 60 führende Klimawissenschaftler und Vertreter von Vermögensverwaltern einen Brief an den Leiter der IEA, Fatih Birol. Ihr Anliegen war, dass im alljährlichen WEO in Zukunft Zweierlei geändert werde. Im Wortlaut:
1) „Make clear that the New Policies Scenario (NPS) is a business as usual scenario that charts a dangerous course to a world with between 2.7ºC and 3ºC of warming. We recognize that it has always been your intent to warn policymakers of the insufficiency of the NPS, but given the central role it plays in the WEO, most users interpret this scenario as the guiding one. We suggest that the NPS scenario take on another name that more clearly communicates its shortfall. “New Policies” is by now no longer new, and it clearly represents an insufficient level and pace of transformation.“
Hintergrund ist eine Kritik, die einer der Unterzeichner des Briefs vom 2. April 2019 einmal so auf den Punkt gebracht hat:
Der WEO untertreibe die Geschwindigkeit, mit der die Welt auf Energie aus erneuerbaren Quellen umschwenken könnte. Das Ergebnis sei eine Unterstützung weiterer Investitionen in Unternehmen und Infrastrukturen, welche das Geschäft mit fossilen Energien betreiben. Diese Botschaft unterminiere den Kampf gegen den menschgemachten Klimawandel.
„The IEA is effectively creating its own reality. They project ever-increasing demand for fossil fuels, which in turn justifies greater investments in supply, making it harder for the energy system to change,„.
Die zweite Forderung der 60 Klimawissenschaftler und Vermögensverwalter lautete:
2 ) „Develop an updated, fully transparent, ‘Sustainable Development Scenario’’ (SDS) to reflect the full range of ambition of the Paris goals and make this the central reference of the WEO. This scenario should include a reasonable probability (66%) of limiting warming to 1.5ºC; a longer time horizon (beyond 2040); and a precautionary approach to negative emissions technologies.“
Das wurde von der IEA dann, auch wenn es keine offizielle Reaktion auf das Schreiben der 60 gab, weitgehend vollzogen. Doch die Republikaner auf dem Capitol in Washington sahen mit Verdruss, dass den Fossilen mit solcherart Szenarien der Garaus gemacht wurde. Nun ist die Trump Administration mit Energie-Staatssekretär Chris Wright angetreten, die Dinge zu ändern. Genutzt wird dabei der Handwerkskasten der Machtmittel, die der Chef in Washington freigegeben hat: Personalaustausch an der Spitze und Drohung mit dem Entzug von Geldmitteln. Die USA tragen rund 14 % zum Haushalt der IEA bei.
Der Posten des Vize-Chefs der IEA steht traditionell einem US-Amerikaner zu. Gegenwärtig ist es Mary Warlick, aus dem US-Außenministerium, die 2021 unter Biden benannt worden war. Dem Vernehmen nach will die US-Seite aber nicht nur diese Spitzenposition neu besetzt sehen will, sondern auch auf niedrigeren Rängen neues Personal einbringen, welches „von innen kämpfen“ solle.
Zu den Szenarien-Inhalten hat sich der US-Energie-Sekretär bereits öffentlich geäußert. Wright findet insbesondere die Aussage „Nonsens“, dass der Bedarf an Öl und seinen Produkten noch in der aktuellen Dekade seinen Gipfelpunkt erreichen werde. Auch die auf Fakten abstellende Darstellung der IEA, dass die globale Nachfrage nach Erdgas sich bereits im Rückgang befinde, trifft in Washington auf massiven Widerspruch. Im März 2024 haben sich zwei Republikanische Abgeordnete des US Congress an Fatih Birol mit einem Schreiben gewandt, in dem sie im Mehreres vorwarfen, so u.a.
- „the IEA has been undermining energy security by discouraging sufficient investment in energy supplies.“
- „the IEA has become an ‘energy transition’ cheerleader,”
- „President Biden’s decision to ‘pause’ the permitting process for U.S. liquefied natural gas (LNG) exports <has been made> on the basis of IEA forecasts rather than the forecasts of the Department’s own Energy Information Administration (EIA).“
Insbesondere verlangt die Trump Administration, im diesjährigen WEO, der im November 2025 veröffentlicht werden soll, das inzwischen verworfene New Policies Scenario, welches inzwischen zunächst in Current Policies Scenario umgetauft und dann durch das Stated Policies Scenario ersetzt worden war, wieder ‚auferstehen‘ zu lassen. Es würde die wirklichen Trends besser abbilden, lautet das ja nicht falsche „Argument“. Nur wenn die Koordinierung der Investitionen die Funktion der Szenarien ist, dann ist die faktische Korrektheit nicht das angemessene Kriterium für die Wahl eines Szenarien-Zuschnitts.
3 Konsequenzen
Inzwischen gibt es nicht allein eine einvernehmlich beidseits gezeichnete Fassung des Deals; es gibt überdies zwei Dokumente neueren Datums, die brutal deutlich machen, was die gegenwärtige Trump-Administration von ihren Verbündeten in Europa erwartet, welche Ziele sie verfolgt. U.S. Finanzminister Scott Bessent hatte bereits im Frühjahr 2025 die Vision formuliert, dass die USA angesichts ihrer massiven Finanzprobleme Europas sicherheitspolitische Abhängigkeit als Hebel nutzen sollten, um die globale ökonomische Ordnung zu ihrem Vorteil neu zu konzipieren. Der Deal von Turnberry ist die erste Tranche zur Umsetzung dieser generelleren Strategie.
- Die 750 Mrd. $-Passage im (angeblichen) „Trade“-Deal von Turnberry ist von US-Seite völlig ernst gemeint und wird entsprechend verfolgt. US-Energie-Minister Chris Wright tourte durch Europa, bei seinem Besuch in Brüssel hat er eine aufschlussreiche „Pressekonferenz“ gegeben – schon dass der Titel „Pressekonferenz“ offenkundig fake ist, ist aufschlussreich. Seine „Antworten“ auf offenkundig bestellte Fragen sind aller Aufmerksamkeit wert – es soll in zwei Jahren niemand sagen, er habe das nicht geahnt, was die Ziele der USA sind im Tausch mit Worten zur angeblichen Gewährleistung der Sicherheit Europas.
- Höhepunkt an Deutlichkeit ist aber zweifelsfrei Trumps bizarrer „Letter to all NATO Nations and, the World“. Darin behauptet er bereit zu sein, „erhebliche“ Sanktionen gegen Russland zu erlassen, sofern die NATO-Partner diesseits des Atlantiks, also nicht allein die Europäer, Zweierlei getan haben:
(a) Umgehend den Kauf von Öl aus Russland eingestellt haben; und
(b) Zölle von 50 bis 100 % gegen China erheben.
Also wenn sie ökonomische Selbsterdrosselung betreiben, dann würden die USA weitere Sanktionen unspezifierten Umfangs gegen Russland (zur Unterstützung der Ukraine) erlassen. Und das wird öffentlich verkündet, offenkundig ohne jegliche Absicht, darüber hinter verschlossenen Türen ernstlich zu verhandeln – einfach als Oktroi. Welche Form von Regierung hier ins Amt käme, wenn die aktuelle Regierung in Deutschland das, was die USA verlangen, vollzöge, dürfte zweifelsfrei sein.
Das vermag einen Eindruck davon zu geben, wie man als Vasall lebt, weil man total abhängig ist von seinem Lehnsherrn.













