Die CDU/CSU hat keine Linie, wie sie die AfD zurückdrängen kann. Stattdessen mobilisiert der CDU-Vorsitzende Vorurteile gegen Menschen mit Migrationshintergrund.
Die CDU, speziell ihr Vorsitzender, Friedrich Merz, schafft es verlässlich, die öffentliche Debatte zum Thema AfD zu bestimmen. Diesmal mit drei Einlassungen zum Thema Stadtbild, bei denen am Ende unklar bleibt, was sein Anliegen war.
War dies beabsichtigt oder eine spontane Einlassung eines von Vorurteilen getriebenen Kanzlers? Oder einfach am Ende nur hilflos, weil der Union ein Konzept gegen die AfD fehlt? In jedem Fall: wieder einmal wurden ganze Bevölkerungsgruppen aufgrund ihrer Herkunft und Hautfarbe stigmatisiert. Wieder einmal wird die gesellschaftliche Polarisierung verschärft, wieder profitiert so die AfD, ohne auch nur eine einzige eigene Anstrengung zu unternehmen.
Ginge es um eine sachliche Debatte über die Ursachen von Armut, Wohnungsmangel, Verwahrlosung und Sicherheit auf öffentlichen Plätzen und Lösungsmöglichkeiten, wäre das selbstverständlich nicht kritikwürdig. Das betrifft auch das Aufgreifen eines verbreiteten Unbehagens über daraus resultierende Zustände. Aber dies monokausal mit Migrationsfragen zu verknüpfen, ist nicht nur sachlich falsch, sondern zumindest tendenziell rassistisch.
Das dahinter stehende Problem ist die völlig verfehlte Politik der Union gegenüber der AfD. Maßgebliche Teile der Union sind unverändert der Meinung, dass sie nur die Themen, Positionen und den Duktus der AfD aufnehmen muss, um die AfD zu schwächen. Das wird an den Äußerungen von Innenminister Alexander Dobrindt deutlich, als er Merz mit den Worten beisprang: „Ich finde, man sollte schon noch so sprechen können, wie es die Menschen auch empfinden.“ Und Jens Spahn erklärte, Merz habe nur ausgesprochen, „was jeder sieht, wenn er durch Duisburg geht“: „Verwahrlosung, Drogendealer, junge Männer, meistens mit Migrationshintergrund, meistens Osteuropa oder arabisch-muslimischer Kulturraum“.
Dieses Herangehen, sichtbar auch an der Politik der Zurückweisungen an den Grenzen zur EU, hat offenkundig dazu beigetragen, dass die AfD erhebliche Zuwächse verzeichnen konnte und die Union sich in Wahlumfragen mit Mühe auf dem Niveau der rassistischen Partei bewegt. Die ganze öffentliche Diskussion offenbart: die Union hat keine taugliche Strategie gegen die AfD!
Die gerade beendete Strategietagung der CDU zum Umgang mit der AfD hat dies noch einmal unterstrichen. Zwar positioniert sich Friedrich Merz mit klaren Worten und grundsätzlich gegen eine Zusammenarbeit mit der AfD. Inwieweit dies für die Zukunft trägt und insbesondere in den östlichen Bundesländern eingehalten wird, bleibt offen, auch aufgrund der Erfahrungen mit dem Verhalten der Union bei den Abstimmungen zu den Anti-Migrationsanträgen kurz vor der Bundestagswahl. Klar ist in der Mehrheit der Union wohl, dass eine wie auch immer geartete Partnerschaft mit der AfD die CDU/CSU zerreißen, spalten und das Ende als Volkspartei einleiten würde. Insofern steht die Brandmauer.
Diese Positionierung ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, wenn Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zukünftig verteidigt und damit die Grundlagen unseres Zusammenlebens bewahrt werden sollen. Das ist aber nicht mit der Bekämpfung und Schwächung der AfD gleichzusetzen. Hier gibt es seitens der Union keine tragfähige Antwort, sondern Rat- und Hilflosigkeit. Die mit der AfD kooperationswilligen Kräfte in der Union, die auf eine Ent-Radikalisierung der AfD setzen, verkennen, dass die AfD grundsätzlich eine andere Republik will. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre und der konservativen Parteien in Europa zeigen eindeutig, dass jede Annäherung nur zur Stärkung der Rechtspopulisten und zur Schwächung, zur Spaltung, teilweise zur Vernichtung der betreffenden Parteien führt. Die Menschen bevorzugen – das zeigen empirische Studien – immer das rechtspopulistische Original, die Kopie wird verachtet und abgestraft.
Der Politologe Wolfgang Schroeder empfiehlt der Union und dem Kanzler, sich auf die Themen zu konzentrieren, bei denen sie „authentisch ist,…, also auf die Wirtschafts-, Sozial- und Außenpolitik“. Insofern habe Merz Recht, wenn er fordert, dass der „Regierungsstil …besser werden“ und die Regierung daran arbeiten müsse, „die Lebensverhältnisse der Menschen zu verbessern“. Dem ist sicherlich zuzustimmen, wenngleich Inhalte, Stil und Botschaften der Regierung diesen Anforderungen nicht genügen. Auch müsse die Regierung „die Bevölkerung an den Schwierigkeiten des Umbaus dieser Gesellschaft teilhaben lassen und dies durch ein berechenbares, nachvollziehbares Erwartungsmanagement begleiten“ (Prof. Schroeder)
In jedem Fall muss die Union offensiv die Auseinandersetzung mit der AfD führen. Die grundsätzlichen Unterschiede müssen deutlich werden. Ebenso muss die Bereitschaft entwickelt werden, zusammen mit den anderen demokratischen Parteien alle Mittel des Rechtsstaates gegen eine Partei einzusetzen, die das Land und seine demokratische Grundordnung zerstören und in den Untergang führen würde.














Ich finde, der Beitrag bringt klar auf den Punkt: Wenn ein Regierungschef in vagen Begriffen über „Probleme im Stadtbild“ spricht und dabei gezielt Gruppen nach Herkunft oder Aufenthaltsstatus anspricht, dann wird damit eine Debatte befeuert – und nicht nur eine sachliche Diskussion über z. B. Wohnverhältnisse oder Ausgrenzung. Stattdessen wirkt es für mich eher wie ein öffentlicher Ausdruck von Frustration bzw. ein Wink an jene, die ihre politische Stimme bei rechtspopulistischen Parteien suchen.