1. Hintergrund
Da hatte sich Deutschland von russischem Erdgas via Pipelines abhängig gemacht – und bekam das zu spüren durch den schrittweisen Lieferstopp, den neben Russland auch europäische Partner Deutschland aufzwangen. „Partner“ kann man somit in zwei Gruppen aufteilen: Die „zuverlässigen“ und die „unzuverlässigen“.
Ersatzweise hat sich Deutschland an den internationalen LNG-Markt gewandt, mit dessen technisch bedingt weit höheren Preisen. Längerfristig sind es Katar und die US-Firmen, welche Deutschland aus der Patsche helfen sollen – allerdings für die Übergangssituation, auslaufend bis 2050, lediglich. Das ist prekär, denn bis dahin soll der Erdgasverbrauch in Europa stetig sinken, um 2050 Klimaneutralität zu erreichen. Was Katar und die USA an Verflüssigungsanlagen für den Export zubauen, soll aber selbstverständlich weit über 2050 hinaus verfügbar sein bzw. genutzt werden – die wollen deshalb Langfristverträge mit konstanter Abnahme. Die EU-Staaten sind in deren Sicht eher „unzuverlässige“ Kunden, weil sie Verträge mit degressivem Volumen wünschen.
2. Die EU will die Nachfrage aus Europa bei “zuverlässigen” Partnern bündeln
Am 21. Oktober hat die EU-Kommission den Mitgliedstaaten sieben Punkte zur Realisierung vorgeschlagen, um die Energiepreise in Europa herunterzubringen. Da heißt es in Punkt 6:
„Further diversifying our gas supplies by working with reliable and trusted partners such as the U.S., Norway and Qatar, among others, remains essential.
Deshalb werde die Kommission, ein „gas demand collection exercise for companies in South-East Europe“ veranstalten, um wettbewerbsfähige Preise und eine nach Quellenländern diversifizierte Gasversorgung zu erreichen.
Die USA und Katar werden da somit ausdrücklich als verlässliche und vertrauenswürdige Partner bezeichnet. Das wird getan, um sie von Russland abzusetzen, welches, so die Standardformulierung, Europa gegenüber „Energie als Waffe“ eingesetzt habe, Europa mit der Gasabhängigkeit zu erpressen versucht habe. Die Botschaft: Zuverlässige Partner erpressen nicht, setzen ihre längeren Hebel, wenn sie sie haben, nicht ein.
3. Warnung von Katar und Exxon an Europa
Am 3. November dann wurde Wasser in diesen Wein gegossen. Da äußerten sich die CEOs von ExxonMobil (Darren Woods) und QatarEnergy (Saad al-Kaabi, der zugleich Katars Energieminister ist) gegenüber Reuters am Rande des ADIPEC Treffens in Abu Dhabi. Stein des Anstoßes ist die Europäische Lieferkettenrichtlinie. Reuters berichtet, die beiden hätten gewarnt,
„they could stop doing business with the European Union if it does not significantly loosen a sustainability law that could impose fines of 5% of their global revenue. The Directive … would have „disastrous consequences“ if adopted in its current form.“
Die Richtlinie verpflichtet jegliches Unternehmen, das innerhalb des Wirtschaftsraums der EU tätig ist, Menschenrechts- und Umweltrisiken entlang ihren gesamten Lieferketten zu berücksichtigen, und zielt darauf ab, Unternehmen auch für Schäden aufgrund von Tätigkeiten außerhalb Europas zur Rechenschaft zu ziehen.
„… wenn die EU versucht, ihre schädigenden Gesetze weltweit durchzusetzen, wo immer wir Geschäfte machen, wird es unmöglich, dort zu bleiben“, sagte Wood.
Nun werden der inkriminierten Richtlinie eh gerade gemäß einem Omnibus-Vorschlag der Kommission vom 26. Februar 2025 die meisten Zähne gezogen. Aber die von den Verhandlungsführern ausgehandelte abmeiernde Fassung fand im Plenum des Europäischen Parlaments keine Mehrheit. Bundeskanzler Merz zeigte sich darüber erheblich verärgert.
Vor dem Hintergrund der Drohung aus Doha und den USA ist das verständlich.
4. Konsequenzen der EU
Die EU-Kommission reagierte nicht auf die Drohung – die scheint ja auch gegen den Co-Legislator, das Europäische Parlament, gerichtet zu sein. Medial hat das Handelsblatt das Thema aufgegriffen – es passt gut, weil Wirtschaftsministerin Reiche in der zweiten November-Woche zu einem Besuch in Katar angemeldet ist.
Bildquelle: Joachim KohlerBremen, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons













