Man muss der jungen Gruppe in der CDU-Fraktion dankbar sein. Ihr Beharren auf dem Standpunkt, das von der Bundesregierung vorgelegte Rentenreformpaket nicht mitzutragen, weil es nicht zukunftstauglich ist, wird jetzt sogar von 22 namhaften Ökonomen unterstützt. Wenn das nicht in der SPD zu neuer Nachdenklichkeit führt, dann weiß ich es nicht. Denn es ist aus meiner Sicht in erster Linie die SPD, die sich bewegen muss, aber bisher keinerlei Zeichen für eine Kompromissbereitschaft zeigt.
Die SPD überzieht aus der Sicht vieler Kommentatoren ihre Minderheitsrolle in der Koalition. Dass man von seiner Haltung überzeugt ist und sie verteidigt, ist ja nicht verwerflich. Aber ein realistischer Blick auf die Situation müsste eigentlich auch in der Sozialdemokratie zu der Einsicht führen, dass man so nicht weiterkommt. Gleichzeitig sind auch die Unionsanliegen Mütterrente und Aktivrente ganz sicher nicht der Weisheit letzter Schluss.
Gefährlich wird das Ganze dadurch, dass diejenigen innerhalb und außerhalb des Parlaments, die das ganze System sprengen wollen, mehr und mehr Oberwasser bekommen. Denn wenn die Parteien der Mitte nicht in der Lage sind, sich auf vernünftige Linien zu verständigen, dann sind, bei allem Respekt, gegenwärtig weder Grüne noch Linke noch BSW Auffangbecken oder Ventil für Enttäuschung. Denn für sie gilt, wie auch für die kaum noch wahrnehmbare FDP, dass sie alle in der einen oder anderen Weise, etwa in den Bundesländern, mitwirken bei dem, was die beiden großen Parteien CDU und SPD tun oder lassen.
Das Gerede von einer Minderheitsregierung ändert an dieser Situation überhaupt nichts, im Gegenteil. Der Frust über die mangelnde Fähigkeit der Regierung ist nicht nur aufgrund der Rentendebatte mittlerweile so stark geworden, dass leider für viele Menschen eine drastische Abstrafung vorstellbar wird, also ein Denkzettel bei der nächsten sich bietenden Wahl. Ich weiß nicht, wie oft noch gesagt werden muss, dass das Ganze einzig und allein der AfD in die Karten spielt. Deren wirre und unfähigen politischen Vorstellungen sind leider überhaupt kein Hindernis für das Ablassen von Frust und Enttäuschung. Einzig und allein die rechtsradikale Seite der Partei hält viele – noch – davon ab, sich der AfD zuzuwenden.
Der Wunsch nach einer grundlegend anderen Politik, wie er gerade jetzt zum Beispiel vom Verband der Familienunternehmer geäußert wird, darf nicht dazu führen, dass eine rechtspopulistische Partei hoffähig, also wählbar wird. Die einzige Lösung, ja den Ausweg aus dieser Situation können deshalb nur die beiden Koalitionsparteien selbst finden. Schwarz-Rot muss über den eigenen Schatten springen. Und wenn schon der Bundespräsident an die Streithähne appelliert, Kompromisse zu finden, dann ist das mehr als ein Zeichen an die SPD. Dabei liegt auch für mich eine gesichtswahrende Lösung relativ nah: Wiedervorlage im nächsten Jahr, nach Vorliegen der Ergebnisse der ohnehin vorgesehenen Reformkommission. Das wäre nicht nur ein logisches Vorgehen in der Sache, sondern würde auch Dampf aus dem Kessel nehmen. Ich glaube, in der Republik wäre ein deutliches Aufatmen spürbar.













