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A United Ireland „ante portas“? -Ist der mittelfristige Prozess einer Irischen Vereinigung noch aufzuhalten? –

Hubert Krieger Von Hubert Krieger
23. Februar 2020
Wiedervereinigung

Parlamentswahlen in Irland spielen in der deutschen öffentlichen Meinung keine große Rolle. So auch bei den Wahlen am 19.2.2020. Wenn die Wahl überhaupt kommentiert wurde, dann ist vor allem die tiefgreifende Veränderung im irischen Parteiensystem herausgestellt worden. Hier vor allem die Niederlage der Regierungspartei FG (22,9% und 35 Sitzen). Aber auch der zweite Platz nach Stimmen (22,2% und 38 Sitzen) von FF, die als traditionelle republikanische Partei jahrzehntelang die irische Innenpolitik geprägt hat, war unerwartet. Auf der anderen Seite steht der überraschende Wahlsieg nach Stimmen (24,9% und 37 Sitze) der links-nationalen Sinn Fein Partei (1). Einer Partei, die von den etablierten Parteien in der Republik Irland seit vielen Jahren ausgegrenzt wird. Beide etablierten großen Parteien haben folglich vor der Wahl jedwede Zusammenarbeit und Koalition mit Sinn Fein ausgeschlossen. Die Regierungsbildung wird unter diesen Umständen schwierig sein (2). An dieser Stelle soll jedoch der Blick weg vom politischen Tagesgeschäft gerichtet werden. Ist dieses Wahlergebnis eine Wasserscheide mit tiefergehenden und langfristigeren Auswirkungen für die seit 100 Jahren gespaltenen „Grünen Insel“?

Kommt die Vereinigung Irlands näher?

Bei der Wahl zur Dail, dem irischen Parlament im Februar 2020 befürworteten knapp 60% der Wähler ein Referendum mit dem Ziel einer Vereinigung der Insel. Bei der jüngsten Wählergruppe waren es sogar 75% (3). Steht nach dem Ausgang der irischen Nationalwahlen, dem Brexit und der wiederhergestellten gemeinsamen Regierung in NI eine Vereinigung Irlands mittelfristig auf der politischen Tagesordnung? Was sind die Interessen der beteiligten politischen Akteure? Wie sehen es die Menschen in beiden Teilen Irlands? Welches sind die politischen Mechanismen und was ist das mögliche Resultat aus EU Sicht? Oder lösen sich all diese Problem von selbst durch die demographische Entwicklung?

Zum ersten Mal hat bei einer irischen Nationalratswahl mit Sinn Fein eine politische Kraft die Wahl nach der Mehrheit der Stimmen gewonnen, die sich eindeutig und seit langem für die Überwindung der Spaltung und damit für die Einheit Irlands einsetzt. Als ehemalig politischer Arm der IRA bekämpft Sinn Fein seit Jahrzenten die durch die britische Herrschaft erzwungene Spaltung der Insel: Erst mit Gewalt und dann am Verhandlungstisch. Auch wenn der Wahlsieg von Sinn Fein nicht im Wesentlichen auf einem Wahlkampf beruht, der die „Irische Frage“ in den Mittelpunkt gestellt hat, so hat der Wahlsieg von Sinn Fein einen nicht unbedeutenden Kollateral-Effekt, indem hiermit ein politischer Akteur an faktischer und symbolischer Bedeutung gewinnt für den die Frage der Einheit Irlands ein Teil seiner DNA ist.

Sinn Fein ist aktuell in einer historisch günstigen Machtposition, weil die Partei nicht nur eine führende politische Kraft im Süden der Insel ist, sondern zusammen mit der protestantischen DUP seit Januar 2020 wieder die Regierung in Nordirland stellt. Diese Regelung baut auf der s.g. „power sharing“ Vereinbarung des Karfreitagsabkommens von 1998 auf. Erst im Januar dieses Jahres ist diese Regelung auf massiven Druck von Westminister nach dreijährigem Machtvakuum wieder belebt worden. Die Konsequenz: Sinn Fein kann somit in einer Art Zangenbewegung die Vereinigungsfrage voranbringen.

Eine Vereinigung, oder zu mindestens eine breite und ernsthafte gesellschaftliche Debatte mit einer mittelfristigen Zeitperspektive, könnte auch den Brexit auf beiden Seiten der Grenze erträglicher machen. Der vollzogene Brexit und die ausstehenden Verhandlungen für die zukünftigen Beziehungen zwischen der EU und dem UK haben für die irische Insel erheblich Auswirkungen, da sich hier die einzige Landgrenze befindet. Ein nach wie vor möglicher ungeregelter Brexit mit einer – im Extremfall –  harten inneririschen Grenze hätte erhebliche ökonomische, soziale und kulturelle Auswirkungen vor allem im Grenzbereich aber auch insgesamt für beide Teile Irlands. Selbst bei einer wirtschaftlichen Grenzziehung in der Irischen See sind negative Effekte nicht auszuschließen. Dies steht im Kontext mit einer starken Opposition in NI gegen den Brexit, der auch von weiten Teilen der Wählerschaft der protestantischen DUP und von Wählern im Grenzbereich getragen wird.

Auch wenn mit dem Brexit die „Irlandfrage“ nicht länger ein inneres Problem der EU ist, so bleibt der cleavage zwischen einem mehrheitlich protestantischen Norden und einem mehrheitlich katholischen Süden Irlands weiterhin eine zentrale politische Konfliktlinie im Herzen Europas. Mehr als 3500 Tote und 10 tausende von Verletzen als Resultat des inneririschen Bürgerkrieges haben tiefe Wunden hinterlassen. Im Zusammenhang mit dem Brexit wurde von der irischen Regierung und auch von der EU massiv das Wiederaufflammen dieses blutigen Konflikts befürchtet. Auch wenn sich diese Befürchtungen nicht bewahrheitet haben, so zeugen sie von der großen politischen Bedeutung, die diesem Konflikt zugemessen wird.

Was sind die Interessen?

Protestantischen Parteien in NI lehnen eine Vereinigung mit der Republik seit dem Bestehen der Spaltung Irlands radikal ab. Sinn Fein als Pan-Irische Partei in Nord und Südirland ist das andere Extrem als radikaler Befürworter. Die beiden traditionell größten Parteien in der Republik FF und FG scheinen momentan an einer unmittelbar Vereinigung nicht sonderlich interessiert zu sein (4).

Bei der Regierung in London ist die unmittelbare Interessenlage darauf ausgerichtet, dass UK in all seinen Bestandteilen zusammenzuhalten. Ein Austritt oder eine Abspaltung von NI könnte im Kontext des Brexits Abspaltungsbemühungen in Schottland weiter beschleunigen und möglicherweise auch in Wales zu Unabhängigkeitsbestrebungen führen. Für einen Austritt aus dem UK sprechen aus britischer Sicht substantielle finanzielle Verpflichtungen in Höhe von bis zu 10 Mrd Pfund Sterling pro Jahr. Die Höhe dieser Subventionen für NI von Westminster ist sicherlich auch ein Grund für die Zurückhaltung der traditionellen irischen Parteien für eine baldige Vereinigung, da die NI Wählerschaft zuerst einmal Subventionen von der Republik in gleicher Höhe erwarten würde.

Was wäre ein möglicher Rahmen für eine Vereinigung?

Die „Karfreitags-Vereinbarung“ von 1998 bietet eine Plattform für einen solchen Prozess, an dem die beiden Regierungen in Dublin und London und die Wählerschaft in Nord und Südirland beteiligt werden müssten.

In einem Hauptteil der Vereinbarung, der sich mit konstitutionellen Fragen der Beziehungen der Republik Irland, NI und dem UK befasst, sind die Bedingungen festgelegt für einen Prozess der Vereinigung:

“The participants endorse the commitment made by the British and Irish Governments that, in a new British-Irish Agreement replacing the Anglo-Irish Agreement, they will:

(i) Recognise the legitimacy of whatever choice is freely exercised by a majority of the people of Northern Ireland with regard to its status, whether they prefer to continue to support the Union with Great Britain or a sovereign united Ireland;

(ii) Recognise that it is for the people of the island of Ireland alone, by agreement between the two parts respectively and without external impediment, to exercise their right of self-determination on the basis of consent, freely and concurrently given, North and South, to bring about a united Ireland, if that is their wish, accepting that this right must be achieved and exercised with and subject to the agreement and consent of a majority of the people of Northern Ireland”.

D.h. wenn ein Referendum für die Vereinigung sowohl in NI als auch in der Republik Irland eine Mehrheit erhält, dann werden sowohl die UK Regierung als die irische Regierung diesen Willen der Bürger in beiden Teilen Irlands Rechnung tragen. Somit bietet die Vereinbarung einerseits einen Minderheitenschutz für die Protestanten in NI, so lange sie die Mehrheit in NI stellen und andererseits einen Rahmen für die Nationalisten im Norden und Süden der Grenze einen Vereinigungsprozess anzustreben.

Was wollen die Bürger auf beiden Seiten der Grenze?

Zuerst einmal ein Blick auf die Situation in der Republik Irland. Hier gibt es im Februar 2020 eine klare Mehrheit für eine Vereinigung: Bei der Nachwahlumfrage sprachen sich 57% für ein Referendum für die Einheit Irlands aus; 40% waren dagegen und 3% hatten keine Meinung. Das Ergebnis zeigt nicht nur eine klare Mehrheit für eine Abstimmung sondern auch, dass dies ein Thema ist, was weit diskutiert wird und wozu jeder in der Republik eine klare Meinung hat. Bei den Altersgruppen ist die hohe Unterstützung bei den 18-24 Jährigen von 75% eine Überraschung. Aber auch bei allen anderen Altersgruppen gibt es eine klare Unterstützung mit Ausnahme der über 65jährigen, wo sich Befürworter und Ablehner die Waage halten. Bei den Wählern von Sinn Fein hat das Referendum mit 81% die größte Unterstützung, während die Wähler von FG und von Labour ein Referendum mehrheitlich knapp ablehnen. Die Wähler von FG spiegeln somit die eher skeptische Haltung der bisherigen FG-geführten irischen Regierung Leo Varadkar wieder.

Bei den Wählern Im Norden ergibt sich im September eine schwächere Unterstützung und dies auf einer unsichereren Datenbasis: Folgt man der Lord Ashcroft Umfrage vom Herbst 2019, so gibt es eine ganz knappe Mehrheit in Ulster von 46 zu 45 % der Wähler, die bei einem Referendum für eine Vereinigung und damit gegen einen Verbleib im UK stimmen würden (5). Wie in der Republik waren es vor allem die jüngeren Wähler, die eine Vereinigung befürworteten, während die über 65 Jährigen in NI mit einer klaren Mehrheit von 55% zu 34 % eine Vereinigung ablehnten. Aus der Sicht von Lord Ashcroft reflektiert diese stärkere Pro-Vereinigungs-Aspiration in NI, die Unsicherheiten, die durch den Brexit Prozess entstanden sind.

Dies spiegelt sich auch in den Daten des jährlich in NI repräsentativ erhobenen Life and Times Survey wider. Von 2016 bis 2018 ist die Zahl derjenigen Wähler in NI, die davon ausgehen, dass der Brexit die Vereinigung Irlands wahrscheinlicher macht von 26% auf 38% gestiegen, gleichzeitig ist die Zahl der Wähler, der keinen Einfluss durch den Brexit sieht von 51% auf 35% gesunken (6).

Gleichzeitig liefert der Survey ein anderes Bild für den Zeitraum 2016-2018 hinsichtlich einer Präferenz der Nordiren für eine Vereinigung. Folgt man diesen Ergebnissen, so ist nur ein Fünftel der Wähler konstant über die 3 Jahre hinweg für die Vereinigung, während zwei Drittel  einen Verbleib im UK entweder in der Form von „direct rule“ oder „devolved rule“ befürwortet. Wenn man beide Ergebnisse zusammensieht, so muss man wohl ein Fragezeichen über die Ergebnisse von September 2019 machen, da dies einen massiven Stimmungsumschwung in NI innerhalb eines Jahres bedeuten würde.

Und In der Zukunft?

Unabhängig von ihren Präferenzen: Was erwarten die Wähler in NI hinsichtlich der zukünftigen Entwicklung? In der Umfrage von Ashcroft 2019 wurde gefragt, wie die Wähler die Entwicklung in 10 Jahren sehen. Hier gab es eine deutliche Mehrheit für eine erwartete Vereinigung nach einem Referendum, wie es im Karfreitags-Abkommen vereinbart ist. Nur ein Drittel der Befragten glaubten nach einer solchen Abstimmung in 10 Jahren an einem Verbleib im UK. Auch hier gibt es einen deutlichen Niveau-Unterschied zum „Life and Times Survey“ für 2016-2018 kombiniert mit einer zeitlichen Entwicklung, die in eine ähnliche Richtung zeigt. Hiernach waren in 2016 zwei Drittel der NI der Meinung, dass in 20 Jahren eine Vereinigung sehr oder ziemlich unwahrscheinlich sei. In 2018 hat sich dieser Anteil auf unter 48 reduziert. Auch an dieser Stelle besteht ein nicht unerheblicher Unterschied in den empirischen Ergebnissen: Einerseits ein starker Optimismus für eine Vereinigung in 2019 und andererseits eine bedeutend stärkere Skepsis in 2018

Kommt die Vereinigung durch die „Demographische Hintertür“?

Als die Trennung von Nord und Südirland von der britischen Regierung Anfang der 1920iger Jahre verhandelt und vollzogen wurde, hatte NI eine klare protestantische Mehrheit von 65 zu 35%. Ein Jahrhundert später bleiben zwar die Protestanten die größte Bevölkerungsgruppe, aber der Unterschied hat sich auf 48 zu 45% reduziert. Demographen wie Peter Shirlow, der Direktor des „Institutes for Irish Studies“ an der Universität Liverpool prognostiziert in 5-10 Jahren eine klare katholische Mehrheit in NI. Hiermit würden die nationalistischen und pan-irischen politischen Kräfte in NI in der Mehrheit sein. Und damit wäre die Vereinigung kaum noch aufzuhalten.

Unterhauswahlen Ende 2019 in NI: Ende der politischen Dominanz der Unionisten?

Diese Veränderung macht sich auch heute schon politisch bemerkbar. Bei den Wahlen zum britischen Unterhaus vom 12 Dezember 2019 verlor die Unionistische Partei die relative Mehrheit der Sitzung im Parlament von Westminister. Die DUP konnte nur noch 8 von 18 regionalen Sitzen in NI gewinnen (-2) während die nationalistischen Parteien auf 9 Sitze kamen und ein Sitz an die unabhängige Alliance Partei ging (7). Gleichzeitig fiel der Stimmenanteil von Sinn Fein um 6,7 PP, während der Stimmenanteil gemäßigter Nationalisten und der „Community übergreifenden“ Alliance Partei auf 16,8% (+8,9 PP) stieg. Auch der DUP Stimmenanteil reduzierte sich um 5,4 PP auf 30,6%.

Diese Wahlergebnisse zeigen auch eine gewisse Schwäche von Sinn Fein im Norden. Inwieweit diese Schwäche nur darauf zurückzuführen ist, dass Sinn Fein für 3 Jahre aus der gemeinsamen Regierung ausgetreten ist, bleibt abzuwarten. Die Wähler von Sinn Fein haben sich im Dezember 2019 eher den gemäßigten nationalistischen Kräften (SDLP) zugewendet.

Vereinigung verbunden mit Überwindung der religiösen, sozialen und kulturellen Barrieren?

Untersuchungen zeigen, nach dem „Good Friday Agreement“ von 1998 haben sich die Beziehungen zwischen den Bevölkerungsgruppen in NI erheblich verbessert. In 2018 sah die Hälfte der Befragten in NI eine Verbesserung der Beziehungen zwischen beiden Gruppen und nur 8% eine Verschlechterung in den letzten 5 Jahren. 40% aller Nordiren sehen für die nächsten 5 Jahre eine stärkere Kohäsion und nur jeder Zwanzigste ist hier pessimistisch.

Für das Verhältnis beider Bevölkerungsgruppen ist auch das persönliche Umfeld wichtig. 80% der Nordiren würden am liebsten in einer gemischten Nachbarschaft leben. Nur 1 von 5 Befragten möchte in einer homogenen Nachbarschaft leben. Der wichtigste persönliche Sozialraum ist und bleibt die Familie. 83% der Nordiren sagen, sie hätten keine Probleme mit einer Heirat innerhalb der Familie über die Religionsgrenze hinweg. Ein ebenfalls deutlicher Beweis, für die gestiegene soziale Kohäsion.

Die Beziehungen in Nordirland beider Bevölkerungsgruppen bewegen sich von einem eher friedlichen Nebeneinander, einer friedlichen Ko-Existenz; hin zu neuen interkulturellen Beziehungen oder zu mindestens hin zu einem verstärkten Wunsch nach interkulturellen Beziehungen (8).

Drivers and barriers

Damit wird der Trend der Überwindung historisch gewachsener sozialer und kultureller Barrieren in NI und auch der Republik Irland zu einer starken Triebkraft einer möglichen Vereinigung Irlands. Die Offenheit der jüngeren Generation in beiden Teilen Irlands gibt dieser Dynamik einen zusätzlichen Schub. Hier kann man optimistisch sein, da die junge demographische Struktur in der Republik Irland wesentlich in den letzten 30 Jahren dazu beigetragen hat, die konservativen Kräfte in der Gesellschaft zurückzudrängen. Die Welle der kulturellen Liberalisierung der süd-irischen Gesellschaft könnte jetzt auf die Vereinigungsfrage überschwappen?

Die traditionelle politische Klasse in der Republik Irland wird mit sich zu Rate gehen müssen, ob sie bereit ist, der irischen Bevölkerung den finanziellen Preis einer Vereinigung zuzumuten. Mit der Stärkung von Sinn Fein ist jetzt ein politischer Gegenspieler entstanden, der den Einfluss der traditionellen Kräfte erheblich schwächen wird. Die Erfolgsaussichten im inneririschen Bereich hängen wesentlich davon ab, wie der Vereinigungsprozess organisiert wird. Inwieweit wird es gelingen einen offenen und beteiligungsorientierten Prozess zu organisieren? Inwieweit können die unionistischen Kräfte in NI in diesen Prozess konstruktiv mit einbezogen werden?

 Die größte Barriere mittelfristig wird die Furcht britischer Mainstream Politics sein, dass ein Ausscheren von NI aus dem Vereinigten Königreich einen Austritt Schottlands und damit das Ende des UK bedeuten könnte. Hiermit würde der Status Großbritanniens als politische, ökonomische und militärische Mittelmacht weiter geschwächt. Es stellt sich die Frage, ob dies geopolitische im Interesse der EU ist? In Europe bleibt das UK weiterhin ein wichtiger strategischer Partner. Ohne die militärischen Fähigkeiten der Briten kann die Union ihr Ziel eines autonomen Machtzentrums kaum erreichen (9). Dieser u.a. auch angesichts wachsender Unsicherheiten über die Rolle der USA in Europe.

Dem gegenüber steht seit vielen Jahren eine Distanz bestimmter Teil der politischen Klasse in England gegenüber der historischen Bindung an NI. Die ökonomische Bilanz ist hier seit Jahrzehnten negativ. EU Subventionen haben hier lange Zeit für einen Ausgleich gesorgt. Die nicht unbeträchtlichen und weiterhin steigenden jährlichen finanziellen Verpflichtungen und Subventionen aus dem britischen Haushalt für NI stellen einen wichtigen Anreiz dar, dieses post-koloniale Engagement in NI zu beenden.

Aber auch die politische Klasse in der Republik Irland wird mit sich zu Rate gehen müssen, ob sie bereit ist, der irischen Bevölkerung den finanziellen Preis einer Vereinigung zuzumuten.

Die Erfolgsaussichten hängen auch wesentlich davon ab, wie der Vereinigungsprozess organisiert wird. Inwieweit wird es gelingen einen offenen und beteiligungsorientierten Prozess zu organisieren? Inwieweit können die unionistischen Kräfte in NI in diesen Prozess mit einbezogen werden?

Darüber hinaus, wird auch die geplante politische und staatliche Struktur eines vereinten Irland wichtig sein, für den Erfolg der Vereinigung. Möglicherweise könnte hier eine föderative Struktur hilfreiche sein, mit einer weitgehenden Dezentralisierung und regionalen Zuständigkeit für Erziehung, Gesundheit, innerer Sicherheit und weitere Bereiche der Daseinsfürsorge. Auch eine eigene Finanzbasis der Regionen wäre hierbei wichtig.

Was bedeutet dies für die EU?

Unmittelbar sind die Beziehungen auf der irischen Insel vom Ausgang der Brexit Verhandlungen abhängig. Sollte es zu keiner Vereinbarung zwischen EU und UK über die zukünftigen Beziehungen kommen, dann droht weiterhin ein „harter“ Brexit.  Eine logische Konsequenz wäre dann aus EU Sicht, einen Vereinigungsprozess aktiv zu unterstützen, weil damit die „Irische Frage“ substantiell gelöst wäre. Diese würde natürlich auf britischer Seite aus den o.g. Gründen zu Gegenreaktionen führen. Hier wären Kosten und Nutzen gegeneinander abzuwägen.

Sollte es auf mittlere Sicht zu einem „bottom up“ Vereinigungsprozess kommen, der von einer zunehmenden Zahl von Menschen im Norden und im Süden getragen wird, dann sollte die EU auch diesen Prozess aktiv politisch und finanziell unterstützen. Kommt es am Ende zu einer Vereinigung, könnte vielleicht die Europäische Union für eine begrenzte Zeit hierzu einen finanziellen Beitrag leisten?

(1) Der Unterschied zwischen dem Anteil an Stimmen und dem Anteil an Sitzen ergibt sich Besonderheiten des irischen Wahlsystems.
(2) Thüringen lässt grüßen!
(3) Irish Times 10.2.2020, S.5
(4) Der Führer von FG und Taoiseach, Leo Varatkar, kommentierte zum Beispiel den Erfolg der nationalistischen Parteien in NI bei den Unterhauswahlen im Dezember 2019 („tectonic result“) nicht als ein Indiz für eine verstärkest Momentum für einen Vereinigungsprozess. Er empfahl, die Parteien in NI sollten sich auf eine Wiederherstellung der gemeinsamen Regierung in NI konzentrieren. Mehr hierzu: The Guardian, 14.12.2019, S.19
(5) Irish times vom 11.9.2019; Lord Ashcroft, a former Conservative peer, has been an independent public pollster of British political opinion since 2010.
(6) Leider liegen hier noch keine Zahlen für 2019 vor.
(7) Financial Times vom 14 Dezember 2019, S.7
(8) Hierbei ist natürlich zu beachten, dass es in einigen Hotspots in NI weiterhin eine große Bitterkeit und Feindseligkeit gegenüber dem NI Staat und gegenüber der anderen Bevölkerungsgruppe gibt. Aber diese Gruppen sind weitgehend isoliert.
(9) „Die Zeit“30.1.2020, S 5.

Bildquelle: Pixabay, Bild von PublicDomainPictures, Pixabay License


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