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Die deutsche Gesellschaft ist nicht gespalten – Nur die rechten Pöbler sind lauter

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
31. Dezember 2024
Anti AfD-Plakat

Nein, ich habe keine Angst vor einem Krieg, auch nicht vor Terroristen, nicht vor dem Klimawandel und schmelzenden Polkappen, ich fürchte mich auch nicht vor Migranten, nicht vor Putin und habe deshalb auch keine Angst vor der Zukunft. Wenn ich Bilanz ziehe am Ende des Jahres, waren die letzten 12 Monate nicht so schlecht, wie das gelegentlich dargestellt wird. Manches liest sich eher wie Agitation, aus der Feder des reichsten Mannes der Welt, Elon Musk.  Der Mann mag Einfluss nehmen auf den bald mächtigsten Mann der Erde, Donald Trump, aber solange wir beieinander bleiben, uns nicht spalten lassen, sorge ich mich nicht. Meine Zuversicht speist sich aus dem, was in den ersten Monaten des Jahres 2024 auf Deutschlands Plätzen geschah. Als es Berichte gab über ein Geheimtreffen Rechtsextremer in einem Potsdamer Hotel, bei dem darüber  diskutiert wurde, Migranten durch Remigration abzuschieben, also Millionen von hier lebenden Ausländern und Deutschen mit Migrationshintergrund  rauszuschmeißen,  gingen Hunderttausende Deutsche auf die Straße und protestierten lautstark gegen diese menschenverachtenden Pläne. Plötzlich erinnerten sie sich des Grundgesetzes, das in diesem Jahr sein 75jähriges Bestehen feierte, und sie alle, wir alle stellten uns hinter die im Grundgesetz festgeschriebene Würde des Menschen, die für alle gilt, für alle lebenden Menschen, gleich welche Hautfarbe sie haben, gleich welcher Religion sie angehören. Das ist Deutschland, das ist die breite Mitte der Gesellschaft, die nicht gespalten ist und die mehr ist als die lauten polarisierenden Ränder, die uns alle zuvor mit ihrem Geschrei und ihren Parolen übertönten.

Das ist die Bundesrepublik. Der Bundeskanzler hat Recht, wenn er in seiner Neujahrsansprache das herausstellt. Bei allen Problemen, die wir haben und die es zu lösen gilt, bleibt dieses Land ein Land. Mehr Zuversicht, erhofft sich Olaf Scholz von den Bürgerinnen und Bürgern, die zugleich die Wählerinnen und Wähler sind, die am 23. Februar aufgerufen sind, ein neues Parlament zu wählen, aus dessen Mitte dann der Kanzler gewählt wird. Aller Voraussicht nach wird das nicht der SPD-Amtsinhaber sein, seine Ampel-Regierung ist längst Geschichte. Der nächste Bundeskanzler wird wohl Friedrich Merz heißen, mit welcher Koalition er regieren kann, ist aus heutiger Sicht schwer zu prognostizieren. Ich setze darauf, dass der Übergang von der einen zur anderen Regierung, von dem einen zum anderen Kanzler geordnet vor sich geht. Wir sind nicht Amerika, wir haben keine Republikanische Partei, wir haben keinen Politiker wie Donald Trump, ein vorbestrafter Mann, ein notorischer Lügner, der Frauen belästigt und diskriminiert. Und hier im Lande würde ein Präsident/Kanzler nicht über dem Gesetz stehen. Bei uns wird ein abgewählter Bundeskanzler nicht seine Anhänger aufwiegeln, den Bundestag/Reichstag zu stürmen. Allein dieser kriminelle Vorgang zu Beginn der Amtszeit von Joe Biden ist bei uns nicht vorstellbar, der Täter wurde nicht einmal bestraft. Immerhin gab es Tote.

Die Schreckenstat von Magdeburg hat viele erzürnt, in Angst versetzt. Dass es wieder passierte wie damals am Breitscheidplatz in Berlin, dass wieder ein Täter mit seinem Auto mit voller Fahrt in die Menschenmenge des Weihnachtsmarktes in Magdeburg raste, fünf Menschen tötete und über 200 zum Teil schwer verletzte. Ein schlimmer Tag war das für alle, für die Angehörigen der Opfer. Der Täter war offenbar ein psychisch kranker Mann, ein  Arzt, der seit vielen Jahren hier lebt und arbeitet. Es wird zu prüfen sein, wo es Versäumnisse gab, Fehler, ob der Mann früher hätte festgesetzt werden müssen, weil es wohl Drohungen aus seinem Mund gab. Wir sollten uns vor Vorverurteilungen hüten, sie nützen nur denen, die aus dem furchtbaren Ereignis Kapital schlagen wollen. Wie das Alice Weidel versucht hat. Um unser politisches System zu zerstören, die Demokratie. Gegen Hass und Hetze von Rechts müssen wir uns erheben, sie darf uns nicht anstecken. Der Feind steht rechts. Und dazu zählt offensichtlich einer wie Elon Musk. Es ist traurig, wenn eine Zeitung wie die Welt am Sonntag einen Gastbeitrag des Trump-Beraters Musk veröffentlicht, indem dieser behauptet, die AfD sei der „letzte Funken Hoffnung“ für ein angeblich wirtschaftlich und kulturelle angeschlagenes Deutschland. Das war und ist pure Agitation. Es war und bleibt verantwortungslos, dass die beiden Chefredakteure des Blattes dieses rechte Machwerk in der WamS haben drucken lassen. Auch wie Musk Vorwürfe an die Adresse der AfD und damit auch an deren Kanzlerkandidatin Weidel abbügelte, sprach für sich und hätte niemals in einer deutschen Zeitung, die etwas auf sich hält und die Werte dieses Landes, abgedruckt werden dürfen. Anders als Herr Musk, der Wahl-Werbung für eine rechtsradikale Partei wie die AfD betreibt, den Kanzler und den Bundespräsidenten beschimpft und das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ als „korrupt“ hinstellt, ist die AfD nach eindeutiger Einschätzung des Verfassungsschutzes in weiten Teilen rechtsextrem. Sie gehört verboten. Die Springer-Chefs sollten sich schämen.

Magdeburg ist passiert, es wird wieder passieren, an einem anderen Ort durch andere Täter, auch wenn wir noch so aufpassen. Eine hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht. Darauf hat NRW-Innenminister Herbert Reul(CDU) mehrfach hingewiesen. Aber der Anschlag von Magdeburg hat auch die andere Seite dieser Gesellschaft gezeigt, die menschliche. Ich zitiere aus dem im Internet veröffentlichen Klinik-Bericht, aufgeschrieben vor Weihnachten:  „Als wir vor knapp 72 Stunden den Massenanfall von Verletzten bei uns im Klinikum ausrufen mussten, waren sie alle da: Mitarbeitende aus über 20 Nationen. Sie warteten auf den ersten Krankenwagen. Und als dieser da war, auf den zweiten. Und dritten. Und vierten. Und.. Es spielte keine Rolle, aus welchem Land jemand kam. Oder welcher Religion er angehörte. Menschen halfen Menschen, weil sie Menschen waren. Das ist auch jetzt, Tage nach der Amok-Fahrt so und wird immer so sein. Denn das Klinikum Magdeburg ist ein Ort, an dem Hass und Hetze keinen Platz haben. An dem es keinen Unterschied macht, welchen Vornamen Du hast. Oder welchen Nachnamen. Was zählt ist der Mensch. Mag sein, dass das einige anders sehen. Doch nur, weil sie laut brüllen, sind sie nicht viele. Nur weil sie Angst verbreiten wollen, dürfen wir nicht zulassen, dass die Angst siegt. Unser Krankenhaus wäre ohne die Kolleginnen und Kollegen aus anderen Ländern von heute auf morgen dicht. Wir hätten also nicht helfen können, als es darauf ankam. Wir hätten die Erwachsenen und Kinder nicht retten können. Respekt ist nicht nur ein Wort für Sonntagsreden. Respekt muss gelebt werden. Wir tun dies. Jeden Tag. Danke noch mal an das ganze Haus.“

Auch das ist Deutschland, das humane Gesicht eines Landes, vor dessen Zukunft ich mich nicht fürchte. Wir alle sind Deutschland, nicht die Krakeeler auf der rechten Seite, denen wir das Land nicht überlassen dürfen. Sie wollen es kaputt machen, was unsere Eltern nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Ruinen des verlorenen Krieges aufgebaut haben. Angst ist ein schlechter Ratgeber. Die Politiker sollten entschlossen die Probleme angehen und nicht nur darüber reden und den politischen Mitstreiter in Misskredit ziehen. Alle Demokraten sind gefordert, es ist ihr Land, für das sich zu kämpfen lohnt. Miteinander, hat der Kanzler gesagt und den Zusammenhalt der Gesellschaft eingefordert. Und was die Jungen angeht, die ja die Zukunft der Republik sind, muss man sich auch nicht fürchten. Drei Viertel von ihnen sind mit der Demokratie im Großen und Ganzen zufrieden. Junge Menschen interessieren sich mehr für Politik als in früheren Jahrzehnten, auch das zeigt die Shell-Studie. Es ist an der Politik, dieses Interesse der Jungen an der Politik und der Demokratie aufzunehmen und ihnen zu zeigen, was Politik ist, dass ihre Politik die Zukunft sichert, ihre und unsere. Der Kanzler hat Recht: Es ist Zeit für Zuversicht.

Urban Priol, der große Kabarettist, schloss seine Bilanz des Jahres mit dem feinen Satz: „Heute ist morgen schon die gute alte Zeit von gestern.“

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