Ist es Panik oder Realitätsverweigerung? Das Generalvikariat der Erzdiözese Köln in der Kardinal-Frings-Straße scheint zu einer Wagenburg geworden zu sein, in der die Welt da draußen als Feindesland wahrgenommen wird.
Dass in dieser Welt Erzbischof Rainer Maria Woelki nicht als Sympathieträger wahrgenommen wird, belegte jüngst ein „Köln Check“ des Forsa-Instituts, in dem die Beliebtheit oder Unbeliebtheit von Institutionen und öffentlichen Personen der Stadt nachgefragt wurde. Besonders groß darin die Unzufriedenheit mit dem Erzbischof. Nur drei Prozent der Befragten waren mit der Arbeit von Woelki zufrieden. Ein Desaster für den Oberhirten, den die FAZ in der letzten Woche als „Ritter der traurigsten Gestalt“ unter deutschen Bischöfen bezeichnete.
Statt die verheerenden Werte in Demut zu ertragen, keilte die Pressestelle gegen den angesehenen Chefkorrespondenten des Kölner Stadtanzeiger, Joachim Frank, und machte ihn indirekt verantwortlich für die miesen Woelki-Werte. Eine abstruse Wutattacke. Frank hatte die Befragung, die vom Stadtanzeiger und der Kölnischen Rundschau in Auftrag gegeben worden war, lediglich redaktionell betreut.
Binnen weniger Tage war das der zweite Angriff, den die Wagenburg gegen den renommierten Journalisten fuhr. Die ganz große Keule hatte der Amtsleiter der Kirchenbehörde, Frank Hüppelshäuser, geschwungen und Frank, studierter Theologe und Vorsitzender der Gesellschaft katholischer Publizisten und Mitglied im Zentralkomitee deutscher Katholiken, in einem Offenen Brief frontal angegriffen. Gipfelnd in der Behauptung: „Joachim Frank – Ihre Berichterstattung ist menschenverachtend“. Anlass für diese „ungeheuerliche Entgleisung“ (FAZ) war ein Bericht Franks und weiterer Kollegen des Stadtanzeigers über die Einweihung eines „Erzbischöflichen Bildungscampus“. Darin waren Eltern, Schüler und Besucher zu Wort gekommen, die sich beschwerten, dass ihnen von der Schulleitung das Tragen von Regenbogensymbolen der queeren Bewegung verboten worden sei. Angeblich mit der Begründung, wie die Zeitung einen Vater zitierte: Der Kardinal wolle das nicht.
Für die bischöfliche Wagenburg war das Anlass, um mit der gesamten Berichterstattung Franks über Missstände in der Diözese abzurechnen. Wegen seiner kritisch-investigativen Arbeit – beispielsweise im Missbrauchsskandal – wird der Journalist weit über Köln hinaus geschätzt und wurde mehrfach ausgezeichnet.
Der Generalsekretär des Zentralkomitees der Katholiken, Marc Frings, nahm Frank gegen die Attacken in Schutz: „Wir nehmen die öffentliche Kritik des Erzbistums an unserem Mitglied Joachim Frank mit Unverständnis zur Kenntnis“.
Die Chefredaktion des Stadtanzeigers verwahrte sich gegen die Verunglimpfung ihres Chefkorrespondenten. Chefredakteur Gerhard Selch schrieb an den Kardinal und seinen Amtsleiter: „Ihre Diffamierungen, gipfelnd in dem Begriff „menschenverachtend“ verlassen den akzeptablen Diskursraum… Dies ist eine Grenzüberschreitung der Institution katholische Kirche gegenüber der freien Presse und deren Vertretern“.
Dass die Akzeptanz des Kardinals nicht nur in der Bevölkerung, sondern auch bei seinen priesterlichen Amtsbrüdern nicht besonders hoch ist, lässt sich daran ermessen, dass niemand den bischöflichen Attacken gegen Joachim Frank zur Seite sprang. Treffend hat die Haltung einmal der in Köln populäre Sozialpfarrer Franz Meurer formuliert: „Er will das Beste, macht aber das Falsche. Er will Recht behalten, auch wenn das Vertrauen in die Kirche verdunstet.“
Recht behalten, das ist auch die Devise bei den katastrophalen Werten der Forsa-Umfrage. Die Pressestelle kontert, die Teilnehmerzahl bei der Fronleichnamsprozession mit 3000 Gläubigen spreche eine andere Sprache und sei Beweis für Woelkis Beliebtheit. Eine Lesebriefschreiberin kommentiert das so: „Dass Kardinal Woelki seine Beliebtheitswerte mit der Teilnehmerzahl an der Fronleichnamsprozession verknüpft, ist ja wohl ein schlechter Witz. Ich kenne Leute, die nehmen an der Fronleichnamsprozession teil, weil sie ihren Glauben leben wollen, auch wenn sie den da vorn nicht leiden können.“
Recht hat sie. Nur leider ist diese Verirrung kein Witz, nicht einmal ein schlechter, sondern ein düsteres Indiz, dass man in der Wagenburg den Kompass verloren hat.














Wir schätzen Joachim Frank seit vielen Jahren als einen unbestechlichen, sachlichen und überaus kompetenten Journalisten und lesen jeden seiner Artikel – nicht nur die über die Katholische Kirche. Ihm ist zu danken, dass der üble Kindesmißbrauch durch katholische Amtsträger nicht, wie ansonsten zu befürchten wäre, unter den Teppich gekehrt werden konnte. Das allein gereicht ihm zur Ehre!
Wir wünschen uns, dass Joachim Frank sich nicht durch die Attacken der offiziellen Amtskirche beeindrucken lässt. Im Gegenteil: sie sollte ihm Ansporn sein!