Auch wenn Kommunalwahlen und speziell die Stichwahlen Persönlichkeitswahlen sind, ist das Ergebnis in Dortmund für die SPD ein Schlag ins Kontor: Erstmals seit 1947 stellt in der ehemaligen Bier- und Stahlstadt, der Heimat des großen BVB, die CDU den Oberbürgermeister, erstmals nach dem 2. Weltkrieg verliert die SPD in der Stadt, die der legendäre Herbert Wehner mal als Herzkammer der SPD bezeichnet hatte, eine Wahl. Der neue OB von Dortmund, man muss sich den Namen noch merken, heißt Alexander Kalouti, Amtsinhaber Thomas Westphal ist der Verlierer des Abends. Das ist eine Sensation, die alles andere überlagert.
Fragt man SPD-Kenner aus Dortmund, zeigen sie mit dem Finger auf Westphal, erwähnen dessen Arroganz, Hilfe von Genossen habe er abgelehnt ebenso wie ein Gespräch mit den Grünen nach der verlorenen ersten Runde. Die Folge: die Grünen empfahlen die Wahl des CDU-Kandidaten, den vor Wochen in der Stadt kaum jemand kannte.
Kalouti ist in Beirut, der Hauptstadt des Libanon, geboren. Er war zuletzt als Leiter der Presseabteilung im Dortmunder Theater tätig. Politisch aktiv war Kalouti bisher eher im Hintergrund, so im Bayerischen Wirtschaftsministerium. Der 57jährige macht für sich geltend, Dortmund zu einer „Modellstadt für Innovation und Zusammenhalt“ machen zu wollen. Er war auch mal Mitglied der FDP, ehe er zur CDU wechselte. Das Ergebnis von Dortmund muss die Spitze der SPD in Düsseldorf und in Berlin umtreiben. Wenn man nicht mal mehr Dortmund gewinnen kann…
CDU Gewinner der Stichwahlen
Insgesamt kann die CDU das Ergebnis der Stichwahlen bejubeln, Landeschef und NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst hat offensichtlich nicht viel falsch gemacht, er hat NRW im Griff, ein Land, das 40 Jahre von der SPD regiert worden war, zur Zeit von Johannes Rau galt die Partei in NRW und namentlich im Ruhrgebiet als unschlagbar. Aber die Zeiten sind lange vorbei. Zwar hat die SPD einige Städte zurückgeholt, wenn man das mit dem Gewinn der OB-Stichwahl mal so bezeichnen darf, aber sie hat eben nicht nur Dortmund verloren, auch in Essen bleibt die CDU vorn und stellt damit in den beiden größten Städten des Reviers die Oberbürgermeister. Die CDU ist d i e Partei in NRW, die SPD weit abgeschlagen. Das mit der Volkspartei sollten sich die Genossen mal genauer überlegen, warum sie das schon länger nicht mehr sind. Offensichtlich hat der kleine Mann, der einst die SPD ausmachte, weil sie für ihn da war, sich um ihn und seine Sorgen sorgte, den Blick abgewendet von der großen Sozialdemokratie. Und aus Wut und Enttäuschung wählt er die Partei AfD, die zu Recht von NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst eine „Nazi-Partei“ genannt wird. Ausgerechnet.
Immerhin wurde Schlimmeres verhindert, die AfD gewann nicht einen OB-Posten, weder den in Gelsenkirchen noch den in Duisburg und auch nicht den in Hagen. Die blaue Partei, der man eigentlich die Farbe braun zuordnen müsste, verlor die Stichwahlen haushoch in Duisburg und in Gelsenkirchen. In der Schalke-Stadt gewann die SPD-Kandidatin Andrea Henze klar gegen den AfD-Herausforderer. Und Sören Link, der Verteidiger des OB-Amtes in Duisburg, setzte mit seinem klaren Sieg allem die Krone auf. Links Sieg zeigte auch, was die Wählerinnen und Wähler wollen: dass man sich um ihre vielen Sorgen vor Ort kümmert. Darum, dass es sauber ist in der Stadt, dass man sich sicher fühlt, dass es gerecht zugeht, wie es Sören Link in Duisburg vormachte, indem er die Art der Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien in seine Stadt heftig kritisierte. Er duckte sich nicht weg, sprach Klartext und auch davon, dass es eben durch Banden organisiert diese Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme gebe. Und wenn das so ist, muss man das benennen, wenn man Beweise hat und Link hat sie vorgelegt, dass es vielfachen Missbrauch des Bürgergelds gibt, muss man das sagen, dagegen ankämpfen, dass ein solcher Missstand beseitigt wird. Die deutschen Bürger aus Duisburg haben ihn auch deshalb wiedergewählt, weil er sich für mehr Gerechtigkeit eingesetzt hat, dass er die Weißen Riesen hat einreißen lassen. Mut gehört dazu. Ich habe ihn verstanden.
Schily und Reul starke Innenminister
Ich habe auch keine Probleme mit einem starken Innenminister, zu Schröders Zeiten war ich ein Fan von Bundesinnenminister Otto Schily(SPD), auch ein Mann klarer und notfalls harter Worte. In NRW macht der CDU-Innenminister Herbert Reul immer wieder von sich reden, weil er eingreifen lässt gegen Banden in Duisburg, sie aufschreckt in ihren Villen, hin und wieder deren Luxus-Limousinen wegnehmen lässt. Er sorgt für Ordnung und Recht. Ja, das muss sein, auch wenn das manchem nicht gefällt. Der Bürger fühlt sich sicherer.
Auch in anderen Städten wird man darüber nachdenken müssen, was man falsch gemacht hat. Da ist manches, was es zu tun gibt. Vor allem die Sauberkeit, die Sicherheit in den Kommunen, die Infrastruktur, die miserablen Straßen, die heruntergekommenen Schulen, nicht zu vergessen die Toiletten, überhaupt so mancher Gesamtzustand einer Kommune, wo man zuviel laufen lässt. Und so sieht es dann auch aus. Und den Bürgerinnen und Bürgern gefällt es nicht, sie fühlen sich nicht mehr wohl in ihrem Viertel, ihrer Straße, ihrer Stadt. Sie ziehen auch weg, wenn sie es sich leisten können.
Die SPD hat manches Trostpflaster gewonnen bei den Stichwahlen, so den OB-Stuhl in der größten Stadt des Landes, der Dom-Stadt Köln. Dort hatte Frau Reker nicht mehr kandidiert. Der SPD-Kandidat Thomas Burmester schaffte es knapp gegen die Grünen-Kandidatin. Köln galt früher als SPD-Hochburg. Aber was heißt das schon. Man denke ans Ruhrgebiet, Hochburgen sind längst geschmolzen, auch wenn die SPD den einen oder anderen Sieg errang, darunter Oberhausen wieder für sich entschied. Und im benachbarten Wuppertal gewannen die Sozialdemokraten die Mehrheit in der Stadt, in der einst Johannes Rau Oberbürgermeist war. Aber andererseits ging Bielefeld an die CDU.
Überraschung in Bonn: Grüne OB abgewählt
Eine Überraschung ist für einige das Ergebnis für Bonn. Hier hatte sich bei der letzten Wahl die Grünen-Politikerin Katja Dörner durchgesetzt. Es wurde vermutet dank der vielen Studentinnen und Studenten. Mag sein. Jetzt, nach nur einer Legislaturperiode, muss Frau Dörner Ihr OB-Büro an den CDU-Mann Guido Deus abgeben, der rund 53 Prozent der Stimmen gewann. Deus ist nun wirklich alles andere als ein Strahlemann, auch nicht der Manager-Typ, selbst CDU-Leute winkten vor Wochen ab. Doch es kam anders. Heißt umstritten war vor allem die Verkehrspolitik der Grünen in Bonn. Man kann ja versuchen, den Verkehr möglichst von der Stadt fernzuhalten, aber so etwas geht nur in einem längeren Prozess. Ich habe nicht verstanden, warum Frau Dörner und Co ausgerechnet die Adenauer-Allee, wohl die letzte Prachtstraße in Bonn, sich vorknöpften, um durch lange und teure Umbauten den Verkehr zu beruhigen. Was sie erreichten, war eine anhaltende heftige Debatte. Die Behauptung, dadurch werde vor allem Erleichterung für die Radfahrer geschaffen, habe ich nie erlebt. Wir sind mehrfach die Straße rauf- und runtergefahren und dies zu unterschiedlichen Fahrzeiten. Meistens begegneten uns vier bis sechs Radler, die hätten aber genauso gut auf der Kaiserstraße oder unten am Rhein fahren können, wo es so gut wie keinen Autoverkehr mehr gibt. Nicht nur meine Vermutung ist bei der Suche nach Gründen: Ideologie. Warum hat man nicht erst die Dinge in Bonn erledigt, die von den Bürgerinnen und Bürgern beklagt wurden? Straßen, Schulen, Toiletten, die teils geschlossenen Badeanstalten, den viel zu teuren öffentlichen Nahverkehr. Ich weiß, die Grünen regierten in Bonn nicht allein, auch die SPD war beteiligt und wurde entsprechend abgestraft in der ersten Runde. Dabei hat sie erfolgreiche Oberbürgermeister gestellt wie Bärbel Dieckmann.
Ja, wenn man nicht auf die Bürgerinnen und Bürger hört, darf man sich über den Abstieg nicht wundern. Der Ausgang der Kommunalwahlen in NRW kann, ja muss ein Fingerzeig sein für die Parteizentralen in Berlin. Gefragt ist bürgernahe Politik, möglichst ideologiefrei, die Bürger müssen das Gefühl bekommen, dass diese Politik zu ihrem Nutzen geschieht, dass es ihr Leben erleichtern soll. Ich erneuere meine Aufforderung an den SPD-Vorsitzenden Klingbeil: Kommen Sie mal eine Woche nach Gelsenkirchen, dort finden sie alle Probleme dieses Landes zuhauf. Auch das mit dem Missbrauch des Bürgergelds, darüber könnte ihnen ein gewisser Sören Link mehr erzählen, der lebt nur 30 Kilometer weiter in Duisburg.














Haha, eine lesenswerte Runde! Die AfD ja, die Partei, die man Braun zuordnen müsste, gewinnt ja gerade nicht die Welt – was aber bei der grünen OB in Bonn, die sich vielleicht ein bisschen zu sehr in die Adenauer-Allee vertieft hat, nicht ganz stimmt. Die Bürger wollen sauber, sicher und gerecht, und wenn’s klare Worte braucht, ist man ja bei Herrn Link. Der CDU-Reul sorgt für Ordnung, was ja auch nicht schlecht ist, aber vielleicht sind ja die Grünen auch nicht ganz falsch mit ihrem Verkehrskonzept, auch wenn’s langsam wird. Und ja, die SPD muss sich vielleicht mal wieder mehr um die Bürger kümmern, statt nur Tröpfchenpflaster zu verteilen. Ein klarer Fingerzeig für Berlin, ja, klar!