Aussprechen, was ist: Der Bundeskanzler und mit ihm die schwarz-rote Bundesregierung geben erste Anzeichen dafür, dass sie nach sieben Monaten Regierungszeiten mit zum Teil desaströser Kommunikation Boden unter die Füße bekommen wollen.
Anlass für diese – zugegeben optimistische – Einschätzung geben zwei Ereignisse. Ereignis 1: Friedrich Merz, der noch als Oppositionsführer seinen Amtsvorgänger Olaf Scholz als „Klempner der Macht“ durchaus abwertend kritisierte, ordnet sich inzwischen als „Maurer der Macht“ ebenfalls dem einfachen, aber harten – politischen – Handwerk zu und erkennt darin offenbar keine Schwäche mehr. Ereignis 2: Fast wie abgesprochen mit seiner Arbeitsministerin und SPD-Co-Vorsitzenden Bärbel Bas wirkt die Reaktion des Kanzlers auf die Fragen zur Neuordnung der Alterssicherung. Noch vor dem Start der Rentenkommission im kommenden Jahr können sich offenbar beide vorstellen, den Renteneintritt zunächst an die Zahl der Berufsjahre und nicht mehr ans Lebensalter zu knüpfen. Der Vorschlag stammt vom persönlichen Berater des Vizekanzlers und SPD Co-Vorsitzenden Lars Klingbeil.
Nichts ist damit entschieden oder soll damit entschieden sein. Das wäre auch ein unzulässiger Vorgriff auf die Arbeit der noch einzusetzenden Rentenkommission. Bemerkenswert aber ist, wie lösungsorientiert und wie abgestimmt die Pläne zu sein scheinen – jedenfalls in der Bundesregierung. Die eigenen christdemokratischen Reihen allerdings scheinen teilweise sehr überrascht, wie die Reaktion des Geschäftsführers des Bundesvereinigung der Arbeitgeber, Steffen Kampeter (CDU), zeigt – da erstaunlicherweise sehr nah bei den Linken.
Das gilt auch für die anderen Themen des Abends. Ein neues Signal aber scheint Merz als Kanzler wichtig: Es soll besser werden nach diesen sieben Monaten. Er räumt dafür Fehler in der „Stadtbild-Debatte“ ein, will steigende Krankenkassenbeiträge verhindern, entwirft ein Bild der bevorstehenden mühsamen Reform und räumt fast demütig ein, dass das Regieren schwierig sei. Immerhin.
Überzeugend wirkt er damit auf eine überwältigende Mehrheit allerdings zunächst nicht. Nur 15 Prozent der Menschen geben Merz nach der Debatte ein positives Urteil, 76 Prozent fühlen sich nicht gut regiert. Aber es könnte ein Neuanfang sein. Der Kanzler habe punkten können, urteilt der Politologe Albrecht von Lucke.
Nun aber kommen erst die Monate, in denen der Regierungschef beweisen muss, dass es zu mehr reicht.
Zum Autor: Thomas Seim ist Autor; Berater; Coach und Chefredakteur a.D., Neue Westfälische, Bielefeld.












