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Home Politik

Wie bei den Fischen – die stinkenden Köpfe der Medien

Christoph Lütgert Von Christoph Lütgert
15. September 2020
BILD-Schlagzeile - Sensationsjournalismus

Man denkt unweigerlich an den Spruch von den Fischen mit den stinkenden Köpfen: Bei der ARD, wo überbezahlte Intendanten mit schlechtem Beispiel vorangehen und ihren Gebührenforderungen die Glaubwürdigkeit nehmen; und beim Bundesverband der Zeitungsverleger, der den Chef des Axel-Springer-Verlages, Matthias Döpfner, für vier weitere Jahre zu seinem Präsidenten gewählt hat. Ausgerechnet Döpfner, in dessen Reich sich der „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt ein ums andere mal als Schande für den Journalismus gebärden darf.

Wie will der Zeitungsverlegerverband als Gesprächspartner für Politik und Gesellschaft noch ernst genommen werden, wenn der Präsident in seinem unmittelbaren Wirkungsbereich nicht die Einhaltung journalistischer Mindeststandards sichern will ? Wenn er nicht das tut, was er schon längst hätte tun müssen: „Bild“-Chef Reichelt feuern. Das Blatt mit den großen Buchstaben war noch nie eine Qualitätszeitung, wollte es wohl auch nie sein, zeichnete sich weniger durch Seriosität als durch schiere Krawall-Lust aus. Aber unter Reichelt sackte „Bild“ in eine schier ekelerregende Niveaulosigkeit ab. Eine Boulevardzeitung kann man dieses Drecksblatt nicht mehr nennen. Dabei gibt es auch bei „Bild“ hervorragende Journalisten, aber die können, um beim Fisch und dem Kopf zu bleiben, gegen ihren Chef nicht anstinken.

Rügen gegen „Bild“ produziert der Presserat inzwischen schon am Fließband. Allein in diesem Jahr 15 von bisher 34. Zwei üble Beispiele aus jüngster Vergangenheit: Die substanzlose Hetze gegen Deutschlands führenden Virologen Christian Drosten, um dessen Ruf und Glaubwürdigkeit ausgerechnet in der Corona-Zeit zu zerstören. Und dann die schier unglaubliche Instinktlosigkeit von „Bild“, nachdem eine Mutter ihre fünf Kinder in Solingen ermordet hatte. Der elfjährige Bruder der fünf hatte überlebt, und aus dessen Chatverlauf mit einem Freund brachte „Bild“ wörtliche Zitate. Es heißt, Friede Springer, die Witwe des Verlagsgründers Axel Cäsar Springer, sei entsetzt darüber, was „Bild“ unter der Leitung von Reichelt alles anstellt. Aber bislang hat Springer-Chef Döpfner, der eben auch Präsident des Zeitungsverlegerverbandes ist, Julian Reichelt gehalten. Man darf gespannt sein, wann der Herr Präsident Döpfner mal wieder mit seiner Wichtigtuer-Miene moralisiert. Das macht er nämlich gerne und immer wieder. Hinweis ans Publikum: Dann darf gelacht werden, schon bevor er loslegt.

Und jetzt zu den elektronischen Medien, zur ARD. Die braucht dringend jene Gebührenerhöhung, die derzeit in den Landtagen diskutiert wird und die man mit 86 Cent pro Haushalt und Monat zweifelsfrei maßvoll nennen kann. Aber es gibt in einigen Ländern massiven Widerstand, der Wille der Sender zu Reformen und Sparsamkeit wird angezweifelt. Und wenn nicht alle Parlamente zustimmen, ist das Vorhaben gescheitert. Derzeit tingelt WDR-Chef Tom Buhrow als Vorsitzender der ARD-Intendanten durch die Länder, um den Skeptikern, Zweiflern und Neinsagern zu verklaren, dass ohne die geforderte Beitragserhöhung das bisherige Niveau in Hörfunk und Fernsehen nicht gehalten werden kann und dass hunderte, wenn nicht tausende Mitarbeiter*Innen auf die Straße gesetzt werden müssen. Das droht tatsächlich. Nur die Intendanten selbst geben mit ihren maßlos überzogenen Gehältern den Gegnern des öffentlich-rechtlichen Systems herzlich willkommene Munition. WDR-Intendant Tom Buhrow beispielsweise bringt es auf knapp 400.000 Euro im Jahr, sein NDR-Kollege Joachim Knuth auf 360.000 Euro. Allesamt verdienen die Intendanten und Intendantinnen mehr als die Regierungschefs ihrer jeweiligen Länder. Aber niemand kann begründen, aufgrund welcher außergewöhnlichen Leistungen sie und auch das Heer ihrer Direktor*Innen so außergewöhnlich verdienen – bezahlt aus den Gebühren, die jetzt erhöht werden sollen. Es ist schier unbegreiflich, warum die Sender-Chefs nicht spätestens jetzt von sich aus anbieten, auf einen beachtlichen Teil ihres beachtlichen Salärs zu verzichten. Luxuriös leben könnten sie dann immer noch. Gewiss, damit würden die drohenden Defizite der ARD-Anstalten nicht abgebaut. Aber die Geste wäre unbezahlbar und würde den  Forderungen von ARD und ZDF die Glaubwürdigkeit geben, die sie für viele nicht hat.

So leisten die zigtausend Mitarbeiter*Innen des öffentlich-rechtlichen System wertvolle Arbeit für unsere labile Demokratie, informieren, ordnen ein, unterhalten, liefern größtenteils guten Journalismus. Aber wie das eben so ist mit den Fischen und den stinkenden Köpfen …

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Tags: BoulevardIntendanten ARDjournalistische MindeststandardsMatthias DöpfnerSensationsjournalismusüberzogene GehälterVerletzung der MenschenwürdeZeitungsverlegerverband
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