Duisburg. Der Wirbel um NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) dürfte nicht abebben, trotz der nun endlich erfolgten Besetzung des Präsidentenpostens am Oberlandesgericht Münster durch Carsten Günther. Die knapp vier Jahre anhaltende Posse ist damit erledigt, die Kritik an Limbach ist aber alles andere als erledigt. Limbach wird von vielen Seiten attackiert, nur sein Landesverband hält noch zu ihm – sowie Ministerpräsident Wüst (CDU).
Feststeht: Das CDU-Mitglied Günther ist nach vier Jahre nun der neue Leiter eines der höchsten Gerichte des Bindestrich-Landes. 2021 trat die damalige Präsidentin, Ricarda Brandts, in Ruhestand. Der Posten blieb vakant, weil der frühere Justizminister Peter Biesenbach (CDU) seinen eigentlich avisierten Kandidaten nicht mehr durch das Kabinett aus CDU und FDP bringen konnte.
Verständlicherweise war das Verfahren neu aufgenommen worden, als Limbach Mitte 2022 das Ruder im Justizministerium übernahm. Was folgte, ist einer transparenten und gerechten Besetzung eines Spitzenpostens in der Landes-Justiz eher unwürdig. Limbach, promovierter Richter, Katholik und zweifacher Familienvater aus Bonn, sah ausgerechnet eine Abteilungsleiterin aus dem CDU-geführten NRW-Innenministerium als neue Gerichtspräsidentin. Sie hatte aber kaum Erfahrung als Richterin und wurde als nicht die bestgeeignetste Kandidatin angesehen, wurde mitunter von Gegenkandidat Günther moniert.
Der Verdacht der Kungelei lag im Raum. Zumal sich Kandidatin und Limbach anscheinend durch ihr Jura-Studium kannten und sich auch duzten.
Folglich klagte der frühere Bundesverwaltungssrichter Günther. Trotz der offenkundigen Ungereimtheiten sollte es anfangs dennoch nicht gut aussehen für den vermeintlich Unterlegenen mit seiner Klage. Das Oberverwaltungsgericht wies die Klage zurück. Erst als der 55-Jährige vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe klagte, bestätigte das höchste Gericht der Republik Fehler in dem Verfahren und verwies den Fall zurück ans OVG.
Ein mittlerweile eingesetzter Untersuchungsausschuss im Landtag arbeitete unter anderem Mängel bei der Beurteilung der ausgewählten Kandidatin durch das Innenministerium heraus. Folge: Das Verfahren begann erneut.
Der ohnehin in der Kritik stehende Limbach war abermals angezählt. Auch aus Justiz-Kreisen hagelt es nach wie vor Kritik.
„Limbach macht auf mich keinen guten Eindruck“, kritisiert ein Oberstaatsanwalt aus dem Ruhrgebiet gegenüber der taz. Er gerierte sich als Gutsherr, der versuchte, eine alte Bekannte zu protegieren. „Diese Denke ist auch nicht unbekannt in der Justiz, denn für leitende Posten hat sich das Ministerium schon immer die aus ministerieller Sicht geeigneten Leute ausgeguckt, dann wurden die Stellen den Siegern mündlich angetragen und nach Zusage wurde die Bewerbungsunterlagen passend gemacht“, so der anonym bleiben wollende Staatsanwalt.
Hendrik Thome ist Richter am Amtsgericht Duisburg und war bisher Limbach gegenüber loyal. Jetzt aber nicht mehr. Der taz sagt er: „Täter und Opfer zugleich ist ein unbeholfen agierender Limbach.“ Von Schlamassel spricht Thome und davon, dass Limbach „als grüner Justizminister die Befindlichkeiten der schwarz-grünen Koalition beachten wollte“. Damit habe er aber ein „negatives Schlaglicht auf das Besetzungsverfahren durch das Justizministerium geworfen“.
Der Deutsche Richterbund NRW kritisiert gegenüber der taz die Dauer des Besetzungsverfahrens. „Sind Spitzenpositionen in der Justiz in Nordrhein-Westfalen über so lange Zeit unbesetzt, kann dies die Funktionsfähigkeit der Justiz beeinträchtigen.“
Gut für Limbach, der der Sohn der einstigen Präsidentin des Bundesverfassungsgerichtes, Jutta Limbach, ist: „Seine“ Abteilungsleiterin wechselte zwischenzeitlich ins Bundesbildungsministerin. Günther blieb als einziger Kandidat übrig. Und ist seit einer Woche der neue Präsident des OVG Münster.
Die Opposition in Düsseldorf will aber nicht klein beigeben. Allein schon wegen weiterer Eklats. Der Minister füge der Justiz schweren Schaden zu, so SPD und FDP auf Anfrage der taz.
Vor zwei Jahren spalte Limbach die Hauptabteilung H der Staatsanwaltschaft Köln gegen starke Bedenken der Behörde und der Generalstaatsanwaltschaft Köln auf. Es war jene Abteilung, die sich einen Namen machte bei Ermittlungen zu „Cum-Ex-Geschäften“. Die Leitung hatte die frühere Oberstaatsanwältin, Anne Brorhilker. Ein in diesem Bereich wohl unerfahrener Staatsanwalt sollte gleichberechtigt neben ihr arbeiten, was Limbach den Vorwurf der Behinderung der „Cum-Ex-Ermittlungen“ einbrachte. Diese Degradierung nahm Brorhilker nicht hin und kündigte daraufhin ihr Beamtenverhältnis. Ob Limbach bis zum Ende der Legislaturperiode Minister bleibt, darf angesichts des politischen Drucks bezweifelt werden.
Bildquelle: Minister der Justiz Dr. Benjamin Limbach, Justiz NRW













