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Manager ohne Vertrauen

Friedhelm Ost Von Friedhelm Ost
5. Januar 2018
Knechte des Geldes

Unsere Wirtschaft brummt. Das Wachstum geht nun bereits im 7. Jahr solide weiter. Die guten Exportgeschäfte beweisen unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit. Die Löhne und Gehälter steigen, die Kaufkraft und das Sparvermögen der Beschäftigten nehmen zu. Der Arbeitsmarkt boomt. Über 1 Million Arbeitnehmer werden gesucht – in der Pflege, am Bau, im IT-Bereich und in anderen Branchen. Fast 45 Mio. Menschen sind erwerbstätig; das ist ein Rekord.

Diese Erfolge resultieren aus dem positiven Zusammenwirken von Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Innovationen und Investitionen der Unternehmer plus gute Arbeit von intelligenten, qualifizierten und engagierten Mitarbeitern sind die Faktoren für ein neues deutsches Wirtschaftswunder. Unsere Ordnung der Sozialen Markwirtschaft beweist sich trotz mancher Deformationen als überlegen im Wettbewerb der Systeme, die in anderen Ländern der Welt praktiziert werden.

Zu viel Turbokapitalismus?

Dennoch muss das Ergebnis einer jüngsten Umfrage überraschen: Nur 6 % der Menschen in unserem Land haben Vertrauen in die Manager deutscher Unternehmen; gegenüber dem Vorjahresniveau ist es nochmals gesunken. Die betrügerischen Aktivitäten bei VW und auch bei anderen Automobilherstellern, die ihre Produkte mit einer manipulierten Abgas-Software an viele Kunden verkauften, sind nicht vergessen: Sie werden den Vorständen, die mit hohen Millionen-Einkommen bezahlt werden, angelastet. Nicht zu übersehen waren ebenfalls die illegalen und illegitimen Geschäfte in der Finanzwelt, wo Bankvorstände Gehälter und Boni kassieren. Wenn viele hundert Millionen Euro Strafen für deren bewusstes und leichtsinniges Handeln nach gerichtlichen Auseinandersetzungen zu zahlen sind, wenn viele Kunden mit Cum-Ex-Geschäften Anlagen mit eingebauter Steuerhinterziehung und –vermeidung verkauft wurden, dann darf niemand sich über die hohen Vertrauensverluste wundern. Nicht wenige Beobachter des Finanzsektors haben nämlich den Eindruck gewonnen, dass aus dem einst so besonders vertrauenswürdigen Bankier Ende des 20. Jahrhunderts der nicht nur smarte Banker und danach der Bangster wurde, der sich vielfach als Promoter des Turbo-Kapitalismus profilierte. Die oft genug verfehlte Geschäftspolitik der Banken ging indessen vor allem zu Lasten der Beschäftigten, die nicht selten vor Ort in den Filialen von den Kunden geprügelt, von oben vom Vorstand gedeckelt oder entlassen wurden.

Ein langes Sündenregister

In anderen Wirtschaftsbereichen fielen zahlreiche Manager durch Kartellabsprachen gegen ihre Kunden, Korruption, Besserwisserei in Richtung Politik und zum Teil auch das ruppige Vorgehen beim Abbau von Firmenteilen und damit von Arbeitsplätzen auf. Vorstände werden von den Aufsichtsräten, die die Aktionäre als Miteigentümer vertreten, bestellt; sie wurden im Unterschied zu Politikern in den Parlamenten nicht vom Volk gewählt und sind schon gar nicht auserwählt. Allerdings gerieren sie sich oft genug in der Öffentlichkeit mit zum Teil abstrusen Vorstellungen zur Politik. So überraschte gerade jüngst Siemens-Chef Joe Kaeser insbesondere mit seiner Forderung nach einer Steuer auf Spekulationsgewinne in Höhe von 70 %; wer mehr Mitarbeiter beschäftige, der sollte hingegen auch mit weniger Steuern belastet werden. Der Präsident der Familienunternehmer, Reinhold von Eben-Worlée, kommentierte diesen Vorschlag sarkastisch: „Kaeser macht den Gysi.“ Und er warf zugleich die Frage auf, wo denn eine vernünftige Grenze liegen sollte, ab der zu wenig Mitarbeiter zu höheren Steuern führten.
Die Manager der Konzerne müssen die hohen Erwartungen und vor allem das Vertrauen, das dabei auf sie gesetzt wird, erfüllen. Vor allem müssen sie mit den Beschäftigten in den Unternehmen bestens zusammenarbeiten. Manchen fällt das offenbar schwer: Sie geben sich zum Teil abgehoben, zeigen oft genug wenig Empathie für ihre Belegschaften, wollen vielfach nur den „shareholder value“ maximieren. In einigen Aktiengesellschaften haben die Vorstände sogar die Mitglieder des Betriebsrates weitgehend in ihrem Aeropag mit der Gewährung besonderer Pfründe eingebettet. Hohe Vergütungen, Dienstwagen, Auslandreisen, üppige Spesenregelungen usw. sind nicht selten „süßes Gift“ für die Vertreter der Arbeitnehmer in den großen Firmen. Alle reden immer wieder salbungsvoll von der Corporate Social Responsibility, doch zeigen sich vielfach mehr oder weniger große Defizite bei der sozialen Verantwortung. So kann es nicht überraschen, dass die Manager gemeinsam mit den Werbeagenturen auf den beiden letzten Plätzen im Vertrauensranking landen. Dagegen genießt die Polizei bei 83 % der Menschen in unserem Lande Vertrauen – gefolgt von den Universitäten und Ärzten.

Mehr Wertschätzung für Mittelständler

Weit vor den Managern rangieren auch die mittelständischen Unternehmer. Sie sind als Arbeitgeber beliebt, weil sie für ihre Beschäftigten nahbar sind und mit ihnen direkt zusammenarbeiten. Vor allem funktioniert die Kommunikation in den kleinen und mittleren Firmen recht gut. Die Identifikation der Mitarbeiter mit ihrem Betrieb ist sehr groß, was zugleich die Arbeitszufriedenheit erhöht.
Für viele Beschäftigte spielen neben Lohn und Gehalt mehr und mehr andere Faktoren eine große Rolle: Die Arbeitsbedingungen, der Erhalt ihrer Leistungsfähigkeit, die Möglichkeiten der eigenen Entwicklung und der Weiterqualifizierung, insbesondere auch die Werte und die Unternehmenskultur. Vieles davon sollte auch von den großen Kapitalgesellschaften übernommen und praktiziert werden. Dann hätte Deutschland die große Chance, 70 Jahre nach der Einführung der so erfolgreichen Sozialen Marktwirtschaft auf eine weitere Stufe zu gelangen und sich zu einer inklusiven Teilhabegesellschaft zu entwickeln. Es geht dabei darum, den Riss in unserer Gesellschaft nicht noch größer werden zu lassen, sondern ihn zu überwinden und wirklich Wohlstand für alle zu schaffen.

Bildquelle: pixabay, User 3dman_eu, CC0 Creative Commons

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