Es gibt ein wunderbares, ausdrucksstarkes schwarz-weiß Foto, das einen gestenreichen Chefredakteur Ben Bradley im Vordergrund und die herzhaft lachenden Washington Post Verlegerin Katharine Graham im Hintergrund zeigt, die beiden Menschen, die aus dem Provinzblatt eine national und international wichtige Zeitung machten. Das war das eine von Bradleys großen Verdiensten, der 2014 im Alter von 93 Jahren gestorben ist. Das andere war ganz zweifellos, dass er mit seinem breiten Rücken den beiden Reportern Bob Woodward und Carl Bernstein jenen publizistischen und auch politischen Freiraum gab, einen Skandal aufzudecken, wie ihn Washington noch nicht erlebt hatte: Den Watergate – Skandal, an dessen Ende der überaus schmachvolle Rücktritt des republikanischen Präsidenten Richard Nixon stand. Bradlee war der Mann, von dem noch heute in der US-amerikanischen Hauptstadt gesagt wird, er habe sich „wie ein Löwe vor seine Redaktion geworfen. Seine einzige Bedingung war: Die Geschichte muss stimmen“. Und die Geschichte der beiden damals noch jungen Reporter stimmte.
Wer in diesen Tagen im Kino sich EIN GAUNER & GENTLEMAN anschaut, wird in einer zauberhaften Szene den 82 Jahre alten Robert Redford in einem Kino neben der umwerfenden Sissy Spacek sitzen und versonnen blicken sehen und wird ganz ohne Zweifel zwischendurch an den jungen Bob Woodward denken müssen, den der junge Robert Redford in dem Kassenschlager ALL THE PRESIDENTS MEN darstellte und der am 4. April 1976 in Washington DC im Kennedy Center for the Performing Arts Premiere hatte. Eine denkbar erfolgreiche obendrein. 43 Jahre ist das her und wer die spannende Geschichte dieses Skandals und die wirklich sehr interessanten Dreharbeiten nachlesen, nachempfinden möchte, muss ganz unbedingt zu Michael Feeney Callans Biografie über Robert Redford greifen. Der irische Autor hat 14 Jahre an ihr gearbeitet, 300 Zeitzeugen interviewt, die Tagebücher Redfords gelesen. Das großartige Buch kommt 2011 (bei Droemer) heraus, genau in dem Jahr, in dem DIE LINCOLN VERSCHWÖRUNG, Robert Redfords „Mahnung zu Rechtstaatlichkeit in Zeiten des Terrors“ in die Kinos kommt. Redford führt Regie. Robin Wright, Kevin Kline, James McAvoy spielen in diesem Film mit, über den es damals hieß, Redford behandle in ihm die zarte Pflanze Freiheit und die Ideale der amerikanischen Verfassung, die ebenso gern verinnerlicht wie vergessen werden.
Das zeigt auch diese umfassende und beeindruckende Biografie Callan`s, der auch mit Redfords Kindern, den Regisseuren Alan J. Pakula (verstorben 1998) und Sydney Pollack (verstorben 2008) gesprochen hat. Und einen Mann porträtiert, der nicht nur ein großer Schauspieler ist, wenn auch ein ganz anderer als Robert de Niro, der aber auch sehr ungeduldig und vor allem sehr unpünktlich ist. Berüchtigt unpünktlich. Kein Drehbuch der Filme, in denen er mitgewirkt hat, ist ohne seine Mitwirkung entstanden. In den meisten Fällen war er so etwas wie ein Ghostwriter. Das gilt auch für seinen vorläufig letzten Film, der jetzt zu sehen ist und in dem David Lowery die Regie führt. Das ist hier keineswegs eine Filmkritik und soll es auch nicht sein. Redford ging und geht es in seinen Arbeiten um Wahrheitsfindung und Glaubwürdigkeit. Auch in diesem feinen Film EIN GAUNER & GENTLEMAN, in dem er den alten Ganoven Forrest Tucker spielt. In einem Interview mit der New York Times sagte Redford vor kurzem: „Glaubt niemandem, nicht einmal einem wie mir. Sicher der Outlaw ist ein Verbrecher, aber ein Verbrecher, der Spaß hat.“
Spaß hat man beim Zuschauen mit Sissy Spacek und Tom Waits und Danny Glower und Casey Affleck. Und dann greift man noch einmal zur Biografie dieses großen Schauspielers und liest, wie ernst ihm sein Beruf ist.
ROBERT REDFORD, Michal Feeny Callan, Dromer 2011, ISBN 978-3-426-27531-3
Bildquelle: Flickr, DrivingtheNortheast, CC BY 2.0