Angesichts erst der Einladung des Verbandes der Familienunternehmen an die AfD und dann der Korrektur nach breiter öffentlicher Ablehnung wird teilweise leidenschaftlich über Strategien gegen die rechtsextreme Partei diskutiert. Sicher ist: die AfD hat eine Größenordnung erreicht, die für die demokratische Zukunft unseres Landes in einem friedlichen Europa zutiefst besorgniserregend ist. Die Bundesregierung hat sie durch ihre suboptimale Arbeit beflügelt.
Vor allem die Union hat bisher in der Zurückdrängung der AfD versagt. Auch der Koalitionspartner SPD lässt ein Konzept mit Aussicht auf Erfolg vermissen. Mobilisierende Ansätze gegen die rechtsextreme Partei sind strittig. Welches Vorgehen aber verspricht Erfolg? Und: Was ist ein Erfolg gegen die AfD?
Von interessierter Seite wird penetrant behauptet, die „Politik der Brandmauer“ sei gescheitert. Man könne die AfD nicht ausgrenzen, weil damit ihre Wählerbasis in eine rechtsradikale Ecke verbannt wird, in der sie nicht mehr erreichbar ist. Oder es wird behauptet, dass die „Brandmauer“ die AfD zum „Opfer“ stilisiere und dadurch der Zuspruch für sie wachse. Zunächst wird hier etwas vermischt, was ursächlich nicht zusammen gehört. Die Brandmauer-Position gegenüber der AfD heißt zunächst nur: mit dieser Partei wird nicht zusammengearbeitet, schon gar nicht regiert. Ihre Positionen werden nicht übernommen. Diese Haltung ist empirisch unterlegt. Eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung vom September 2025 hat auch in Auswertung der Erfahrungen anderer europäischer Länder beeindruckend aufgezeigt, dass der Weg der Kooperation und der Kopie ein Irrweg ist. Er führt regelmäßig zur Stärkung der Rechtspopulisten und zur Schwächung, teilweise zur Zerstörung der konservativ ausgerichteten Parteien. Diese Gefahr formulieren auch der Bundeskanzler Merz, der Fraktionsvorsitzende Spahn und der CSU-Chef Söder. Aber faktisch hat die Union in den letzten Wochen und Monaten das Gegenteil getan und bewiesen, wie sie die AfD groß machen und sich selber klein kriegen kann:
- Man nehme die Themen und die Diktion der AfD und kopiere sie. Dafür steht besonders die Anti-Migrations-Politik und -Rhetorik.
- Man führe einen Kulturkampf gegen vermeintlich links-grüne Themen.
- Man mache Versprechungen, bei denen schon bei der Verkündung klar ist, dass sie nicht zu halten sind.
- Man nimmt billigend in Kauf bzw. strebt an, mit der AfD gemeinsam in Parlamenten abzustimmen, um die eigene Politik durchzusetzen, so kurz vor der Bundestagswahl zur Migrationspolitik.
Nicht die Ablehnung der Zusammenarbeit und Kopie ist gescheitert, sondern die ständige Durchlöcherung dieser Haltung.
Im Übrigen: Wer die Zusammenarbeit mit der AfD auch damit begründet, dass sie so „normalisiert“ und weniger extremistisch werden könne, werfe ein Blick auf die Entwicklung der AfD in den ostdeutschen Bundesländern. Dort ist das Zusammenwirken mit ihr in weiten Bereichen „enttabuisiert“. Gerade dort ist sie besonders radikal und gilt offiziell als „gesichert rechtsextremistisch“ Und sie ist dort – wie die Umfrageergebnisse zeigen – besonders erfolgreich. Das gilt im Übrigen auch in Teilen der Jugend, bei denen die extremen Auftritte in den sozialen Medien verfangen.
Keine Zusammenarbeit heißt nicht: keine Diskussion mit AfD-Wählerinnen und -Wählern. Im Gegenteil: Gerade die schwache Verankerung der demokratischen Parteien in Milieus, in denen die Rechtsextremen besonders rege sind, sowie die damit geringe Chance auf Gespräche und Diskussionen mit potentiellen AfD-Anhängern, ist ein wesentlicher Grund für den teilweise ungehinderten Aufwuchs der Rechtsextremen. Ob Diskussionen erfolgreich verlaufen können, wenn sie zusammen mit AfD-Funktionären bestritten werden, kann mit gutem Recht bezweifelt werden. Oft mag vor Ort dazu gar keine andere Möglichkeit bestehen. Entscheidend ist jedoch die Chance zur Aufklärung, zur Entlarvung der AfD-Politik und zur Zurückgewinnung von Wählern.
Mit allen, die erreichbar sind, sollte das Gespräch gesucht werden. Es sollten realistische Ziele zur Eindämmung der AfD formuliert werden. In absehbarer Zeit geht es ausschließlich um die Zurückdrängung des Einflusses und der Zustimmung bei Wahlen um wenige Prozentpunkte. Es wäre eine Illusion, alle Gefolgsleute der AfD erreichen und überzeugen zu können. Die jüngst veröffentlichte Studie „Die angespannte Mitte“, die von der Friedrich-Ebert-Stiftung in Auftrag gegeben worden ist, zeigt, dass es einen erheblichen Teil von Wählern gibt, die entweder ein „manifest rechtsextremes Weltbild“ haben oder/und der Meinung sind, es brauche in Deutschland „eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert“ (25 Prozent). Ein Drittel ist sogar der Ansicht, „ im nationalen Interesse können wir nicht allen die gleichen Rechte gewähren“.
In einigen Kommentaren aus Anlass des Gründungskongresses der Jugendorganisation der AfD „Generation Deutschland“ wurde die Vergeblichkeit der Proteste gegen den rechtsradikalen Verband behauptet. Das „Moralisieren“ gegen die AfD sei gescheitert. Unabhängig von der dahinter stehenden Haltung des das Unheil beobachtenden, aber nicht bekämpfenden Snobismus, ist festzuhalten: Ohne die Massendemonstrationen, z.B. Anfang 2024 aus Anlass des Potsdamer Treffens zur „Remigration“, ohne die aufklärenden Beiträge und Diskussionen in den meisten Medien, ohne ständige Entlarvung der AfD-Politik in der Öffentlichkeit, würde das Land, seine Demokratie, Kultur und liberale Lebensweise nicht bestehen können.
Es geht um viele Strategien zur Eindämmung des AfD-Einflusses, ein Königsweg gibt es nicht. Unabdingbar sind
- Gespräche und Diskussionen
- ausgrenzen, wo es um staatliche Macht geht, inklusiv der Prüfung des AfD-Verbotes
- eine Politik, die Probleme löst – soziale und lokale Daseinsvorsorge, wirtschaftliche Aufstiegsversprechen mit regionaler Strukturpolitik verbindet und so die Lebensqualität verbessert
- ehrlich über die gewaltigen Probleme unserer Zeit (Klimaerwärmung und Kriegsgefahr durch den Putinismus) spricht und
- so erst Hoffnung auf bessere Zeiten ermöglicht.
Die Aufklärung über die Folgen der AfD-Politik und die Mobilisierung der Öffentlichkeit sind in jedem Fall unabdingbar.












