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Home Politik

Über den Sinn der Gipfelei

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
26. Juni 2022
Schloß Elmau

Man kann natürlich sagen, das mit dem Gipfel sei kalter Kaffee, überholt, abgehoben, der G-7-Gpfel im von der Öffentlichkeit weitgehend abgeschirmten Edel-Hotel Elmau ein alter Hut,  abgesichert von 18000 Polizisten vor malerischer Kulisse des Wettersteingebirges. Und was heißt das schon die 7 wichtigsten Industrienationen der Welt? Wer bestimmt die und sind wirklich die wichtigsten vertreten? Und ja, in Elmau kann es schön sein, wenn das Wetter mitspielt, die Sonne scheint, aber richtig ist auch, dass es schön teuer ist mit 170 oder 180 Millionen Euro für ein Event solchen Ausmaßes, für das Treffen des deutschen Gastgebers Olaf Scholz mit Amerikas Präsident Joe Biden, Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, Italiens Regierungschef Mario Draghi, Kanadas Premierminister Justin Trudeau, Japans Ministerpräsident Fumio Kishida, Großbritaniens Regierungschef Boris Johnson. Ein teurer Fototermin oder doch mehr? Sinnvoller Gedankenaustausch der Mächtigen, wobei Chinas Mächtigster gar nicht dabei ist und Russlands Kriegsherr Putin auch nicht. Aber Scholz hat zusätzlich als Gäste die Regierungschefs von Indien, Indonesien, Argentinien, Südafrika und dem Senegal eingeladen. Und dass Bayerns  Ministerpräsident Markus Söder(CSU) alle Gäste in Bayern begrüßt hat, aber den deutschen Bundeskanzler nicht, belegt die Stillosigkeit dieses Mannes, sein schlechtes Benehmen.

Trotz allem muss ein solcher Gipfel wohl sein. Er könnte das tun, was US-Präsident Biden gleich zu Anfang seines ersten Gesprächs mit Scholz gesagt hat: Wir müssen zusammenstehen. Das hat Wladimir Putin mit seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine erreicht: zumindest die sogenannte westliche Welt hat erkannt, was der deutsche Bundeskanzler als eines der Ziele genannt hat: man müsse sich unterhaken, damit der Aggressor aus Moskau eines nicht erreicht: den Westen auseinander zu treiben, die EU zu zerstören. Es scheint, dass alle oben genannten und mehr noch die übrigen Vertreter der Europäischen Union erkannt haben, dass sie nur gemeinsam die Probleme lösen können, die Putin mit seinem Krieg ausgelöst hat. Putin mag in völliger Fehleinschätzung der Lage geglaubt haben, er könne die Ukraine binnen zwei Tagen einkassieren. Dieser Traum ist geplatzt, der Krieg leider nicht zu Ende und niemand kann heute voraussagen, wann dieses Töten und Zerstören aufhören werde, wann endlich zumindest ein Waffenstillstand Hoffnung auf eine friedliche Zukunft der Ukraine bieten werde.

Die 7 erwähnten Nationen stehen nur noch für jeden Zehnten aller Menschen auf der Erde, aber sie bedeuten rund 45 Prozent der weltweiten Wirtschaftskraft. Sie sind also längst nicht das Ganze, aber sie stellen, auch wenn das falsch verstanden werden könnte, funktionierende Demokratien dar auf diesem Erdball, die ihre Bewohner frei leben lassen, deren Gesellschaften mehr oder weniger offen sind. Das darf man feststellen, auch wenn einem die Trump-Jahre noch in den Knochen stecken mögen.

Weizenkrieg und Hungersnot in Afrika

Der Krieg mit Russland hat gezeigt, wie sich binnen eines Tages im Februar die Welt änderte, weil einer der Mächtigen entschied, dass er nicht hinnehmen will, dass Länder wie die Ukraine, die früher zum Sowjet-Block gehörten, nunmehr Richtung Westen denken und drängen. Putin will zurück zur alten Größe der Weltmacht UdSSR, offensichtlich mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln, eben auch mit Waffen. Aber auch mit Gas, Öl, Weizen will er die Welt erpressen. Fragen, die in Elmau erörtert werden müssen. Ob sie Lösungen finden für alle? Ob die Hungersnot, die Teilen Afrikas droht, abgewendet werden kann, weil die Russen den Weizen nicht aus der Ukraine transportieren lassen, ist ungewiss. Und ungewiss ist auch, wie wir und andere Länder, die vom russischen  Gas und Öl abhängig sind, den nächsten Winter überstehen? 

Es sind lebenswichtige Fragen, die in Elmau besprochen werden müssen. Dazu zählt gewiss die Erderwärmung. Und wenn wir jetzt zumindest für kurze Zeit zurückkehren wollen zur Kohle und nach neuen Gas-Lieferungen aus Afrika Ausschau halten, weil Moskau uns den Hahn zudrehen könnte, so mag das energiepolitisch nötig sein, das Klima wird darunter zu leiden haben. Und die Klima-Katastrophe spielt sich, wie wir an der Ahr und der Erft im letzten Sommer gelernt haben, nicht nur in Asien und Afrika ab, sondern auch vor unserer Haustür. Wir müssen lernen, den afrikanischen Ländern mit Respekt zu begegnen und ihre Sorgen als unsere Sorgen zu betrachten. Und wenn es Hinweise von dort gibt, mit der Kraft der Sonne zum Beispiel die Energieprobleme zu lösen, so sollten wir diese Ratschläge ernstnehmen.  Wir sollten uns auch verabschieden von Begriffen wie Schwellenländer, weil die Menschen dort es als Beleidigung auffassen könnten. 

Der Westen muss akzeptieren, dass die übrige Welt nicht so westen-besoffen ist, wie sich das die USA wünschen, weil sie gemerkt haben in der Vergangenheit, dass das mit den Werten im Westen selber nicht immer und überall vorgelebt wird. Wer den Krieg Russlands gegen die Ukraine zu Recht kritisiert, muss damit leben, dass andere Länder, die Russland näher stehen, darauf hinweisen, dass der Westen mehr oder weniger weggeschaut hat und immer noch wegschaut, wenn Kriege im Jemen, in Syrien oder anderen Ländern toben. Und der Einmarsch der Amerikaner damals im Irak mit Unterstützung einiger europäischer Länder ist auch nicht vergessen. Das gilt auch für den gescheiterten Afghanistan-Einsatz. Die Glaubwürdigkeit des Westens hat an Strahlkraft verloren, darauf hat Wolfgang Ischinger, früherer deutscher Botschafter u.a. in Washington und Ex-Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, in einem Interview mit dem Berliner Tagesspiegel hingewiesen.

Union der Werte und des Geldes

Und wenn wir schon über den Westen reden, sollten wir den EU-Gipfel nicht vergessen und auch nicht den folgenden Nato-Gipfel. Putin hat mit seinem Krieg die Länder der EU wieder zusammengeschweißt, was aber nicht bedeutet, dass wir von einer wirklichen Union der Werte reden sollten, zumal einige Länder in der EU in erster Linie einen Geld-Automaten sehen, dessen sie sich immer wieder gern bedienen, um in ihrem Land Straßen zu bauen und Flüsse zu säubern, neue Industrien anzusiedeln oder auch sich selbst und die dazu gehörenden engen Verwandten zu bereichern. Von einer wirklichen Union mit einer gemeinsamen Finanz-, Verteidigungs- und Außenpolitik ist Europa noch Lichtjahre entfernt. Und weil das so ist, ist eine Allianz wie die Nato, die ja ein Militärbündnis ist, so wichtig wie kaum je zuvor. Auch wenn ein Nato-Mitglied wie Erdogans Türkei nicht unbedingt eine Politik nach unserem Geschmack und unter Einhaltung demokratischer Regeln betreibt.

Dass die Menschen in Garmisch und Umgebung nicht so begeistert sind von dem G-7-Gipfel kann ich verstehen. Seit Wochen müssen sie mit den Vorkehrungen eines solchen Treffens für die Polit-Spitze der Welt leben, mit Kontrollen, zusätzlichem Verkehr, mit Einschränkungen, Belästigungen. Natürlich wird gegen diesen Gipfel demonstriert, das gehört dazu. Und auch wenn es Stimmen gibt, dass dieser Gipfel nicht mehr in die Zeit passe, muss er wohl sein. Vielleicht mit einem anderen Format und gewiss ohne den Führungs-Anspruch des Westens. Wir sollten da ein wenig mehr Demut zeigen und Respekt für die übrige Welt, die genauso zu unserem Erdball gehört wie wir. 

Bildquelle: Schloss Elmau, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

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Tags: G7GipfelInternationale ZusammenarbeitNationale EgoismenSicherheitspolitikUkraine
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