Screenshot Website Bayer04 Leverkusen

„Werks-Elf“  – ein merkwürdiger Begriff für eine Mannschaft der Millionäre

Der Fußballverein Bayer 04 Leverkusen hat es durch seine fußballerischen Leistungen verdient –  und deswegen sei es ihm auch neidlos gegönnt -, dass er an der Spitze der 1. Fußball-Bundesliga steht. Der Verein wird im Netz mit einem Wert von mehr als einer halben Milliarde Euro gelistet, drei Spieler aus dem Kader verdienen „nur“ ein sechsstelliges Jahresgehalt, der Rest bekommt ein siebenstelliges Einkommen pro Jahr überwiesen. Also wirklich keine Ansammlung  armer Schlucker oder armer Kicker, sondern ein Verein der Millionäre.

Doch wer die Sportberichterstattung in den Zeitungen liest oder in den Fernsehnachrichten sieht, wird immer wieder mit einem merkwürdigen Begriff bedient, den die Journalisten häufig benutzen. den sie bei Bayer 04 Leverkusen wie auch beim VfL Wolfsburg sehr gern verwenden, weil sie nicht immer die Städtenamen nennen wollen. Der Begriff heißt „Werks-Elf“.

Dieses beinahe schon romantisch klingende Wort  soll Volksverbundenheit suggerieren. Es erweckt den Eindruck: Es  handelt sich bei den kickenden Millionären um Menschen wie Du und ich,  oder grammatikalisch korrekt: wie Dich und mich, um Männer und Frauen, die tagsüber an der Werkbank des Automobilwerks oder an den Retorten der Chemiefabrik stehen und die nach getaner Arbeit noch ein wenig kicken, sich mit dem Fußball, also für sie der schönsten Nebensache der Welt, widmen,  so als verdienter Ausgleich für die Arbeit an den Fließbändern, als Hobby, als Freizeitbeschäftigung am Feierabend.

Weit gefehlt: Die Jungs und Mädels aus der jeweiligen  Werks-Elf sind tagsüber beim  Training, oder im Kraftraum, nicht aber am Fließband. Sie tun etwas für ihre Kondition und ihre Fitness, nicht aber für die Produktion der Unternehmen VW oder Bayer.

Den Firmen ist nicht vorzuwerfen, dass sie in die Vereine, mit deren Namen sie verbunden sind, Millionen hereinstecken, um etwas für ihr Image zu tun. Die Vereinsführungen kann man auch nicht dafür kritisieren, dass sie das Geld nehmen, um damit Millionäre „einzukaufen“ oder teure Trainer zu engagieren. Fußball ist ein Millionengeschäft, auch in Deutschland und nicht nur bei FIFA-Boss Gianni Infantino.

Aber die Sportjournalisten sollten aufhören, den euphemistischen Begriff „Werks-Elf“ zu benutzen. Dieses Wort ist eine Irreführung. Und Journalisten sollten ihre Leser und ihre Zuschauer nicht in die Irre führen.

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Jürgen Merschmeier war Politischer Korrespondent in Bonn und bis 1984 stellvertretender Chefredakteur der „Kölnischen Rundschau“. Von 1985 – 1989 war er Sprecher der CDU und enger Mitarbeiter des CDU-Generalsekretärs Heiner Geißler. Merschmeier lebt in Bonn und ist als Journalist und Politikberater tätig.


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