80 Jahre sind eine lange Zeit. Der 8. Mai 1945 markierte das Ende des Krieges, der mörderischen Nazi-Diktatur und somit war er ein Tag der Befreiung, wie es Richard von Weizsäcker 40 Jahre später formulierte, Befreiung für Millionen in ganz Europa, also auch. Erleichterung darüber, dass nicht mehr geschossen und erschossen wurde. Frieden überall, so schien es uns, wir waren von Freunden umgeben, die Mauer fiel, der Eiserne Vorhang, die Sowjetunion wurde in ihre Teile zerlegt, was sie sich als Weltmacht angeeignet hatte, wurde wieder selbständig, die baltischen Staaten schlossen sich Europa an, ebenso Polen, Tschechien und andere. Die Ukraine war ein Sonderfall, Nachbar der Russen, alter Bruder im kommunistischen Reich. Und diese Ukraine war auf dem Weg Richtung Europa, sehr zum Kummer von Putin. Diese Entwicklung wollte und will Putin zurückdrehen. Er träumt vom alten, neuen Imperium der Größe der Sowjetunion. Vor wenigen Jahren überfiel er die Ukraine, weil er die Grenzen revidieren will mit aller Macht, weil er glaubte, das übrige Europa sei militärisch zu schwach, weil sie alle hier vom ewigen Frieden träumten, abrüsteten wie Deutschland, eine Entwicklung, die nun zu Ende ist. Es wird nachgerüstet, um Putin gegenhalten zu können, damit er aufhört und nicht weitermacht.
Am 8. Mai 2025 stehen wir vor der Frage: Was wird aus Europa? Wird es standhalten, beieinander bleiben oder werden weitere Staaten dem Beispiel Großbritanniens folgen? Oder kehrt London zurück nach Europa, das ja mit dem Kriegsende am 8. Mai 1945 in eine neue Epoche eingetreten war, mit Montan-Union, EWG und EU, mit den einst verfeindeten und längst befreundeten Mächten Frankreich und Deutschland, Polen und Großbritannien, den Niederlanden, mit Osteuropa, dem Baltikum, Tschechien. Und alles unter dem Schutzschirm der USA. Bis Donald Trump kam, der den Schirm wegzog und einen Deal mit Putin machte. Und auf den sich Europa nicht verlassen kann. Wir müssen es selbst tun, unsere Verteidigung stärken, nicht anzugreifen, sondern um Moskau klarzumachen, dass der Westen gerüstet ist. Der Westen? Gibt es den überhaupt noch? Das kleine Ungarn flirtet mit Putin.
Vor 80 Jahren: Meine Eltern, so viel habe ich damals gespürt- ich war gerade 4 Jahre jung und hatte keine Ahnung vom Krieg- waren erleichtert. Der Krieg war vorbei, die dauernde Angst vor den Fliegern der Alliierten, die über unser Dorf hinwegdonnerten auf ihren Flügen Richtung Ruhrgebiet, Richtung Krupp, den Hütten, den Orten der Kriegsmaschinerie. Es war vorbei, dass sie quasi jede Nacht vom Alarm geweckt wurden, mich aus dem Bett nahmen und losrannten Richtung Bunker. Unser Dorf liegt am Rande des Ruhrgebiets, schon fast Münsterland, also ländlich, da fielen nur Bomben vom Himmel, wenn die Flieger zurückflogen Richtung England, wenn sie ihre Bombenlast abgeworfen hatten. Und wenn sie die eine oder andere Bombe noch an Bord hatten, warfen sie sie einfach ab, über einem Wald, Feld, und so war auch einmal eine Brandbombe neben unserem Haus detoniert, das Feuer wurde gleich gelöscht, es war nicht viel passiert.
Braune Terrorherrschaft
Dass meine Eltern- sie waren keine Nazis, nicht nur, weil sie es wie fast alle behaupteten- erleichtert waren darüber, dass die braune Terrorherrschaft zu Ende gegangen war, dass man sich wieder offen zu reden traute, ohne dass man fürchten musste, von irgendeinem verpfiffen zu werden, um dann in Dachau zu landen, das habe ich erst später, Jahre später begriffen. Als Kind verstand ich es nicht, nach dem Krieg wurde das Thema verschwiegen, zu Hause, in der Schule, ja überall. Fiel mal ein Wort über die Judenverfolgung, über den Nachbarn X oder Y, der ein schlimmer Nazi gewesen war, brach das Gespräch sofort ab, wenn ich mich der Runde näherte. Das Kind sollte nicht verunsichert werden. Überhaupt, was ich auch später erst begriff, hoffte man allüberall, dass mit dem Ende des Kriegs auch ein Schlussstrich unter das ganze Geschehen gezogen würde. Juden gab es in meiner Nachbarschaft wohl keine, also wurde auch nicht darüber geredet, wie Juden einst verschwanden, weil sie von der Gestapo abgeholt wurden.
Ich begreife bis heute nicht, warum im Geschichts-Unterricht die ganze Zeit damit verbracht wurde, sich mit den Griechen und alten Römern zu befassen, mit Karl dem Großen, dem Bauern-Krieg, mit Napoleon, Bismarck, Kaiser Wilhelm, dass aber die Nazi-Zeit kein Thema war, auch nicht der Zweite Weltkrieg, die Juden-Verfolgung, die Nachkriegszeit. Es kann doch nicht allein daran gelegen haben, dass Geschichts-Lehrer und Lehrer anderer Fächer alle Nazis gewesen waren. Wenn sie es denn waren, ich weiß es nicht. Der Auschwitz-Prozess in den 60er Jahren in Frankfurt hat mich dann aufgerüttelt. Deutschland, das Land der Täter, der Richter und Henker, sechs Millionen Juden ermordet, eine wahre Tötungs-Industrie war geschaffen worden allein um Menschen zu vergasen, weil sie Juden waren. Nie hätte ich gedacht, dass jemals wieder in Deutschland eine Partei Boden gewinnen würde, die Faschisten in ihren Reihen hatte, Nazis, die den Holocaust leugneten, die diese Hitler-Barbarei mit dem Begriff Vogelschiss abtaten.
Und jetzt sitzt diese Partei, die die Erinnerungskultur in Deutschland abschaffen will, im Bundestag, ist zweitstärkste Partei, sitzt im Europa-Parlament und in fast allen Landtagen der Republik. Nie hätte ich das für möglich gehalten. Eine Partei, die sich AfD nennt, die vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden ist, könnte hier sogar an oder zumindest in die Regierung kommen, eine Partei, die unser demokratisches System zerstören, aus der EU raus will, den Euro abschaffen will. Hatte nicht Carlo Schmid, einer der großen Sozialdemokraten und Väter des Grundgesetzes, einst gemahnt, man dürfe keine Toleranz zeigen gegen den Verfassungsfeinden?
Millionen Nazi-Mitglieder
8. Mai 1945. Als gesichert gilt, dass Millionen Deutsche Mitglieder waren in der NSDAP, insgesamt mindestens an die 15 Millionen. Dabei gab es einen Aufnahmestopp, weil man des Ansturms auf die Nazi-Partei nicht mehr Herr wurde. So groß war die Begeisterung über Hitler, dem man den Aufstieg nach der Schmach der Niederlage des Ersten Weltkrieges verdankte, die Olympischen Spiele in Berlin, dass Österreich heim ins Reich kam, diesen Anschluss feierte man wie später die Blitzsiege. Aber nach dem 8. Mai 1945 waren über Nacht fast alle Deutschen keine Nazis gewesen. Ich las später Beiträge der berühmten US-Reporterin Martha Gelhorn: „Niemand ist ein Nazi. Niemand ist je einer gewesen. Es hat vielleicht ein paar Nazis im nächsten Dorf gegeben, und es stimmt schon, diese Stadt da 20 Kilometer entfernt war eine regelrechte Brutstätte des Nationalsozialismus. Oh, die Juden? Tja, es gab eigentlich in dieser Gegend nicht viele Juden. Zwei vielleicht, oder sechs. Sie wurden weggebracht. Wir haben nichts gegen Juden. Wir haben lange schon auf die Amerikaner gewartet. Ihr seid gekommen und habt uns befreit.“
Martha Gelhorn haben diese Geschichten, die sie von den Deutschen in ihrem damals besetzten Land hörte, empört, wütend gemacht, sie verachtete diesen Opportunismus, diese Lügen, diese Unfähigkeit, diesen Unwillen zu trauern und sich dem Zivilisationsbruch der Deutschen zu stellen in aller Demut. Martha Gelhorn erfuhr vom Kriegsende, als sie im Konzentrationslager Dachau Überlebende des Holocaust befragte. Für sie war Dachau der „passendste Ort in ganz Europa“, um die Nachricht vom Kriegsende zu hören. „Denn gewiss wurde dieser Krieg geführt, um Dachau und alles, wofür Dachau stand, abzuschaffen, für alle Zeiten.“
Am 1. September 1989 flog NRW-Ministerpräsident Johannes Rau nach Polen, um an den Gedenkfeiern aus Anlass des 50. Jahrestages des Kriegsausbruches 1939 teilzunehmen. Am 1. September 1939 hatte Hitlers Wehrmacht Polen überfallen, es begann der 2. Weltkrieg. Ich habe den Besuch in Polen dazu auch benutzt, um mit einem polnischen Taxi in den Süden der Republik zu fahren, nach Auschwitz. Ich bin ganz allein durch die Gedenkstätte dieser Mordanstalt gegangen, wo allein mindestens eine Million Juden ermordet worden waren. Zu Fuß, jeder Meter tat weh, jedes Bild schmerzte, Bilder von Kindern, ihren Schuhen, ihren Spielzeugen, Bilder der Koffer, der Haare der Vergasten, Bilder, wie die Menschen gequält wurden. Diese Bilde lagen mir tagelang im Magen, so etwas hatte ich noch nie gesehen. Jeder deutsche Schüler sollte einmal in seinem Leben nach Auschwitz fahren. Es grenzt an ein Wunder, dass die Polen, die Juden, die Franzosen und all die anderen, die Opfer der Nazi-Terrorherrschaft waren, nach dem Krieg mit Deutschen gesprochen haben.
Anerkennung der Schuld
Mit der Anerkennung der Schuld, so schrieb einst der Publizist Peter Bender, wurden die Deutschen historisch erwachsen. Es dauerte bis zum 8. Mai 1985, ehe Bundespräsident Richard von Weizsäcker in einer denkwürdigen Rede im damaligen „Wasserwerk“ in Bonn- dort tagte übergangsweise der Bundestag- feststellte, Deutschland sei am 8. Mai 1945 befreit worden vom Terror-Staat des Nationalsozialismus mit Adolf Hitler. Weizsäcker setzte den Punkt auf Befreiung und nicht auf Sieger-Justiz, auf Leid. Deutschland war damals besiegt, militärisch wie moralisch, besetzt und geteilt, aber es war befreit. Es war der Täter-Staat, nicht der der Opfer, auch wenn diese nicht vergessen werden dürfen. Was Weizsäcker, der selber als Offizier am Krieg teilnahm, nicht unterschlug. Eine Befreiung sei eine Befreiung, auch wenn viele der Befreiten sie in den Trümmern der Städte und der ideologischen Gespinste, in Flüchtlingstrecks und Gefangenlagern anders empfanden.
So wies der Bund der Vertriebenen gerade in einer Stellungnahme daraufhin, dass der 8. Mai 1945 für viele kein Tag der Freiheit gewesen sei, erinnerte der BdV an die Opfer von Flucht, Vertreibung und kommunistischer Repression. Und der BDH(Bundesverband Rehabilitation) mahnte die Erinnerung an die systematische Ermordung von Menschen mit Behinderung und psychischer Erkrankungen durch die Nazis an. „Rechtspopulistische und autoritäre Strömungen stellen gezielt die historische Wahrheit infrage. Sie verbreiten Narrative, die auf Abgrenzung, Entwertung von Minderheiten und geschichtsrevisionistischen Mythen basieren. Dagegen braucht es eine starke, aufgeklärte Zivilgesellschaft.“
80 Jahre sind eine lange Zeit. Man vergisst, was damals alles passiert war. Heute ist fast wieder alles heile Welt, die Jahrhundertverbrechen sind (fast) vergessen. Man lese nach, was der Verleger der Münchner Abendzeitung, Werner Friedmann, in der Nummer zwei der „Süddeutschen Zeitung“ am 9. Oktober 1945 schrieb. Friedmann hatte Verfolgung und Krieg überlebt, lese ich im Jubiläumsbuch „75 Jahre SZ“, und begann nun die Lizenz Nummer eins des Blattes zu machen, die die US-Militärregierung den künftigen Blatt-Machern erteilt hatte.
Die Stadt München lag am Boden-wie fast alle Städte in Deutschland. Friedmann kannte seine Stadt nach zwölf Jahren der 1000jährigen Nazi-Herrschaft kaum wieder. „Einen Augenblick stockte der Herzschlag, man möchte schnell umkehren, um nicht das schöne, so lange Zeit im Herzen getragene Bild der Erinnerung zu zerstören“. Erschüttert ob der Wunden, die ihr die Zeit geschlagen hatte, eine Stadt mit Runzeln und Furchen statt des einst heiteren Gesichts, schreibt Friedmann. München, eine zerstörte Schönheit, „weil Menschen, die in ihr wohnten und Irrwege gingen, die, unüberlegt oder verführt, den Sinn des Lebens mißverstanden und heitere Lebenslust in finstere Eroberungssucht umwandelten. Die die ehrwürdigen Traditionen einer Musenstadt mit den fröhlichen Begleitkulissen des Starkbiers, des Faschings, des Oktoberfestes vergaßen, und stattdessen marschierten, organisierten, uniformierten, sich zu Sklaven einer angriffslustigen Kriegsmaschine machten und sich von verlogenen, wahnwitzigen Parolen locken ließen.“ Man spürt aus jeder Zeile das Leid des Autors und Münchners, statt schön und strahlend nun zerschmetterte Fassaden dieser Stadt, ausgebrannte Steinhöhlen, tote Steine, getürmte Trümmer.
Das Gräberfeld-Hier ist der Tod
München ist längst wieder auferstanden. Aber man darf nie vergessen, was war und wie es war und wie es zustande gekommen ist. Wer es nicht wahrhaben will, dem empfehle ich die Lektüre des Buches von Ian Kershaw: „Höllensturz.“ Im Kapitel „Aufstieg aus der Asche“ lässt Kershaw die polnische Schriftstellerin Janina Broniewska zu Wort kommen. 1945 lebte Europa im Dunkel von Tod und Zerstörung, leitet Kershaw das Kapitel ein, dann folgt die Schilderung der Polin. „Hier ist ein Gräberfeld- Hier ist der Tod. “ So beschreibt sie das von den Nazis völlig zerstörte Warschau. Und so erlebte Alfred Döblin sein Berlin nach 12 Jahren Exil. Döblin hatte erschüttert Städte gesehen, „von denen wenig mehr als die Namen existieren.“
Wenn wir heute über Probleme unserer Infrastruktur reden und meinen, sie sei völlig kaputt, der möge mal bei Kershaw nachschlagen und lesen auf der Seite 635: Eisenbahnnetze, Kanäle, Brücken und Straßen von Bomben oder Truppen auf dem Rückzug zerstört, in vielen Gegenden kein Gas, Strom oder Wasser, nur unter großen Schwierigkeiten waren Lebensmittel, Medikamente und Heizmaterial zu bekommen. Viele Menschen litten an Unterernährung, wurden krank vom Hunger, erdrückend die Wohnungsnot, überall Obdachlosigkeit, in Deutschland 40 Prozent der Gebäude zerstört mit zehn Millionen Wohnungen. 50 Millionen Menschen nur behelfsmäßig in Trümmern und Ruinen untergebracht. Viele verzweifelt auf der Suche nach Nahrung. Dazu kamen 12 Millionen Vertriebene. In den Ruinen von 1945, schreibt Kershaw, hätte sich wohl kaum jemand eine Entwicklung bis heute vorstellen können.
An der Befreiung Deutschlands war die Rote Armee maßgeblich beteiligt. Sie sorgte unter erheblichen Verlusten an Menschen und Material dafür, dass die Westfront für die Alliierten entlastet, dass die Landung in der Normandie gelingen konnte, dass die Wehrmacht nur noch auf dem Rückzug war. Ohne die Sowjetunion wäre das Nazi-Reich in dieser kurzen Zeit nicht zur Aufgabe gezwungen worden. Dass die Soldaten der Roten Armee 1944/45 im Deutschen Reich blutige Rache nahmen und Gräueltaten verübten, massenhaft Frauen vergewaltigten, gehört zu dieser Geschichte der Befreiung. Und doch fehlt ein Redner Russlands auf der Tribüne, weil Putin seinen Krieg gegen die Ukraine austrägt, weil er morden und zerstören lässt und offensichtlich Europas Grenzverläufe in seinem Sinn korrigieren möchte.
Kein Schlussstrich
Nein, einen Schlussstrich kann, darf es nicht geben. In Deutschland, ja in ganz Europa sind nationalistische Kräfte auf dem Vormarsch. Wir haben in Deutschland gesehen, wozu überzogener Nationalismus, Hass, Ausgrenzung von Minderheiten, fehlende Menschenwürde führen können. Hier bei uns ist es die AfD, die sich erfreut am Gebrüll wie „Deutschland den Deutschen-Ausländer raus“. Dabei brauchen wir Ausländer, rund 400000 pro Jahr, Facharbeiter sind Mangelware. Und doch profitiert die AfD von ihrer Propaganda der Remigration, der Umvolkung, haben Deutsche mit Migrationshintergrund Angst, dass sie, käme die AfD an die Macht, rausgeschmissen werden. Diese Sorge haben auch Deutsche jüdischen Glaubens. Das hat der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, gerade in einem Interview mit der SZ deutlich gemacht. Unter einer AfD-Regierung müsste er sich fragen, ob er den in Deutschland lebenden Juden- es sind wohl so um die 100000- raten müsste, auszuwandern. Man fast sich an den Kopf. Ist es schon wieder so weit?
Die Schrecken des 20. Jahrhunderts haben die Zeitzeugen nicht vergessen, aber viele von ihnen, ja die meisten sind tot. Es liegt an uns , das Erbe weiter zu geben an die Kinder und Enkel. Geschichte ist schwierig und voller Widersprüche. Auch die Geschichte der Deutschen und der Russen. Ich weiß, dass die Polen, dass die Esten, Letten in Sorge sind ob der Russen, ob Putins imperialer Politik, die auch gegen sie gerichtet werden könnte. Bei allem Streit und berechtigter Wut auf Putin, darf nicht unterschlagen werden, dass Hitler-Deutschland im Sommer 1941 den Vernichtungsfeldzug gegen die Sowjetunion begonnen hatte. Putin die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, dass man seinen völkerrechtswidrigen Krieg verurteilt und nicht hinnehmen wird, ist das eine. Das andere aber ist, dass wir Russland nicht isolieren dürfen, sie sind unsere Nachbarn. Zu Gedenkfeiern gehören sie ebenso dazu wie die Vertreter der Ukraine, Weißrusslands. Das gefällt nicht jedem, aber die Geschichte geht weiter. Ich weiß nicht, ob es je einen neuen Gorbatschow geben wird. Aber dass es ihn damals gab und er der Mann war, der uns Deutschen die Einheit bescherte und den man dann in Russland heftig kritisierte, gehört zur Wahrheit dazu.
Unsere Erinnerungskultur muss bleiben. Weil sie zu Deutschland gehört. Zu Europa. Deutsche und Franzosen haben vor Jahrzehnten ihren Frieden gemacht, Polen, unser Nachbar, ist Teil von Europa. Wie das Baltikum, Tschechien, Italien, Holland usw. Es ist gut, dass der neue Kanzler Friedrich Merz als erstes Frankreich besucht hat, dann Polen und sicher bald Brüssel, also Europas politische Hauptstadt. Europa gab 1945 ein Bild ab, das einem großen Friedhof gleichkam. Heute lebt Europa mit einem Deutschland in der Mitte, in ziemlichem Wohlstand. Der 8. Mai könnte eines Tages zu einem gemeinsamen Gedenktag werden. Autoritäre aus aller Welt, weder die in Washington, noch die in Russland sollten uns daran hindern.
Bildquelle: Pixabay