Das Fahrverbot für Dieselfahrzeuge-so ein Urteil des Bundesverwaltungsgericht in Leipzig- ist bei den Besitzern eines solchen Wagens denkbar unbeliebt: Der Wert des Wagens sinkt beträchtlich, wenn er nicht kostspielig aufgerüstet wird. Und das Urteil sieht keinen finanziellen Ausgleich dafür vor. In dieser Hinsicht ist also der Ärger der betroffenen Bürger und ihr Protest gegen ein solches mögliches Verbot in ihrer Stadt erstmal verständlich. Es scheint die Lösung des Problems auf die Bevölkerung abwälzen zu wollen, die guten Glaubens vermeintlich umweltfreundliche Autos kaufte und jetzt darauf sitzen bleiben könnte. Sinnbringender wäre es, die Hersteller zur Rücknahme der betroffenen Kraftfahrzeuge zu zwingen, oder zur Finanzierung der Hardwareaufrüstung aller Wagen. Letzteres könnte die Luft in Innenstädten nach Messungen des ADAC um 25% verbessern, entgegen der Behauptungen der Industrie.
Alexander Dobrindt – keine nennenswerte Konsequenzen für die Industrie.
Es ist aber kurzsichtig, das Urteil nur darauf zu reduzieren. Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe nennt es „Spiegel Online“ gegenüber eine Niederlage für die Politik, die bisher weniger ihre Bürger geschützt und stattdessen eher den Schulterschluss mit der Autoindustrie gesucht hat. Allen voran Verkehrsministerium und Kraftfahrtbundesamt, personifiziert in Alexander Dobrindt, der sich während des gesamten Dieselskandals vor allem damit beschäftigte, dass auch ja keine nennenswerte Konsequenzen für die Industrie zu Stande kamen.
6000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr
Damit ist es nun endgültig vorbei. Dass wir erst Grenzwertüberschreitungen in diesem Ausmaß erreichen mussten, damit irgendeine Wende in dieser Affäre erreicht wurde, ist natürlich ein Armutszeugnis an Deutschland. Viel zu lange ging es nur um das Geld, viel zu lange wurden die Interessen der Automobilindustrie vor die der Bürger gestellt – und dabei geht es um nichts geringeres als um unsere Gesundheit, um ca. 6000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr. Jetzt hat die Politik aber die Chance, ihre Fehler auszugleichen und entschieden die Industrie unter Druck zu setzen. Das ist auch im Hinblick auf die Arbeitsplätze, die am Auto hängen, dringend nötig: Entweder zwingt man die Branche jetzt zu ihrem Glück, damit sie die Kurve bekommt und ihre bevorstehende Implosion und damit der Verlust der Arbeitsplätze verhindert wird , die an ihr hängen, oder aber wir lassen das Auto als Verkehrsmittel hinter uns. Sicher steckt im Moment viel Hoffnung in den E-Autos, doch die haben im Kern dasselbe Problem wie Verbrennungsmotoren: der ungleich hohe Aufwand an Energien, um vergleichsweise wenige Menschen zu transportieren.
Die Politik muss jetzt die Chance nutzen, um das Ruder herumzureißen.
Ein nicht unbedingt kostenloser, aber zumindest erschwinglicher öffentlicher Nahverkehr, auf den man sich verlassen kann, ist hier zukunftsweisender. In Großstädten ist er zwar momentan nicht nur lächerlich störanfällig, sondern auch noch maßlos überlastet. Das zeigt aber nur, dass auch hier von Bund und Kommunen geschlampt wurde: Seit Jahren zeichnet sich ab, dass immer mehr Menschen wegen der steigenden Mieten in den Innenstädten pendeln müssen, und es wurde nur unzulänglich langfristig geplant, um den Nahverkehr für die steigende Belastung zu stärken. Jetzt befinden wir uns an einem Punkt, an dem es nicht mehr weitergeht wie bisher. Die Politik muss jetzt die Chance nutzen, um das Ruder herumzureißen.
Bildquelle: MarkBuckawicki – https://commons.wikimedia.org