Der Wahlsieg von Ekrem Imamoglu in Istanbul ist auch eine Niederlage für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, daran gibt es nichts zu rütteln. Auch wenn der Staatschef sich mit der Unterstützung für den AKP-Kandidaten, den Ex-Regierungschef Yildirim, zurückgehalten hat, um eben nicht am Ende als Verlierer dazustehen: Erdogan war es, der die Wiederholung der Wahl vom 31. März erwirkt hatte, weil ihm das Ergebnis nicht gefiel. Nun muss er sich die Schlappe zurechnen lassen.
Der Erfolg der größten Oppositionspartei CHP in Istanbul war kein Ausrutscher. Die Wahlbevölkerung hat Imamoglu mit einem größeren Vorsprung noch zusätzlich gestärkt. Sie stellt dem autokratischen Machtanspruch von Erdogan und der AK-Partei eine säkulare Perspektive entgegen. Nicht nur in Istanbul, aber die Metropole am Bosporus ist die größte und wirtschaftlich bedeutendste der nun von der CHP regierten Städte.
Wer Istanbul hat, so hatte es Erdogan selbst dereinst gesagt, als seine Karriere in der türkischen Politik begann, wer Istanbul hat, hat bald auch die Türkei. Aus dem Amt des Bürgermeisters von Istanbul heraus begann sein beispielloser Aufstieg, und von dort droht ihm nun Widerstand zu erwachsen. Ekrem Imamoglu schickt sich an, eine demokratische, tolerante und rechtsstaatliche Alternative zu verkörpern.
Den Anfang vom Ende Erdogans zu bejubeln, wäre jedoch verfrüht. Der Staatspräsident hat seine Machtposition nach dem Putschversuch vor drei Jahren erheblich ausgebaut. Seine eigenen Kompetenzen sind außerordentlich ausgeweitet, Kritiker aus Staatsapparat und Militär entfernt, Justiz und Medien ihm zugetan. Ein Herausforderer in der Präsidentenwahl 2023 wird es nicht leicht haben. Immerhin: es kann einen Herausforderer geben, Alternativen sind möglich. Das ist das Signal, das von Imamoglus Wahlerfolg weit über Istanbul hinausgeht.
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