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HOFFNUNGSSCHIMMER FÜR ARME SAUEN

Friedhelm Ost Von Friedhelm Ost
30. Juni 2020
Schweinehaltung

Mehr als die Hälfte ihres Lebens werden sie in ganz engen Käfigen aus Metall gehalten: Das irdische Dasein der Sauen in den vielen Schweinezuchtbetrieben unserer Republik ist noch schlimmer als saumäßig. Denn diese Kastenhaltung lässt den Tieren nahezu keinen Bewegungsspielraum. Einzig und allein geht es den Haltern um Profit. Von Tierwohl ist aber auch nicht die Spur zu registrieren.

Kein Mitgefühl für Schweine

Die meisten Menschen, die im Laufe eines Jahres im Schnitt rund 60 Kilogramm Schweinefleisch verzehren, kümmert es offenbar überhaupt nicht, was in deutschen Schweineställen geschieht. Verbal sind die Käufer von Schweinebraten, Koteletts, Schinken und anderen Teilen des Schweins bereit, ein paar Cent mehr für die tierischen Produkte zu zahlen, um damit etwas Mitgefühl für die Schweine zu dokumentieren. Doch real sieht es beim Kauf in den Supermärkten der Discounter dann ganz anders aus: Geiz ist geil, jede Menge zum Niedrigpreis, billigst in die Pfanne oder auf den Grill, diese Mentalität bestimmt zumeist das Verbraucherverhalten. An die arme Sau denkt dabei kaum jemand. An die Billiglöhner, die als Schlachter, Zerbeiner und Zerteiler in den Megafleischbetrieben schuften, wohl auch nicht. Es sei denn, bei Tönnies oder anderen Großschlachtereien bringt die Corona-Krise die Sauereien zum Vorschein, dann herrscht im Land der Gutmenschen auf dem Sofa vor dem Fernseher während der Abendnachrichten minutenlange Erregung über solche Schweinereien.

Produktion mit Tier-Maschinen

Sauen werden bislang wie Produktionsmaschinen benutzt: Zwei- bis dreimal pro Jahr werden sie künstlich besamt und dann in den engen Kasten eingepfercht. Zuvor wird ihnen zumeist noch eine Hormonspritze verpasst, damit die Rausche, also die Empfänglichkeit, auch optimal funktioniert. Dann wird die Sau für rund vier Wochen in den Kastenstand gebracht. Zum Wurf der Ferkel geht’s danach in den Abferkelstall, in einen Metallkäfig, in dem schließlich 10 bis 20 Ferkel vom Muttertier geworfen werden. Drei bis vier Wochen werden die Ferkel gesäugt; dabei trennt ein Gitter die Muttersau von ihren Ferkeln, hinter denen sie zwar an die Zitzen herankommen, aber keinen anderen Kontakt aufnehmen können.

Abschaffung des Kastenstandes bis 2028

Wenn die Sau den Produktionszyklus mit einem Jahresdurchschnitt von mindestens 30 Ferkeln nicht mehr erfüllt, geht es zum Schlachthof und von dort zu den privaten Konsumenten, die sich über den Schweinebraten hermachen. Was so aus dem Stall frisch auf den Tisch kommt, sollte vielen Menschen die Fleischstücke im Hals stecken lassen. Einig sind sich viele Zeitgenossen durchaus in der Meinung: Es muss etwas geschehen, es darf aber nichts passieren! Seit fast zwei Jahrzehnten wurde nämlich schon über die widerliche Kastenhaltung diskutiert: Sie wurde gar als illegal verurteilt. Die Verordnung über die Sauenhaltung schreibt eindeutig vor, dass „Schweine in Seitenlage ihre Gliedmaßen ungehindert ausstrecken können müssen“.

Lange Zeit hat es gebraucht, um diese saumäßige Tierquälerei im Schweinestall zu verändern. Nach langer Diskussion gibt es nun endlich eine tierfreundlichere Lösung. Die Bundesregierung hat sich mit den Ländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen verständigt, dass der Kastenstand abgeschafft wird. Nur noch für die Besamung wird eine kurze Fixierung der Sauen mit Metallstangen erlaubt. Am nächsten Freitag wird der Bundesrat über diese Verordnung abstimmen.

Die Sauen in den Ställen der Veredlungsbetriebe müssen trotzdem noch einige Zeit die Quälerei erdulden. Denn es wird eine Übergangsfrist von acht Jahren gewährt, um den Schweinehaltern die Möglichkeit zum Umbau der Ställe zu ermöglichen. In der Zeit bis 2028 soll jedoch jedes Schwein seine Gliedmaßen in die Seitenlage ausstrecken können, ohne dabei an ein bauliches Hindernis zu stoßen. Immerhin gibt es damit einen Hoffnungsschimmer für manche arme Sau in deutschen Ställen. Das Tierwohl, das von der Bundesministerin Julia Klöckner immer wieder beschworen wurde, bleibt dennoch eine Farce.

Bildquelle: Pixabay, Bild von Hans Braxmeier, Pixabay License

 


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