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Name ist Schall und Rauch? Oder hohes Kleinod? Oder Rassismus?

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
19. Juli 2020
Möhre

Name ist Schall und Rauch, haben wir von Goethe gelernt, womit man dem einen oder anderen bedeuten könnte: Nimm dich nicht so wichtig! Aber von Schiller wissen wir: Ehrlicher Name! Wahrhaftig eine reichhaltige Münze. Ein hohes Kleinod sei der gute Name, belehrte uns der Dichter. Man könnte viele Beispiele nennen, wenn man um Namen streitet, wie das gerade nicht nur in Berlin, sondern auch anderenorts wie in Bonn geschieht. Wenn es um Rassismus geht oder wenn jemand hinter einem Namen rassistisches Gedankengut vermutet. Neger, geht gar nicht, weil man damit nicht nur den üblen Kolonialismus und die Oberherrschaft der Weißen über die Schwarzen verbindet. Neger kann ein Schimpfwort sein, wenn jemand Neger im Zusammenhang mit einem Sklaven nennt und „von meinem Neger“ spricht, der aber nicht unbedingt ein Schwarzer sein muss.

Damit das klar ist: Rassismus muss bekämpft werden, er widerspricht jeglicher Menschenwürde. Wegen der  Hautfarbe einen Menschen abzulehnen, ihn zu  beschimpfen, zurückzustellen, schlechter zu behandeln oder zu bezahlen, ist kein Kavaliersdelikt. Die Würde des Menschen  ist unanstastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.  Artikel 1 Grundgesetz.

Ich habe mal für eine Zeitung gearbeitet, in der man einen Farbigen nicht farbig nennen durfte, einen Schwarzen nicht schwarz. Begründung: Wir nennen ja einen Weißen auch nicht weiß. Stimmt. Dennoch werden die farblichen Unterschiede immer wieder beschrieben. Was auch nicht falsch ist. Oder soll das diskriminierend sein? In Wien können Sie sich einen Kaffee  bestellen, der nicht einfach Mokka heißt, sondern Franziskaner, Wiener Melange, Kapuziner, Fiaker, Einspänner, Kosakenkaffee, Zarenkaffee, kleiner oder großer Schwarzer, kleiner oder großer Brauner. Ist das anstössig, rassistisch? Oder nur österreichisch? Eine Debatte darüber, ob das geht oder nicht, ist mir nicht bekannt.

Das mit den Namen ist immer so eine Sache. Man sollte das nicht zu Lebzeiten mit Namen machen, wie das zum Beispiel in der Nazi-Zeit mit Hitler-Straßen und Hitler-Plätzen der Fall war. Die gab es in Ahaus, in Andernach, in Aschaffenburg, in Bamberg, in Bonn, in Breslau, Dachau, Essen, Freiburg, Hamburg, Hennef, München, Münster, um nur einige Städte zu nennen. Als alles in  Scherben lag, konnte man sich nicht schnell genug von diesem Namen trennen, was übrigens auch für Ehrenbürgerschaften gilt.

Debatte über Mohrenstrasse in Berlin

Wer sich in Städten umsieht, stößt auf historische Namen. Die Hausdorffstraße führt durch den Bonner Stadtteil Kessenich, benannt ist sie nach einem jüdischen Professor. Prof. Felix Hausdorff war ein berühmter Mathematiker, er lieferte Wesentliches zur Mengenlehre und gilt als Mitbegründer der Topologie. Er wurde von den Nazis verfolgt und nahm sich 1942 das Leben, weil er nicht ins KZ wollte. Der Name Hausdorff ist unumstritten. Anders sieht es mit der Hindenburgstraße aus. Gegen diesen Namen laufen immer wieder Bonner Sturm. Der einstige Feldmarschall ernannte als Reichspräsident Adolf Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler , der Rest ist bekannt. Damals war Hindenburg berühmt, heute gehen viele auf Distanz.

In Berlin tobt eine Debatte um die Mohrenstraße. Mohren, das klingt rassistisch. Ganz nebenbei gibt es in Augsburg ein feines Hotel mit Namen „Drei Mohren“. Was tun? Umbenennen? Witzige Zeitgenossen haben längst dafür plädiert, aus der Mohren einfach die Möhrenstraße zu machen. Zwei Pünktchen und die Sache wäre erledigt. So einfach geht das nicht in Deutschland. Wir wollen politisch überkorrekt sein.

Im Berliner „Tagesspiegel am Sonntag“ fand ich dazu eine Kolumne von Harald Martenstein, die mit dem neuesten Namen-Streit in der Hauptstadt beginnt: die Umbenennung von „Onkel Toms Hütte“, so heißt eine U-Bahn-Station in Zehlendorf. Ich kenne die Station, habe früher in der Nähe gewohnt, als ich das erste Jahr an der Freien Universität studierte. Der Name hat aber nichts zu tun mit dem gleichnamigen antirassistischen Roman, der viel zum Ende der Sklaverei beigetragen habe, schreibt Martenstein. Der Name des Bahnhofs ist nach einem Thomas genannt, der einst dort eine Kneipe hatte mit einer speziellen Überdachung, weshalb man dem Raum den Namen Hütte gab. Nachzulesen in den Leserbriefen des Blattes, in denen  sich Lothar Beckmann für den Vorstand des Heimatvereins Zehlendorf e.V.(1866), äußert. Selbiger Beckmann schildert dann die lange Geschichte des Lokals, die in die 1880er Jahre zurückreicht. Kneipier Thomas war es, so Beckmann, auch „Grober Tom“ genannt“, aus der Leipziger Straße, erster Wirt des Lokals im Grunewald, der dem Kind, gemeint dem Lokal den Namen gab, später dann der U-Bahn-Haltestelle, der Waldsiedlung und Kino in der Ladenstraße. Ob das als Erklärung reicht? Ich glaube es nicht.

Adenauer befürwortete Kolonialismus

Zurück zu Martenstein und der schweren Sache mit historischen Namen. „Wenn Du heute zufällig Wagner heißt, musst Du jederzeit damit rechnen, dass dir Antisemitismus vorgeworfen wird, wegen Richard Wagner.“ So der Kolumnist, der Beispiele an Beispiele anreiht und andeutet, welche Debatte Berlin noch bevorsteht. Das trifft beide Volksparteien. So sei der Konrad- Adenauer-Platz ein Kandidat für eine Umbenennung. Ausgerechnet Adenauer, der von den Nazis als OB von Köln abgesetzt wurde, der sich im Kloster Maria Laach vor den Schergen Hitlers versteckte. Man muss noch weiter zurückgehen, um herauszufinden, dass „der erste Nachkriegskanzler in jüngeren Jahren ein glühender Befürworter des Kolonialismus war und sogar im Vorstand der deutschen Kolonialgesellschaft aktiv. “ Muss etwa die deutsche Geschichte wieder mal umgeschrieben werden? Von Adenauer stamme die Forderung: „Das deutsche Reich braucht Kolonien“. Originalton Dr. Konrad Adenauer, datiert von 1927. So Martenstein.

Und damit sich die Sozialdemokraten nicht zu früh freuen, dem Alten aus Rhöndorf etwas ans Bein binden zu können, hier zwei Beispiele aus der SPD-Geschichte. Erzählt nach Martenstein. Die Berliner müssten sich vor der endgültigen Fertigstellung noch Gedanken machen über den Namen des Flughafens, falle doch auf die möglicherweise nahende Eröffnung ein rassistischer Schatten. Willy Brandt, dessen Name den Flughafen zieren soll, habe im März 1948 eine antikommunistische Rede gehalten mit folgendem Satz: „Wir wollen keine Volksdemokratur oder den schwarzen Neger der Volksdemokratie.“ Und wem das nicht reicht, den erinnert Martenstein an Kurt Schumacher, den ersten SPD-Parteichef nach 1945. Der habe über seine Deutschen gesagt: „Wir sind kein Negervolk.“

Kurfürst und der Sklavenhandel

Damit nicht genug. Der Kolumnist hat so richtig in der Berliner Namensgeschichte gewühlt und einen Historiker namens Ulrich van der Heyden aufgetan, einen  Spezialisten für Kolonialgeschichte. Und dieser Historiker habe daran erinnert, dass „der für den Kurfürstendamm namensgebende Kurfürst mit Sklavenhandel zu tun hatte. “ Wenn das so weitergeht, bleibt von Berlin nichts übrig. Wer waren denn all die Militärs, die den Straßen ihren Namen gaben, wie Bülow, Yorck, kann der Kaiserdamm so bleiben, was wird aus der Friedrichstraße, dem Hohenzollerndamm, der Barbarossastraße? Ein Leser des Tagesspiegel glaubt, dass mindestens 250 Namen und Plätze in Berlin umbenannt werden müssten, wenn… Aber dann hätten wir eine Debatte von Hamburg bis München losgetreten. Keine Stadt bliebe verschont oder kennt jemand eine Kommune ohne eine Richard-Wagner-Straße, einen Hindenburgdamm. Barbarossa-Platz gibt es in Köln, nur mal so nebenbei erwähnt. Und soll die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche so bleiben?

Ich finde die Idee mit den Pünktchen über den Mohren nicht schlecht. Aber was machen die Augsburger mit ihrem feinen Hotel? Pünktchen würden nicht reichen oder können Sie sich ein Drei-Möhren-Hotel vorstellen? Ich nicht, aber ich heiße auch nicht Hase. 

Bildquelle: Pixabay, Bild von klimkin, Pixabay License

 


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