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Home Politik

SPD-Landtagsfraktion NRW verprellt Gewerkschaften

Redaktion Von Redaktion
3. Januar 2021
Kampagnenbild SPD

Die SPD-Landtagsfraktion in NRW hat sich selbst in eine schwierige Lage manövriert. Das geht aus einer E-Mail und einem Brief der Landesvorsitzenden des DGB in NRW hervor. Ausgangspunkt ist ein Vorgang im NRW-Landtag. Dort haben die Regierungsfraktionen CDU und FDP zusammen mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag zur Arbeitszeit in der digitalisierten Arbeitswelt eingebracht und ohne Gegenstimmen oder Enthaltungen verabschiedet. Darüber sind der DGB und seine Gewerkschaften empört und aufgebracht. Besonders auffallend ist, dass dieser Antrag von der FDP initiiert worden ist, die seit längerer Zeit das gültige Arbeitszeitgesetz gegen die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schleifen will.

In Oppositionszeiten gibt es für die SPD-Fraktion höchst selten eine Notwendigkeit, mit den Regierungsfraktionen im Landtag gemeinsame Sache zu machen. Allenfalls, wenn es darum geht, die demokratischen Institutionen zu schützen oder gegen Terrorismus, Antisemitismus oder Rechtsextremismus Flagge zu zeigen, ist es angebracht, gemeinsame Anträge zu stellen. Deshalb sind die Gewerkschaften aufgeschreckt, als sie diesen gemeinsamen Antrag gesehen haben. Allerdings hat ihre Intervention bei dem SPD-Fraktionsvorsitzenden keinen Erfolg gehabt. Die fadenscheinige Ausrede: Nachdem ein gemeinsamer Antrag vorbereitet worden sei, könne man seine Zustimmung nicht mehr zurückziehen. Mit anderen Worten: Die SPD-Landtagsfraktion brüskiert lieber den DGB und seine Gewerkschaften in einer für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer elementaren Angelegenheit als den Regierungsfraktionen die Gefolgschaft aufzukündigen.

Selbst die persönliche Intervention der DGB-Landesbezirksvorsitzenden Anja Weber beim SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Kutschaty und der Einspruch des DGB-Bundesvorsitzenden Reiner Hoffmann waren erfolglos. Daraufhin sagte Anja Weber per E-Mail an den SPD-Landesvorsitzenden Sebastian Hartmann und Fraktionschef Thomas Kutschaty kurzerhand die Teilnahme des DGB und der Gewerkschaften an einer Sitzung des SPD-Gewerkschaftsrates ab. Ein beispielloser Vorgang, der das ganze Ausmaß der Provokation durch die Landtagsfraktion deutlich macht.

Auch Bundesarbeitsminister Hubertus Heil ist düpiert. Er muss federführend in der Koalition über Veränderungen im Arbeitszeitgesetz verhandeln, wie es im Koalitionsvertrag verabredet worden ist. Der Beschluss des NRW-Landtags mit den Stimmen der SPD-Fraktion engt seinen Spielraum ein. Abgestimmt war die Vorgehensweise der SPD-Landtagsfraktion jedenfalls weder mit der Landesgruppe der SPD-Bundestagsabgeordneten noch mit dem sozialdemokratischen Bundesarbeitsminister, auch nicht mit dem SPD-Landesvorsitzenden Sebastian Hartmann. Ironie dieser Geschichte: Jetzt wird von der CDU/CSU-Bundesfraktion angeregt, den NRW-Landtagsbeschluss zur Grundlage für die Veränderung des Arbeitszeitgesetzes zu machen. Union und FDP können sich zufrieden die Hände reiben.

Inzwischen wird in der SPD-Landtagsfraktion versucht, dieses Desaster herunterzureden und als nicht so wichtig an die Seite zu schieben. Nach dem Motto: Die Gewerkschaften sollen sich mal nicht so haben, sie würden ja ihre Politik auch nicht immer mit der SPD-Landtagsfraktion abstimmen. Welch ein Missverständnis! Besonders das Arbeitszeitgesetz als Schutzschild für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat für den DGB und alle Gewerkschaften eine herausragende Bedeutung im betrieblichen Arbeitsalltag. Deshalb erzeugen der Vorgang und der Umgang mit ihm durch die Landtagsfraktion nur noch kopfschüttelnde Fassungslosigkeit im DGB und in den Gewerkschaften. So viel Entfremdung von der Arbeitswelt durch die Fraktion und ihre Führung ist denn doch nicht vermutet worden.

Wie groß die Verärgerung im DGB ist, macht die Mail von Anja Weber deutlich:

„Mit diesem Antrag fällt die SPD-Landtagsfraktion in NRW dem DGB und seinen Einzelgewerkschaften – und auch den Bemühungen des Bundesarbeitsministers – in den Rücken, die Beschäftigten vor der Entgrenzung der Arbeitszeit – nicht nur, aber auch – im Zuge der Digitalisierung zu schützen. Das ist eines unserer zentralen Themen, zu dem wir im vergangenen Jahr einen gut besuchten und beachteten Parlamentarischen Abend im Landtag durchgeführt haben. Auch wenn mir zwischenzeitlich von verschiedener Seite versichert wurde, dass dies keinesfalls beabsichtigt war und man wohl nicht aufmerksam genug gewesen sei, bedeutet dieses Vorgehen für uns Gewerkschaften eine Zäsur. Mir ist völlig unklar, wie dieser aus meiner Sicht einmalige Vorgang geheilt werden könnte.“

Dass die Gewerkschaften es bei diesem ersten geharnischten Protest nicht belassen würden, geht aus einem Brief der DGB-Landesbezirksvorsitzenden vom 11. Dezember 2020 an den SPD-Fraktionsvorsitzenden hervor, den dieser auf Verlangen des DGB an alle SPD-Abgeordneten weitergeleitet hat. „Der DGB und unsere Gewerkschaften haben diese Positionierung mit Erschrecken zur Kenntnis genommen“, heißt es darin. Und weiter: „Wir sind auch deshalb über den Landtagsbeschluss entsetzt, weil dieser offensichtlich in Unkenntnis davon beschlossen wurde, welche Möglichkeiten das Arbeitszeitgesetz für Flexibilisierung bereits bietet. Vor einem starren 8 Stunden Tag kann nicht die Rede sein. Dieser Schutzrahmen basiert auf arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen, die wir nicht einfach über Bord werfen sollten.“ So viel Nachhilfeunterricht in Sachen Arbeitszeitgesetz für eine SPD-Landtagsfraktion in NRW durch den DGB und seine Gewerkschaften ist einzigartig und mehr als peinlich für den Fraktionsvorsitzenden, der den Parteivorsitz in NRW und die Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 2022 anstrebt.

Bildquelle: NRWSPD

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Tags: Alleingang NRWSPDArbeitszeitArbeitszeitgesetzGewerkschaftenKonflikt SPDNRW-GewerkschaftenSPDSPD-NRW. Landtagsfraktion NRW
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Comments 1

  1. Fischer Karl says:
    5 Jahren ago

    Leider wurden immer wieder unser Sozialen Errungenschaften von Profiteuren der Politik Ausgehöhlt (Kohl, Schröder, Müntefering, Clemens, Gabriel die Bande der FDP ect.). Das können Sie nur machen weil unsere Bevölkerung zu fast 90% politisch keine Ahnung oder Interesse haben. Politische Bildung der Bevölkerung und soziale Sicherheit sind die einzige Garantie für den Bestand unserer Demokratie!!! Gruß Karl Fischer

    Antworten

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