Wahnsinn, entfährt es manchem politischen Beobachter, wenn er über Trump nachdenkt, verfolgt, was der macht, wie er per Dekret regiert, von Deals palavert und damit seine politischen Geschäfte meint. Immerhin ist er der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, des mächtigsten Landes der Welt. Aber wie er Soldaten nach Los Angeles schickt, weil es dort ein paar Proteste gibt. Die Armee gegen das eigene Volk, das ist der Gipfel. Trump macht es, gegen den Widerstand des dortigen Gouverneurs. Er macht es, weil er es will, weil er die Macht der anderen, der demokratischen Institutionen brechen will. Er akzeptiert nur Gesetze und Urteile, die ihm gefallen. Er redet mit Putin, ohne dass er etwas erreicht, er droht der NATO mit dem Austritt der USA aus dem Bündnis. Und immer wieder hört man als erste Reaktion: Wahnsinn. Irrsinn. Er erhöht die Zölle, wie er will, auch wenn es der US-Wirtschaft schadet. Er wirft den ukrainischen Präsidenten Selenskyj aus dem Weißen Haus, weil der nicht so pariert, wie der Große Trump es von dem kleinen Mann aus Kiew erwartet. Man fasst sich an den Kopf, weil er dem Besucher aus der Ukraine vorwirft, den Krieg mit Russlands angezettelt zu haben, dabei wird umgekehrt ein Schuh draus. Der Mann ist irre, oder? Doch Vorsicht, der Mann geht nach Plan vor. Man lese das Buch von David Graham: Der Master-Plan der Trump-Regierung. Wie ein radikales Netzwerk in Amerika die Macht übernimmt.
Kennen Sie Project 25? Erfunden und aufgeschrieben von der erzkonservativen Heritage-Foundation. Darin geht es um die Vorschläge, wie Donald Trump regieren soll, wie er das Land verändern kann, muss, damit er wie ein Autokrat regieren kann. Damit niemand sonst etwas zu melden hat. Die Stärkung der Exekutive, das ist er, Trump. Er will zurück in die Vergangenheit, will die angebliche linke, marxistische Vorherrschaft in den Staaten brechen, die traditionellen Normen für die Geschlechter sollen wieder zurückgedreht werden, der Vater ist der Starke, er geht arbeiten , die Mutter bekommt die Kinder und bleibt zu Hause, um die Kinder zu erziehen und zu kochen. Die Kernfamilie soll wieder im Zentrum Amerikas stehen. Bildung soll privatisiert, der öffentliche Dienst reduziert, Ausländer sollen massenweise deportiert werden. Das mit dem Umweltschutz wird abgeschafft, technische Erfindungen der Menschen sollen die Probleme lösen.
America first, es stammt aus diesen Federn und Köpfen. Es ist der Journalist David A. Graham, der das Project 25 in die Hände bekam und es gelesen hat. Er stellt die Ideen des Projects 25 vor, liefert Hintergründe. Man lese nur die Seiten, wie der Einfluss des Justizministeriums minimalisiert werden, wie es zum Handlanger des Präsidenten werden soll. Unabhängigkeit ist nicht mehr gefragt. Der Präsident entscheidet, deshalb soll das Justizministerium quasi dem Weißen Haus untergeordnet werden.
Graham ist Redakteur der US-amerikanischen Zeitschrift „The Atlantic“, für die er über Politik und nationale Angelegenheiten schreibt. Er hat schon über die Präsidentschaftswahlen im Jahre 2000 berichtet, dafür wurde er mit dem „Toner Prize for Excellence in National Political Reporting“ ausgezeichnet. Früher hat er für „Newsweek“ gearbeitet, für „The Daily Beast“, The Wall Street Journal“. Er lebt in North Carolina.
Project 25 greift die Demokratie an, schreibt Klaus Brinkbräumer im Vorwort. Es attackiert sie, weil die Autoren des Plans in den Fremden und in liberalen Demokraten Feinde und eine Gefahr für Amerika sehen. Und wenn der politische Gegner und sämtliche Migranten zum Feind und zur Bedrohung für die Nation herabgewürdigt sind, kann der nächste Schritt logisch erscheinen: Jetzt gibt es Wichtigeres als die Demokratie, es geht schlicht und einfach um den Machterhalt. Deshalb werde die Statik der USA demontiert, durch Dekrete, Personalien, Haushaltsmaßnahmen.
Die Schlüsselfiguren heißen Kevin Roberts, Russell Vought und Paul Dans. Sie glauben, dass die USA im Niedergang seien und im Grunde kurz vor der Übernahme durch Marxisten stehen, darüber hinaus meinen sie, dass Trump in der ersten Präsidentschaft manipuliert worden sei von faulen Angestellten und Karrieristen in der Bürokratie. Das soll, muss alles anders werden, deshalb wurden Tausende von Beamten und Angestellten entlassen. Schließlich hätten die Konservativen nur zwei Jahre Zeit, um den Staat in ihre Gewalt zu bringen. Der Apparat aus bisher unabhängigen Beamten soll so eingeschüchtert werden, dass sie auf juristische Einwände verzichten, sie sollen sich langweilen.
Seit Trump regiert, wird darüber spekuliert, ob der Präsident, der gerade 79 Jahre alt geworden ist und sich bombastisch feiern lässt, nicht einfach weiter im Amt bleiben könne. Die Verfassung sieht das nicht vor, nach zwei Legislaturperioden ist Schluss. In Grahams Buch finden sich dazu Bemerkungen. So hätten Experten und Wissenschaftler vor zunehmendem Autoritarismus in den letzten Jahren gewarnt, was von manchen Amerikanern so aufgefasst worden sei, als sollten ab Trumps Amtsantritt keine Wahlen mehr abgehalten werden. Als Kandidat, schreibt Graham, habe Trump mitunter selber diesen Eindruck geweckt, so, als er einer christlichen Organisation gegenüber äußerte: „In vier Jahren müssen Sie nicht mehr wählen. Wir werden es so gut geregelt haben, dass Sie nicht mehr wählen müssen.“
Der Niedergang der Demokratie wird in dem Buch beschrieben: Trumps Macht festigen, das ist der Punkt, „das System der Gewaltenteilung erodieren, Fachkompetenz herabsetzen und jeden aus dem Amt entfernen, der sich Verstößen gegen die Rechtstaatlichkeit widersetzen könnte. Die Ergebnisse dieser Bemühungen werden wir nicht sofort spüren. Vielmehr wird das System langsam von innen kollabieren.“
Man liest das Buch und schüttelt fortwährend den Kopf. Weil man es nicht glauben mag, was da steht. Aber es stimmt, Amerika soll mit Trump, von Trump und seinen Handlangern radikal umgebaut werden. Werte spielen dabei keine Rolle, nur einer hat das Sagen. Das ist Trump. Ob es so kommt? Ob die Republikaner seine Partei bleiben, die ihm als Fußlappen dient, um sich die Schuhe zu putzen, die ihm blind zujubelt oder irgendwann aufwacht? Wer das Buch liest und Project 25, gerät in Zweifel: Wer wird den Trumpschen Wahnsinn stoppen?Er schürt ein Klima der Angst und doch gehen Hunderttausende gegen ihn auf die Straße, seine Botschaft scheint nicht zu verfangen. Es könnte sein, dass die Amerikaner merken, dass dieser Präsident nicht mal einen Rest von Anstand erwecken will. Wenn Project 25 doch bloß schiefginge und das Volk sich nicht unterwerfen liesse.
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