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Wer Hass sät, muß mit Gefängnis rechnen – Renate Künast lässt nicht locker

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
23. Januar 2020
Wer Hass sät, muß mit Gefängnis rechnen – Renate Künast lässt nicht locker

Darauf habe ich schon länger gewartet und es könnte der erste Schritt gegen die Hasskriminalität im Netz sein:  Renate Künast, die frühere Grünen-Bundesministerin, hat mit ihrem Kampf gegen diese Art der üblen Beschimpfungen, die ja fast zum Normalfall geworden sind, einen ersten Teilerfolg errungen. Beleidigungen, hat das Berliner Landgericht entschieden, seien Beleidigungen. Künast darf nach dem neuen Gerichtsbeschluss die personenbezogenen Daten in sechs Fällen(von 22)  von Facebook einfordern, um zivilrechtlich gegen die Beleidiger zu klagen. Übrigens will Künast beim Berliner Kammergericht-das ist die nächste Stufe- auch über die weiteren 16 von ihr beanstandeten Fälle Klarheit haben, weil sie der Meinung ist, dass es sich dabei auch um den Tatbestand der Beleidigung handelt. Die Klägerin Künast hält es für denkbar, dass Beleidiger im Wiederholungsfall mit einer Freiheitsstrafe belegt werden. Der entsprechende Paragraph im Strafgesetzbuch sieht ein Jahr vor.

Rückblende: Ein User hatte die Grünen-Politikerin im März letzten Jahres auf Facebook u.a. als „Drecks Fotze“ beschimpft. Das Landgericht in Berlin entschied in erster Instanz im September, dass Frau Künast diese und andere auf Facebook erschienenen wüsten Beschimpfungen-so empfinde ich sie- wie „Stück Scheisse“, „Krank im Kopf“, „altes grünes Drecksschwein“,  „geisteskrank“, „kranke Frau“, „Schlampe“, „Gehirn Amputiert“, „Sondermüll“, „Alte perverse Drecksau“ unter bestimmten Umständen hinnehmen müsse.(zitiert nach „Spiegel“) Beleidigungen wie „Drecks Fotze“ bewegten sich „haarscharf an der Grenze“ des von Frau Künast „noch hinnehmbaren“. Dagegen setzte sich Renate Künast, selbst Juristin, zur Wehr. Sie hatte schon damals die Herausgabe der personenbezogenen Daten der Facebook-Kommentare gefordert, was das Gericht aber abgelehnt hatte. Der Beschluss des Gerichts spiele Rechtsextremisten in die Hände, so die Kritik von Künast an den Richtern. Deren Kalkül sei, so Künast, die Menschen wehrten sich nicht gegen derartige Beleidigungen. Und wenn doch hofften sie, dass der Staat und die Institutionen diese Taten nicht weiterverfolgten.

In der Tat klingt das erste Urteil mehr als merkwürdig, wenn nicht gar haarsträubend. Nehmen wir das mit dem „Sondermüll“, der mindestens erniedrigend ist, beschämend, weil er doch auf einen Menschen gerichtet ist. Menschen sind weder Müll noch Sondermüll. Frau Künast erinnert in diesem Zusammenhang an das Grundgesetz, Artikel 1. „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Und die anderen Begriffe? Drecksau ist Drecksau, da braucht es keinen weiteren Sach-Zuzammenhang. Nennen Sie mal einen Polizisten oder einen Richter eine „Drecksau“. Er wird sie belangen, zu Recht. Es ist beleidigend, herabsetzend. Das kann doch nicht als Meinungsäußerung angesehen werden und durchgehen als gerade noch im Bereich des Hinnehmbaren. 

Gegen die Richter in Berlin hat im übrigen eine Kanzlei aus dem Rhein-Main-Gebiet geklagt. Begründung. Die Richterinnen und Richter hätten sich über geltendes Recht hinweggesetzt, indem sie den Straftatbestand der Beleidigung faktisch abgeschafft hätten, was aber nicht Sache der Justiz sei, sondern des Gesetzgebers. Man darf abwarten, ob es Ermittlungen wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gibt. Zwar hatte die Staatsanwaltschaft anders entschieden, aber die Kanzlei, die die Klage angestrengt hat, hat sich an die nächste Instanz, die Generalstaatsanwaltschaft gewandt. In einem Interview mit der „Frankfurter Rundschau“ betonte die Klage-Anwältin Jessica Hamed: „Die Unvertretbarkeit der Entscheidung musste den Richterinnen und Richtern bewusst gewesen sein. Wir haben damit den Verdacht, dass sie wissentlich eine unvertretbare Entscheidung getroffen und damit Recht gebeugt haben“. Es sei nicht vorstellbar, dass eine solche Entscheidung den drei Berufs-Richterinnen und Richtern „gewissermaßen durchgerutscht“ sei. „Vor allem halten wir eine versehentliche, unsaubere Bearbeitung auch deshalb für ausgeschlossen, weil den Richterinnen und Richtern klar gewesen sein musste, dass die Entscheidung öffentlich bekannt und diskutiert werden würde. Die Entscheidung könnte auf eine politische Haltung zurückzuführen sein.“ Starker Tobak.

Man muss schon den Kopf schütteln, dass überhaupt jemand vor Gericht ziehen muss, um sich dort gegen Beleidigungen zu wehren. Man darf mehr als verwundert sein, wenn dann eine Gerichts-Instanz offensichtlich nichts daran findet, wenn eine Person des öffentlichen Lebens von Unbekannten sexistisch und in menschenunwürdiger Weise herabgewürdigt und ja, auch eingeschüchtert wird.  Da ist es nicht weit bis zu einem „Freibrief für gewaltverherrlichende Frauenverachtung(taz)“

Die Grünen-Politikerin Künast hofft, dass sie mit ihrer Klage gegen die noch anonymen Hater im Netz auch anderen Frauen und Politikern hilft im Kampf gegen die Hass-Kriminalität, die nicht wenigen Politikerinnen und auch Politikern den Mut nimmt, weiterzumachen. Gerade hat der Bürgermeister von Kerpen, Dieter Spürck(CDU) angekündigt, er werde wegen der Drohungen gegen seine Frau und seine Kinder nicht wieder kandidieren.  Man könnte weitere Fälle anführen wie zum Beispiel den des Bürgermeisters Christoph Landscheidt(SPD) aus Kamp-Lintfort, der wegen anhaltender Bedrohungen einen Waffenschein beantragen wollte und dem NRW-Innenminister Herbert Reul(CDU) Personenschutz gewährt hat. Hater toben sich in der Anonymität des Netzes aus. Müssten sie ihre Beschimpfungen unter ihrem Klarnamen veröffentlichen, könnte man sie anklagen, wie im Fall Künast schon  in einem Fall geschehen, was sie selbst in einem Interview mit der SZ bekanntmachte.  Die Staatsanwaltschaft Hannover habe ihr geschrieben(so die „Süddeutsche Zeitung“), dass jemand einen Strafbefehl bekommen habe und der habe bei der Ratenzahlung auf jeden Überweisungsträger eine neue Beleidigung ausgesprochen. Die Frage der Staatsanwaltschaft, ob sie erneut Strafantrag stellen werde, beantwortete sie: „Ich habe erneut Strafantrag gestellt.“

Man darf es nicht durchgehen lassen, muss konsequent handeln, die Leute müssen begreifen, dass eine Beleidigung eine Beleidigung ist, eine Bedrohung eine Bedrohung und sie müssen wissen, dass derartige Strafverstösse auch im Netz nicht folgenlos bleiben. Die rote Linie ist damit klar. Künast erwartet nun umgehend, dass Facebook die Daten der betroffenen Nutzer tatsächlich an sie herausgibt. Wörtlich betonte sie: „Als demokratische Gesellschaft dürfen wir einen solchen Umgangston nicht akzeptieren.“

Bildquelle: Pixabay, Bild von Wokandapix, Pixabay License

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Tags: Anonyme HassbotschaftenFacebookHass-Kriminalität. "Social Media"Landgericht BerlinRechtssicherheitRechtsstaatRenate Künast
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