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Zum Gedenken an Helmut Lölhöffel – Er starb vor einem Jahr

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
16. April 2019
Helmut Lölhöffel 1969

Helmut Lölhöffel 1969 bei einer Demonstration gegen die Militätdiaktatur in Griechenland

Vor einem Jahr starb Helmut Lölhöffel, ein herausragender Journalist, ein guter Freund, ein Autor unseres Blogs-der-Republik. Wir haben damals, als uns die traurige Nachricht vom Tod des Kollegen erreichte, einen Beitrag von Lölhöffel noch einmal online gestellt, den er Jahre zuvor für den Blog-der-Republik geschrieben hatte. Es ging um die Stolpersteine, die an das Schicksal der Millionen Opfer  in der Nazi-Zeit erinnern, eine Herzensangelegenheit von Helmut Lölhöffel. Wir alle haben damals eine Anzeige in der Süddeutschen Zeitung aufgegeben mit dem Titel: „Einer von uns“, unterschrieben von zig Freundinnen und Freunden. Zur Beerdigung nach Berlin konnte ich aus gesundheitlichen Gründen nicht fahren. Leider, leider.  Freunde von ihm haben jetzt eine Extra Ausgabe unter dem Titel „Langer Lulatsch“ veröffentlicht, in dem sie, jeder für sich, an den Freund und Kollegen erinnern.

Ich habe Helmut in den 80er Jahren kennengelernt, als ich für die WAZ nach Bonn ging. Unser Büro lag im 3.Stock des Pressehauses 1, gleich neben dem viel größeren Büro der Frankfurter Rundschau, in dem Helmut Lölhöffel arbeitete. Es war so üblich, dass man als neuer Korrespondent und Mitglied der Bundespressekonferenz(BPK) im Saal der BPK vorgestellt wurde. Gleich danach kam ein langer, schlaksiger Kollege zu mir, sagte kurz, wer er sei und dass wir quasi Nachbarn wären. So war der Helmut, hilfsbereit, unkompliziert, freundlich. Ich wusste ja im Grunde nur, dass er bei der damals sehr bekannten FR arbeitete, einer anerkannt linken Zeitung der Republik, ja der linken Stimme. Ich wusste, dass er früher für die „Süddeutsche Zeitung“ aus Ostberlin berichtet, dass er sogar drüben gewohnt, ja gelebt hatte, unter DDR-Bürgern, wenn diese Bezeichnung in diesem Zusammenhang erlaubt ist, ich weiß, politisch korrekt ist das nicht, aber geschenkt. Helmut würde das genau so sehen. Ich hatte jene Aufsehen erregende Story von ihm in der SZ gelesen, als er den einstigen Kanzler-Spion Günther Guillaume, der aus der Haft entlassen und ausgetauscht worden war, in Eggersdorf bei Berlin aufgesucht hatte. Guillaume lebte dort an einem See. Um dorthin zu kommen, musste sich der SZ-Korrespondent etwas einfallen lassen. Also stellte er bei den Ostberliner Behörden den Antrag, er wolle eine Reportage über die „Bewirtschaftung stehender Gewässer in der DDR“ schreiben. Er erhielt das OK aus Ostberlin, fuhr hin, ging ins Wasser, schwamm rüber und begrüßte den Mann, der Willy Brandt ausgehorcht hatte, mit den Worten. „Hallo Günther“. So hat er mir später die Geschichte erzählt und sich diebisch darüber gefreut, wie er die DDR-Behörden ausgetrickst hatte.

Auf den Adelstitel hatte er verzichtet

Der Helmut war aber eigentlich nicht nur einfach der Helmut Lölhöffel, obwohl er so hieß. Der Mann kam aus Ostpreußen, aus Königsberg, was längst Kaliningrad hieß, ein echter Preuße also, einer Großfamilie von Gesandten, Hofräten und polnischen  Freiheitskämpfern entstammend, wie das Heribert Prantl in einem Nachruf anläßlich des Todes des ehemaligen SZ-Kollegen formuliert hatte. Dass er eigentlich Lölhöffel von Löwensprung hieß, er  auf den Adelstitel verzichtet hatte. Das alles erfuhr ich in Bonn so nebenbei. Denn der Helmut machte sich nichts aus Titeln, er trank lieber Pils statt Champagner, schaute Fußball und nicht Dressurreiten.

Lölhöffel war im Korps der Bonner Journalisten ein bekannter Kollege, anerkannt, sehr beliebt dazu. Er spielte  Fußball in der Mannschaft der Bundespressekonferenz. Und als er hörte, dass ich selbst mal gekickt hatte, fragte er, ob ich nicht mal mitspielen möchte. Also holte ich meine alten Fußballschuhe wieder aus dem Keller. So war der Helmut Lölhöffel. Es störte weder ihn noch mich, dass er Anhänger von Borussia Dortmund war und ich ein Schalker Fan, Hauptsache man hielt nicht mit dem FC Bayern. Die waren uns zu arrogant.

Seine alten Freunde- und davon hatte er eine ganze Menge- hatten ihm zudem den Spitznamen „Kampagnenlöffel“ gegeben. Nicht, weil er als Journalist die Kampagne liebte, nein, er war ein Mann, der Gerechtigkeit liebte und den Opportunismus und Karrierismus auf die Palme brachte. Jedes Jahr wird der Vorstand der Bundespressekonferenz neu gewählt. Dazu werden Vorschläge gemacht. Eines Tages rief er mich an, um etwas mit mir zu besprechen, ich war damals Korrespondent der Augsburger Allgemeinen.  Ein Kollege, ein aalglatter Typ, wie Helmut mir schilderte, wolle in den Vorstand gewählt werden. Na und? fragte ich. Was tun? Es ging nicht um rechts oder links, sondern um nett im Sinne von sympathisch oder fies. Wir haben dann verabredet, dass jeder von uns ein paar Kollegen informiert, die wiederum ihre Freunde informieren sollten. Selten ist ein Bewerber so durch eine Wahl gerauscht wie jener. Den Namen habe ich vergessen, es ist auch egal,

Als Müntefering „gegrillt“ wurde

Eine andere Geschichte fällt mit ein. Ich war zur WAZ zurückgekehrt, war Mitglied der Chefredaktion in Essen, Helmut weiterhin Korrespondent der FR in Bonn. Es ging auf die Bundestagswahl 1998 zu, Gerhard Schröder hatte zuvor die Landtagswahl in Niedersachsen mit absoluter Mehrheit gewonnen, Oskar Lafontaine, der SPD-Parteichef und Ministerpräsident des Saarlandes, ließ Schröder den Vortritt. Allerdings musste die SPD-Führung den Kandidaten noch offiziell nominieren. Den Termin, der umstritten war, erfuhren wir dann und veröffentlichten ihn als kleine Exklusiv-Meldung der  WAZ. Franz Müntefering, der Wahlkampf-Manager der SPD, ließ das auf Fragen von Journalisten mit den Worten dementieren: Reine Spekulation, frei erfunden. Was mich ziemlich erboste. Helmut Lölhöffel rief mich an und fragte, was ich dazu zu sagen hätte. Na ja, was wohl, das war eine Unverschämtheit, uns quasi eine Falschmeldung zu unterstellen. Das sagte ich auch Helmut und der antwortete nur, er werde den Franz Müntefering in der Pressekonferenz am Nachmittag im Ollenhauer-Haus damit konfrontieren. Der „Münte“, wie wir ihn nannten, war eigentlich beliebt bei den Journalisten, weil er unkompliziert war, aber dieses Mal hatte er überzogen. Frei erfunden, das war zuviel. Die Kollegen haben Müntefering ein wenig gegrillt.

Die tückische Krankheit

Jahre später, ich war längst in Rente, Helmut, der zwischenzeitlich Sprecher des Berliner Senats gewesen war, auch.  Wir trafen uns im „Einstein“ unter den Linden, mit dabei auch Uwe-Karsten Heye, Dieter Spöri, Uwe Pöhls, einer der Mit-Herausgeber des Blogs-der-Republik, und andere. Und natürlich wurde politisiert, heftig diskutiert. Am Ende sagte Helmut, er werde gelegentlich für den Blog schreiben. Stunden später waren wir unterwegs auf der Fahrt nach Köln und Bonn. Plötzlich ein Signal auf dem Handy. Helmut Lölhöffel hatte uns einen Kommentar geschickt. Ein Jahr später wiederholten wir das Treffen, wieder im „Einstein“. Von der tückischen Krankheit, die ihn befallen hatte, wusste ich nichts, ahnte ich nichts. Als wir nach stundenlanger Diskussion aufstanden, kippte Helmut plötzlich nach hinten. Zum Glück stand Uwe-Karsten Heye hinter ihm und fing ihn auf. Dann erzählte er uns seine Kranken-Geschichte, dass er nicht mehr allein das Haus verlassen, dass er nicht mehr allein U-Bahn fahren dürfe. Uwe-Karsten Heye hat ihn dann nach Charlottenburg gefahren, es sollte unser letztes Treffen mit Helmut gewesen sein.

Schade. Knut Pries schrieb über ihn: „Er war einer der originellsten Köpfe in unserem Gewerbe, und ausgestattet mit einem außergewöhnlich stabilen Rückgrat. Einer mit Haltung.

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Tags: Helmut LölhöffelLeben für die DemokratieQualitätsjournalismusZum Gedenken an Helmut Lölhöffel
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