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Home Politik

Positive Perspektiven für Chinas Wirtschaft – Drohende Konfrontation mit den USA und der EU

Friedhelm Ost Von Friedhelm Ost
26. März 2021
Symbolbild Wirtschaft China

Wu Ken, Botschafter der Volksrepublik China in Deutschland, hat jüngst im Ausschuss für Wirtschaft und Energie des Bundestages Inhalte und Ziele des 14. Fünfjahresplans dargelegt. Diese waren Anfang März 2021 auf der Jahrestagung des Nationalen Volkskongresses und der Politischen Konsultativ-Konferenz des Chinesischen Volkes beschlossen worden. Sie legen die Prioritäten der Regierungsarbeit für das laufende Jahr und für den neuen Fünfjahresplan sowie die langfristigen Ziele bis 2035 fest.

Wachstumsziel 2021: + 6 Prozent

Der 14. Fünfjahresplan folgt dem Motto „Förderung einer qualitativ hochwertigen Entwicklung“. Botschafter Wu Ken erläuterte vor den Bundestagsabgeordneten des Ausschusses, das China in eine neue Entwicklungsstufe des „Aufbaus eines modernen sozialistischen Landes eingetreten ist“. Nun gehe es um die Realisierung einer neuen Entwicklungsphilosophie, die die Förderung einer „innovativen, koordinierten, grünen, offenen und durch gemeinsame Teilhabe geprägte Entwicklung“ beinhalte. So würden im neuen Fünfjahresplan zum ersten Mal nicht explizit die Wachstumsziele für die nächsten fünf Jahre festgelegt, sondern bei Bedarf Jahr für Jahr definiert: „Dabei wird die Wachstumsqualität gegenüber der Geschwindigkeit betont“, sagte der Botschafter. Wachstum solle nicht mehr zu Lasten der Umwelt und der Ökologie gehen. Dennoch werde angestrebt, dass das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im Jahr 2035 rund 20.000 US-Dollar und damit das Niveau mittelmäßig entwickelter Länder erreichen soll. Wu Ken wies zugleich darauf hin, dass die chinesische Regierung für das laufende Jahr ein BIP-Wachstum von mehr als 6 Prozent anstrebt.

Stärkung der Binnen-Nachfrage

Als weiteres wichtiges Ziel nannte der Botschafter die „Kontinuierliche Erhöhung des Lebensstandards der Bevölkerung“. Dazu sollten die Einkommen der unteren Einkommensgruppen erhöht und die der Mittelschicht mit über 400 Millionen Menschen stabilisiert werden. Als wichtige Herausforderungen würden der Aufbau eines hochwertigen Bildungssystems, ein starkes öffentliches Gesundheitssystem, ein Aktionsprogramm zur Förderung des gemeinsamen Wohlstands und eine nationale Strategie, um aktiv auf die Alterung der Bevölkerung zu reagieren, gelten.

Stark gefördert werde die Expansion der Binnennachfrage. Die Steigerung des Konsums eröffne weiteren Spielraum für Investitionen und stärke den Binnenmarkt Chinas. Dafür sollten unter anderem in den nächsten fünf Jahren Reformen realisiert, die Öffnung nach außen aufgebaut, Synergien von Im- und Exporten gefördert und das Niveau der internationalen wechselseitigen Investitionen gesteigert werden; dies ermöglichte global Win-Win-Situationen.

In- und ausländischer Doppelkreislauf

Botschafter Wu wie die Politiker des Deutschen Bundestages besonders darauf hin, dass China damit einen offenen „inländischen und internationalen Doppelkreislauf“, also keine Abschottung wolle: „Vielmehr geht es uns darum“, so Wu, „das Potenzial des chinesischen Marktes weiter zu beleben, den inländischen und internationalen Markt besser miteinander zu verbinden, um den chinesischen Markt zu einem Weltmarkt zu machen, an dem sich alle Länder, auch Deutschland und deutsche Unternehmen, mit besseren Aussichten beteiligen können.“

Hohe Priorität für Digitales und Ökologie

Großer Wert wird in dem neuen Fünfjahresplan auf Innovationen gelegt. Es sollen dafür auch eine Strategie der internationalen Wissenschafts- und Technologiekooperation umgesetzt, die Öffnung nach außen verstärkt und ein globales Innovationsnetzwerk geschaffen werden. Einen besonderen Schwerpunkt bildet dabei das Thema „Digitales China“. Dazu gehörten – so der Botschafter – „Cloud Computing, Big Data, das Internet der Dinge, das industrielle Internet, Blockchain, Künstliche Intelligenz, Virtual und Augmented Reality“.

In seinem Vortag im Wirtschaftsausschuss des Deutschen Bundestages hob der chinesische Botschafter hervor, welche Bedeutung die Ökologie einnimmt: „Von den acht verbindlichen Zielen des Fünfjahresplans betreffen fünf das Themenfeld Umwelt und Ökologie, darunter eine Reduzierung des Endenergieverbrauchs und der CO2-Emissionen pro BIP-Einheit um 13,5 Prozent bzw. 18 Prozent.“ Dafür werde China insbesondere die Entwicklung nicht fossiler Energiequellen beschleunigen und den Ausbau von Wind-, Sonnen- und Wasserkraft vorantreiben. Bis 2025 soll der Anteil nicht fossiler Energiequellen am gesamten Energieverbrauch auf rund 20 Prozent gesteigert werden. Außerdem soll die kohlenstoffarme Transformation in der Industrie, im Bausektor und im Verkehr stark gefördert werden.

Win-Win-Chancen für Handel und Investitionen

So wird China nach Einschätzung des Botschafters „2025 innovativer, effizienter, nachhaltiger und offener“ sei. Sowie „für Deutschland und Europa wird ein solches China ein Kooperationspartner statt systemischer Rivale sein.“ Immerhin sei der bilaterale Handel zwischen China und Deutschland trotz der Pandemie gegen den Trend um 3 Prozent auf 212 Mrd. Euro gewachsen; China war damit zum fünften Mal in Folge der größte globale Handelspartner Deutschlands und zweitgrößter Importeur deutscher Lieferungen. Botschafter Wu Ken warb bei den Abgeordneten für das ausgehandelte Investitionsabkommen zwischen China und der EU, das nach der Ratifizierung „deutschen Unternehmen noch größere Wachstumsmöglichkeiten auf dem chinesischen Markt eröffnen und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Ländern einen starken Impuls verleihen werde.“

Gefahren einer Sanktionsspirale

Seit kurzem gibt es jedoch einige politische Dissonanzen zwischen China und der EU. Die USA haben unter der Führung von Präsident Biden recht scharfe Töne in den Systemwettbewerb gebracht und versuchen die Europäer dafür zu gewinnen, gemeinsam in der NATO eine „Anti-China-Allianz“ zu formieren. Großen Beifall gab es aus Washington für die EU, als sie jüngst Sanktionen gegen Chinesen, „die gegen Menschenrechte verstoßen haben“ beschloss. Diese europäischen Strafmaßnahmen richteten sich vor allem gegen Verantwortliche für die Unterdrückung der muslimischen Minderheit der Uiguren in der Region Xinjiang; konkret betroffen sind dadurch einige nicht sehr hochrangige Funktionäre, die mit Einreiseverboten und Vermögensperren belegt wurden; auch sollen Unternehmen und Bürger aus der EU mit diesen Leuten keine Geschäfte mehr machen. Die Europäer wollen damit zeigen, dass sie sich für ihre gemeinsamen Werte stark machen. Die Gegenreaktion aus Peking kam prompt: Die chinesische Regierung sanktionierte zehn Personen – wie zum Beispiel die Europaparlamentarier Reinhard Bütikofer von den Grünen und Michael Gahler von der CDU – und vier Organisationen – wie zum Beispiel den Berliner China-Thinktank Merics. Zudem werden weitere Sanktionen nicht ausgeschlossen. Wenn auch diese gegenseitigen Sanktionen sehr begrenzt sind, so könnte der Streit zu einer Sanktionsspirale werden. Die Folgen sollten bedacht werden, denn die EU hat in den letzten Jahren mit ihrer eigenständigen China-Politik ihre Beziehungen zu Peking durchaus positiv gestalten können. Die außerordentlich guten Wirtschaftsbeziehungen belegen dies nur zu deutlich: Die EU-Exporte nach China beliefen sich 2020 auf über 200 Mrd. €, die EU-Importe aus China sogar auf mehr als 380 Mrd. €. Deshalb sind zahlreiche deutsche Firmen über die jüngsten politischen Dissonanzen recht beunruhigt. Sie befürchten gar, dass das EU-China-Investitionsabkommen, das unter der deutschen EU-Präsidentschaft Ende des vergangenen Jahres ausgehandelt wurde, im Europäischen Parlament keine Mehrheit finden oder die gute EU-China-Kooperation gar gefährdet werden könnten.

Bildquelle: Pixabay, Bild von Gerd Altmann, Pixabay License

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