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Den Hohenzollern ja, nicht aber den Griechen – Reparationen für Nazi-Verbrechen und Besatzung

Alfons Pieper Von Alfons Pieper
6. April 2021
Deutsche Bomber über Griechenland 1941

Deutsche Regierungsstellen reden mit den Hohenzollern über Rückgabe ihres angeblich früheren Eigentums und über mögliche Entschädigungen, aber nicht mit den Griechen. Ich gebe zu, der Vergleich hinkt, er ist aber gewollt und wer ihn noch zuspitzen mag, könnte den Unterschied polemisch andeuten: Die Griechen waren Opfer der Nazis während deren Besatzungszeit, die brutal war. Zu den Hohenzollern erspare ich mir weitere Worte, das möge jeder für sich auslegen. Und diese Besatzungszeit begann am 6. April 1941 mit dem Überfall der Wehrmacht auf Griechenland, heute vor 80 Jahren. Bis 1944 verübten die SS und die Wehrmacht viele  Massaker, teils als Vergeltung für Partisanenangriffe. Hunderttausende Griechen kamen ums Leben, wurden erschossen, wurden in Konzentrationslager deportiert, ganze Dörfer wurden dem Erdboden gleichgemacht. Entschädigt wurde Griechenland nie. Zum wiederholten Male hat Athen nun die Forderung nach Reparationen an die deutsche Regierung gestellt: Mindestens 289 Milliarden Euro für die von Nazi-Deutschland begangenen Kriegsschäden. „Die Hölle von Hellas“ überschrieb das Nachrichtenmaganzin „Der Spiegel“ eine Geschichte über die Kriegsgräuel in Griechenland, angerichtet von den Nazis.

Ja, als Urlaubsland ist Griechenland begehrt, nach Athen und Thessaloniki, die Insel Kreta, um nur diese Namen zu erwähnen, reist der deutsche Urlauber gern, wenn er reisen darf. Sonne, Strand, die Schätze der Antike, die freundlichen Griechen, all das ist Urlaubsstimmung pur. Wir haben das erlebt, mehrfach. Nie wurden wir auf diese schlimmen Jahre der Nazis und deren Besatzung angesprochen. Nie erwähnte jemand die schlimmen Verbrechen unter deutschem Namen. Man schämt sich, dass wir den Griechen die kalte Schulter zeigen mit der Begründung, derlei Ansprüche seien mit dem „Zwei-Plus-Vier-Vertrag“ aus dem Jahre 1990 erledigt. In dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR einerseits und den einstigen Alliierten und Besatzungsmächten Sowjetunion, USA, Großbritannien und Frankreich andererseits kommen Reparationen gar nicht vor. Zudem saß Griechenland gar nicht mit am Tisch, als der Vertrag ausgehandelt und unterschrieben wurde. Auch der Hinweis auf das Londoner Schuldenabkommen 1953 sticht nicht, weil dort auf einen späteren Friedenvertrag verwiesen wurde. 

Tausende Juden nach Auschwitz

Tausende Juden wurden in die Konzentrationslager Auschwitz und Treblinka deportiert, die meisten wurden ermordet, erschossen, vergast, man ließ sie verhungern. Nach dem Krieg sprach man in Bonn, der damaligen Bundeshauptstadt nur von „angeblichen “ Kriegsverbrechen, nachzulesen in der schon erwähnten Spiegel-Story, die auch die Geschichte eines deutschen Kriegsverwaltungsrats der Wehrmacht in Thessaloniki mit Namen Max Merten erwähnt. Dieser Merten habe 1942 rund 1,9 Milliarden Drachmen von der jüdischen Gemeinde verlangt, diese habe gezahlt, damit Juden überleben sollten. Merten habe versprochen, Tausende Juden von der Zwangsarbeit zu befreien. 9000 Zwangsarbeiter seien dem Magazin zufolge tatsächlich frei gekommen, aber nur vorübergehend, weil sie anschließend nach Auschwitz deportiert und fast alle umgebracht wurden. „97 Prozent der Juden Thessalonikis kehrten nie zurück.“ Schreibt der „Spiegel“ . Rechtsanwalt Merten sei mitverantwortlich gewesen für die Deportation von rund 50000 Juden. Einer Schuld sei er sich nie bewusst gewesen.

Es klingt fast unglaublich, was das Magazin dann weiter notiert: „Nach den Krieg bewarb er(Merten) sich auf die Stelle des deutschen Generalkonsuls in Griechenland. Bei einem Urlaub wurde er dort 1957 festgenommen und zu 25 Jahren Haft verurteilt. Eine gerechte Strafe, könnte man meinen“. Aber nur könnte und man, nicht so dachte die Bundesregierung. Sie reagierte empört über die Verhaftung Mertens und habe über „mögliche Repressalien gegen Griechenland“ nachgedacht, ein Vorschlag, der vom damaligen CDU-Staatssekretär Karl Carstens gestammt habe. Der Mann wurde später Bundespräsident, vorher war er Fraktionschef der Unions-Fraktion im Bundestag. Carstens Linie, so der „Spiegel“, habe sich durchgesetzt. 1959 sei Merten wieder frei gewesen.

Diese Spiegel-Geschichte könnte man weiter zitieren: „Uneinsichtig, machtverliebt, arrogant“, so beschrieben noch heute viele Griechen manche Deutschen. Allerdings treten unsere Politiker in Athen und anderswo nicht mehr so laut auf wie einst. Längst hat einer unserer Bundespräsidenten , Joachim Gauck Worte der Entschuldigung gefunden, Worte der Scham ob der deutschen Verbrechen. Gauck bat den griechischen Gastgeber 2014 „mit Scham und Schmerz“ im Namen Deutschlands „um Verzeihung.“

Die Griechen sehen die Frage der Entschädigung als offen, als nicht geklärt an. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert hat zwar mehrfach erklärt, dass die Frage „juristisch wie politisch abschließend geregelt“ sei. Doch griechische Ministerpräsidenten wie Außenminister haben mehrfach daraufhin hingewiesen: „Was heißt abschließend geregelt? Verbrechen gegen die Menschlichkeit verjähren nicht.“ Also auch Reparations-Forderungen nicht, dazu zählen die Griechen Zahlungen für Kriegsschäden, Ausgleichszahlungen an die Opfer, Rückgabe geplünderter Kulturschätze und nicht zuletzt die Rückzahlung des sogenannten Zwangskredits aus dem Zweiten Weltkrieg. Das war eine Zwangsanleihe aus 1942 in Höhe von 476 Millionen Reichsmark, die Nazi-Deutschland dem besetzen Griechenland auf Befehl Hitlers auferlegte, um die deutschen Besatzungskosten zu bezahlen.

Vorstoß der Grünen

Zuletzt hatten die Grünen einen Vorstoß gemacht, um den Griechen entgegenzukommen, um Zeichen des guten Willens zu geben, Versöhnung über den Gräbern zu erreichen.Denn 500000 tote griechische Staatsangehörige in den Jahren 1941 bis 1944 klagen an, Namen wie Distomo, Saloniki, Athen, wo es ein KZ gab, Kalavitra, Klissura, Lyngiades, Kandanos, Viannos, Namen, die für die brutalen Vergeltungsmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung“(Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens) stehen und „Hauptmerkmal ihre Herrschaft wurden“. Mit Ausnahme von Entschädigungen aus dem Jahre 1960-damals erhielten bestimmte Opfergruppen 115 Millionen Mark- hat Griechenland  nie einen Euro an Entschädigung bekommen.1770 Dörfer wurden zerstört.

Wir sollten das Thema nicht länger aussitzen wollen, nur weil wir über die Gräuel von Nazi-Deutschland in Griechenland nicht reden, heißt das ja nicht, dass es sie nicht gab. Wir müssten hier nur die Erinnerung schärfen. Griechenland hat ein Recht darauf, dass eine deutsche Regierung ihre Forderung zur Kenntnis nimmt, 80 Jahre nach dem Überfall der Wehrmacht. Athen hat nie darauf verzichtet, wir sollten nicht den billigen Weg der Ausrede von 1953 und 1990 gehen, in beiden Fällen ist keine Entscheidung dazu getroffen worden. Es wird Zeit, darüber mit den Griechen offen zu reden. Deutschland hat eine Verantwortung zu übernehmen. Vielleicht wäre ja der Gedanke einer Stiftung für solche Fälle von Reparationen eine Lösung. Es ist nicht das „Aufwärmen alter Debatten“, wie es ein CSUler formulierte. Es ist eher „erbärmlich“, wie sich die „Nachfahren der Täter“ vor ihrer Verantwortung drücken und für die „Nachfahren der Opfer bis heute nicht viel mehr als warme Worte übrig haben.“(taz)

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