Alice Weidel, Bundeskanzlerkandidat der AfD, hat das TV-Publikum belogen. In der Sendung Caren Miosga hat die rechtsextreme Wahlschweizerin behauptet, die Organisation „Juden in der AfD“ hätte mehrere hundert Mitglieder, knapp vierstellig. Wie die Jüdische Allgemeine berichtet, ist diese genannte Größenordnung falsch. Der Vorsitzende dieser Vereinigung wird mit der Aussage zitiert: Die Vereinigung habe nie weniger als zwanzig und nie mehr als dreißig Mitglieder gehabt. Darüber hinaus wüsste er von weiteren 10 bis 20 Juden, die Parteimitglieder seien, also insgesamt 44 Juden in der AfD. Weidel hat sich bisher nicht mehr geäußert oder entschuldigt.
Bezeichnend ist der Zusammenhang, in dem Weidel diese Aussage machte. Denn es war der berüchtigte „Augenroller-Moment“. Miosga hatte Weidel gefragt: „Wie gedenkt die AfD der Opfer des Holocaust?“ Hintergrund war die gerade stattgefundene Gedenkfeier im Bundestag, bei der der 80. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau begangen wurde. Weidel antwortete brav, sie hätten dem Holocaust-Überlebenden Roman Schwarzmann andächtig zugehört und auch applaudiert. Dann folgte der Satz über die Mitglieder der Vereinigung der Juden in der AfD.
Ziel war es wohl, zu vermitteln, dass die Partei, deren Ehrenvorsitzender Gauland die Nazizeit als „Fliegenschiss in der Geschichte der Deutschen“ bezeichnet hat, als geläuterte Partei hinzustellen. Und zu verschleiern, dass die überwiegende Mehrheit der jüdischen Organisationen vor der AfD warnen, darunter der Zentralrat der Juden in Deutschland. Die AfD „sei antidemokratisch, menschenverachtend und in weiten Teilen rechtsradikal“, lautete eine gemeinsame Erklärung. Die AfD vertrete „keinesfalls die Interessen der jüdischen Gemeinschaft“, in ihr hätten vielmehr „Judenhass und die Relativierung bis zur Leugnung der Schoa ein Zuhause gefunden.“
Auch nicht richtig ist die Behauptung, dass die AfD-Fraktion gemeinsam mit dem Verein dem Holocaust gedenke. Der Vorsitzende des Vereins, Artur Abramovych, äußerte gegenüber T-Online: „Wir machen keine Veranstaltungen zu Holocaust-Gedenktagen. Wir betreiben keine Erinnerungskultur, weil wir der Meinung sind, dass Erinnerungskultur den lebenden Juden nichts bringt.“ Der Mann muss es wissen. Er arbeitet für den AfD-Bundestagsabgeordneten Jürgen Braun.