Ich bin nicht ängstlich, aber ich beginne, Angst zu haben.
Ich habe Angst vor jenen Deutschen, die aus welchen Gründen auch immer Medien und Parteien bevorzugen, die offen gegen die demokratischen Grundlagen des Grundgesetzes hetzen und diese abzuschaffen versprechen.
Ich habe Angst, weil dieses Grundgesetz mich schützen sollte vor Unrecht und Willkür und vor allem vor der Wiederkehr eines unmenschlichen Regimes völkisch-nationalistischer Ideologie. Ich habe Angst, dass ich als engagierter Bürger verfolgt werde für meine sozialdemokratische Parteizugehörigkeit und all die Reden und Schriften, die meine politische Überzeugung dokumentieren, und ich habe Angst um all die verfassungspatriotischen Journalisten, Politiker, Polizisten und Richter, denen bereits mit Rache gedroht wird. Und ich habe Angst vor all den gewaltbereiten Mitläufern und rassistisch „befreite Regionen“, in denen sich schon heute weder anständige Bürger noch die Polizei trauen, einzugreifen und aufzuräumen. Vor allem aber habe ich Angst um all die Mitbürger, die nicht so „deutsch aussehen“ wie die Nazi-Größen.
Auch habe ich Angst vor den Vollstreckern einer „erinnerungspolitischen Wende“ und davor, dass meine Enkel nach Lehrplänen unterrichtet werden, die die Geschichte fälschen, Hitler als Kommunisten entnazifizieren und die rassistische Verfolgung, ja Vernichtung von Mitbürgern als „Vogelschiss“ für unwesentlich erklären. Ich habe Angst vor Leuten, die wie in Russland und Polen die eigene Geschichte zu einer durchgängigen Helden- und Opfergeschichte verklären, aber behaupten, niemals Täter gewesen zu sein. Ich habe Angst vor jenen Horden und Verlegern, die dazu ermutigen, die Bestrafung von „Volksverrätern“ und Vertretern des demokratischen „Systems“ zu fordern. Und ich habe Angst vor den bereits angelegten Waffenlagern.
Und ich beginne, Angst zu haben vor Juristen und Richtern, denen der Schutz der Hetzer und Verfassungsfeinde wichtiger ist als der Schutz meiner Person und der vielen anständigen Demokraten, die sich noch wehren gegen die immer brauneren Wellen in Medien, Internet und Parteienlandschaft.
Wie kann man ernstlich zweifeln, dass die AFD verboten werden darf und soll.
Wie kann man das Recht zu hetzen für wichtiger halten als den Schutz von Bürgern, die von der Hetze bedroht werden?
Wie soll ich auf das Schutzversprechen des Grundgesetzes noch vertrauen, wenn sich der Deutsche Bundestag weigert, ein Verbotsverfahren in Gang zu setzen?
Noch vertraue ich auf das Bundesverfassungsgericht und darauf, dass es das Fehlurteil beim NPD-Verbotsverfahren nicht wiederholt. Sollte sich dieser Wächter der Demokratie schließlich auch verweigern, bliebe mir nur Uruguay als Alterssitz.