Händel statt Handel – Macht statt Partnerschaft – NATO-Beitrag gegen Schutzgebühr der „Kunden“: die Erpressungs-Deals eines Immobilienhändlers. Nun sind die Zölle gegen Kanada, Mexico und China in Kraft – der Handelskrieg ist eröffnet.
Ich habe mal die Handels- und Leistungsbilanz der Jahre 2013 bis 2024 angeschaut und im Diagramm visualisiert zusammen mit dem Dollarwert in EURO.
Man sieht, dass das US-Handelsdefizit bis 2022 weniger stark angestiegen ist
(auf über 1300 Mrd. $) als das Leistungsbilanzdefizit. Schaut man nur auf die Handelsbilanz, so erbt Trump 2025 genau jenes Defizit, das er 4 Jahre zuvor hinterlassen hat, allerdings ein deutlich höheres Defizit in der Leistungsbilanz. Trumps eigene Bilanz nach seiner ersten Präsidentschaft zeigt seine damalige Erfolglosigkeit an der Defizit-Front. Wem der steile Anstieg danach anzurechnen ist – Biden oder Trump – ist schwer zu beurteilen, weil es eine gewisse Nachlaufzeit in der Wirkung politischer Maßnahmen gibt; jedenfalls scheint die Verringerung der Defizite nach 2022 ein klarer Erfolg der Biden-Präsidentschaft zu sein.
Das seit viel längere Zeit bestehende Defizit in der Handelsbilanz bedeutet, dass die US-Bevölkerung sehr viel mehr Waren konsumiert hat, als sie selbst produziert hat. Das wurde mit Billionen von Dollar bezahlt, die als Vermögenswerte in öffentlichen und privaten Schatztruhen, z.B. bei Nationalbanken in China oder Japan etc gehalten werden – jedenfalls nicht zum kompensierenden Warenkauf in den USA.
Obwohl die Wechselkurse zwischen Währungsgebieten, auch zwischen Dollar und EURO, von mancherlei Faktoren wie z.B. auch der Zinspolitik – abhängen, widerspiegelt der allmähliche Wertgewinn des Dollars gegenüber dem EURO eine Überraschung: der Dollar-Anstieg dürfte der US-Exportwirtschaft tendenziell geschadet und zum Handelsdefizit beigetragen haben. Der Anstieg von 21% innerhalb der letzten 12 Jahre liegt fast bei jenen 25%-Zöllen, mit denen Trump die Welt bedroht.
Dieser Wertgewinn der US-Währung ist Ausdruck und Folge der ungeheuren Stärke Amerikas, die Trump als notorischer Lügner und in Systemverständnis unterbelichteter Immobilienhändler leugnet, um sein MAGA-Motto verkaufen zu können. Es könnte also gut sein, dass Trumps Zollpolitik im Erfolgsfall den Dollar weiter nach oben treibt, wenn uns das Zerstörerische an seiner Politik nicht alle inklusive der USA selbst schwer schädigt mit unvorhersehbaren Folgen für die Handelsströme, Währungen und Wohlstand. Offenbar sehen die Börsen zunächst das Gegenteil: nicht nur die Aktienkurse fallen in den letzten Tagen, sondern auch der Dollar in seinem Außenwert; manche Beobachter meinen schon, Trump ziele geradezu auf eine Schwächung des Dollars ab, um die Handels- und Leistungsdefizite zu mindern.
Der ganze Widersinn wird deutlich, wenn man feststellt: Trump hat Amerika klein geredet, um wieder Größe zu versprechen, die er nun anpeilt, in dem er seine Außenbewertung schwächt; er hat einen Sieg über die Inflation versprochen, und sie mit seiner erratischen Zollpolitik erhöht.
Entgegen der unverständlichen Wirtschaftstheorie Trumps leben die USA seit Jahrzehnten sehr gut mit diesen Defiziten bei Handel und Leistung. Andere, insbesondere China und Deutschland, haben für die US-Konsumenten gearbeitet und waren mit dem verdienten „Dollar im Safe“ zufrieden. Der US-Dollar hat eben eine einzigartige Rolle als Weltreservewährung! Dass diese Dollars aus dem Safe geholt und plötzlich auf den Markt geworfen werden könnten, ist ein weltwirtschaftliches Horrorszenario, das allerdings diejenigen, die das täten, mit in den Zusammenbruch reißen würde.
Trump sieht die Situation vom Arbeitsmarkt her als Schaden für die US-Wirtschaft, der Arbeitsplätze geklaut würden. Er dürfte jene geschätzt bis zu 100 Mio. arbeitsfähigen US-Bewohner im Sinn haben, die dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Die niedrige offizielle Arbeitslosenzahl von einigen Prozent steht dem nicht entgegen, weil sie eben nicht die Arbeitsfähigkeit sondern die Arbeitsmarktverfügbarkeit ausweist. Auch wenn 10 Mio. illegale Immigranten abgeschoben werden, gibt es ein ausreichendes Reservepotential an Arbeitskräften.
Unterstellt man einen gewissen Erfolg der Trumpschen Brachialpolitik im Sinne von Importbremsung durch Zölle, darf man also erwarten, dass der Dollarwert eher weiter ansteigt und die erhofften Wettbewerbsvorteile schmälert oder gar kompensiert. Dass eben diese Politik die Preise auf dem US-Markt erhöhen wird, nimmt Trump als kurzzeitigen Effekt hin, denn er wünscht sich einen Investitionsboom durch ausländisches Kapital, das sich hinter den Zollmauern höhere Profite erhofft.
Trumps merkantilistisches Denken wurde auf brutale Weise deutlich, als er kürzlich sagte, die EU sei geschaffen worden, um die USA abzuzocken; dass europäische Politiker ihren Euro gerne als konkurrierende Weltreservewährung etablieren möchten, interpretiert Trump wohl als Teil der gegen die USA gerichteten Politik. Man darf also vermuten, dass seine Einigung mit Putin über die Teilung der Welt in Herrschaftsgebiete der großen Atommächte (wahrscheinlich mit Respekt gegenüber Chinas Ansprüchen) den gemeinsamen Willen widerspiegelt, die EU und ihre Währungsgemeinschaft und damit ihren Binnenmarkt zu zerstören. Diese von Putins Russland schön länger gesteuerte Zerstörung der EU von innen, wird nun seit kurzer Zeit erkennbar von der US-Administration und ihrer Milliardärsclique mitgetragen. Die Freude Orbans, der AFD und ihrer in allen EU-Staaten erfolgreichen Freunde ist unverkennbar.
Es ist zu erwarten, dass es aus USA auch erhebliches Sperrfeuer geben wird gegen die europäische Handelspolitik, wo sie in Südamerika oder Indien Freihandelsabkommen abschließen und mit Inhalt füllen möchte.
Was nun also noch dringender wird, ist eine Reinigung der EU von Mitgliedstaaten wie Ungarn, die klar auf der anderen Seite des Konfliktes stehen – im Zweifelsfall durch einen außerrechtliche, mit Notwehr begründete, faktische Suspendierung ihrer Mitgliedsrechte. Deutschland, Frankreich und Polen, möglichst mit Spanien und Italien müssen gemeinsam führen und ggf. Macht über EU-Recht stellen.
Wichtig ist auch europäische Strategie der Stärkung jener immer noch vorhandenen US-Mehrheit, zu der immer noch auch viele Anhänger der Republikanischen Partei gehören dürften, die Trumps Amoklauf gegen nationale und internationale Organisationen sowie jahrzehntelange Partnerschaften nicht für richtig halten. Gleichzeitig darf es nicht zu einer sicherheitspolitischen Entkopplung oder gar Gegnerschaft zu den USA kommen – dazu sind wir viel zu sehr abhängig von amerikanischen Waffen-, Kommunikations- und Aufklärungssystemen. Dass der Immobilienhändler Trump auch diesen Sektor als Teil seines Geschäftes ansieht, ist bereits andernorts beschrieben worden: die NATO-Mitglieder seien keine Verteidigungspartner, sondern Kunden, die für den Schutz durch die USA zu bezahlen hätten. Da Europa beste Waffensysteme braucht, wird man sie klugerweise in den USA kaufen und damit auch das Handelsbilanzdefizit verringern.
Das alles erfordert leider diplomatische Freundlichkeit gegenüber dem Präsidenten, aber Klarheit in der inhaltlichen Abgrenzung wie es offenbar Macron vorgemacht hat.