Das Haus der drei Welten – La Casa de los tres Mundos – liegt an dem wunderschönen, weitläufigen zentralen Platz in Granada. Sie war die erste Hauptstadt des Nueva Espana genannten spanischen Kolonialreichs und sie ist die Geburtsstadt von Ernesto Cardenal. Er hat die Stiftung zusammen mit Dietmar Schönherr Anfang der 90ger Jahre gegründet: „Er hatte sich entschlossen, in der Stadt Granada ein kulturelles Projekt ins Leben zu rufen für die Entwicklung der Kunst, der Literatur, Musik und allgemeinen Kultur,“ erinnerte sich Ernesto Cardenal vor zwei Jahren während eines längeren Gesprächs, das später in dem Buch „Mein Leben für die Liebe – Ernesto Cardenal (Steidl) veröffentlicht wurde.
Das palastähnliche Haus, das Schönherr für die Stiftung kaufte, gehörte vor vielen Jahrzehnten und lange vor der Revolution 1979 der Familie des heute 94jährigen Schriftstellers und Priesters. Es hat eine prächtige neokoloniale Fassade, einen weitläufigen Innenhof, in dem die Kinder und Jugendlichen aus Granada und Umgebung kostenlos unterrichtet werden und es lebt von Stiftungsgeldern, die unter anderem von Pan und Arte im westfälischen Münster kommen.
1979 – im kommenden Sommer vor 40 Jahren: die Sandinisten vertreiben General Somoza und seine Clique, die bis zum Schluß von den USA unterstützt wurden und nach Florida fliehen. Cardenal wird Kultusminister und Daniel Ortega. Von Papst Johannes Paul II, der immer ein Gegner der Sandinisten war, wird Cardenal suspendiert, eine politische Entscheidung, wie Cardenal noch heute meint: „Er war gegen die Revolution, die von Christen unterstützt wurde.“ Seit jenen Tagen wurde die Suspendierung nie zurückgenommen und der Betroffene hat auch nie darum gebeten. Und einen Grund, sich mit dem argentinischen Papst auszusöhnen hatte er auch nicht: „Ich habe ja keinerlei Konflikt mit ihm.“
Kurz nach seinem Besuch in Panama vor wenigen Wochen hat der Papst nun diese Suspendierung aufgehoben. Inmitten einer mehr als 10 Monate währenden Staatskrise in Nicaragua mit wenigstens 325 Toten, 2 000 Verletzten und 40 000 Flüchtlingen. Einer zensierten Presse, politischen Häftlingen unter einem System, das sich mit Daniel Ortega und seiner Familie in allen wichtigen Funktionen in eine Diktatur verwandelt hat. Frühere Unterstützer wie die Autorin Gioconda Belli, wie der ehemalige Vizepräsident und Schriftsteller Sergio Ramirez und auch Ernesto Cardenal, haben sich von Ortega und den Sandinisten abgewandt, sind lautstarke Kritiker geworden: „Die allumfassende Macht, die er jetzt besitzt, hatte er früher nie. Ich bereue nicht, diese Revolution unterstützt zu haben, sondern bedaure, daß sie von der jetzigen Regierung verraten worden ist.“
Mit verheerenden Ergebnissen: Die Arbeitslosigkeit ist hoch. Sie wird zahlenmäßig kaum noch erfasst. Das Land ist außenpolitisch nahezu isoliert, vom Ausschluß aus der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) bedroht und lediglich von Bolivien, Cuba und Venezuela in Südamerika noch unterstützt. Die überwiegend von jungen Menschen getragene Oppositionsbewegung wirft der Regierung vor, die Verfassung zu beschädigen, die Rechtsprechung außer Kraft zu setzen.
Der großen Mehrheit der 6,2 Millionen Nicaraguaner geht es schlecht. Das ist auch in Granada in diesen Wochen zu bemerken.Viele haben Angst zu sprechen, sich offen zu äußern, sind von den Sandinisten entttäuscht. Die Polizei auf dem zentralen Platz der Stadt ist allgegenwärtig, auch auf den Straßen hinunter zur Pazifikküste. Die Versorgungslage ist kritisch, die Inflation hoch. Die politische Situation ist fühlbar angespannt, was auch im Haus der drei Welten mit einem Kopfnicken bestätigt wird. Ebenso wie die Kritik Ernesto Cardenals, daß die Revolution von den Ortegas und ihrem Clan verraten worden ist.
Bildquelle: flickr, Alex Barth, CC BY 2.0