Alles hat ein Ende. Auch die Volkspartei CSU. Da ist sich ein CSU-Experte, der viele Jahre für die Partei in vielen Funktionen gearbeitet hat, ziemlich sicher. „Es geht weiter bergab mit der Volkspartei CSU. Zwar werden wir weiter regieren können, weil die SPD so schwach ist, wie sie ist. Aber es rumort in der CSU, der Motor stottert, Parteichef Horst Seehofer ist den Ämtern, die er bekleidet, nicht gewachsen. Der Nimbus der CSU als Staatspartei ist dahin. Die Meinungsführerschaft in Bayern ist verflogen.“ Ein düsteres Bild, wenige Monate vor der Landtagswahl.
Dabei ist die wirtschaftliche und finanzielle Lage im Freistaat weiter über jeden Zweifel erhaben. Bayern ist Spitze. Aber die Stimmung im Lande ist alles andere als euphorisch. Den Leuten geht es gut bis sehr gut, aber sie sind trotzdem sauer. Kaum einer kann das genau festmachen, aber es gelingt der CSU auch nicht mehr wie in der Vergangenheit, mit bestimmten Themen die Leute bei Laune zu halten. Selbst die CSU-Minister könnten Themen nicht mehr setzen, auch die CSU-Landesgruppe im deutschen Bundestag in Berlin, früher ein Pfund, mit dem man draußen wuchern konnte, spiele keine größere Rolle mehr, so die Meinung des langjährigen CSU-Kenners.
PR-Aktionen wie die des Ministerpräsidenten Markus Söder, eine Kabinettssitzung auf Deutschlands höchstem Berg, der Zugspitze, verpufften, sie brächten maximal einige Bildchen und weg sei das Thema. Die Aktion habe nichts gebracht, so der CSU-Mann, der die Frage stellt: „Wo ist die Kern-Kompetenz der CSU geblieben?“ Sie räuspere sich nicht mehr in der Finanzpolitik. Schon vergessen, dass ein früherer CSU-Parteichef Bundesfinanzminister war. Nicht wahr, Theo Waigel. Es komme nichts aus dem Bereich Verkehrspolitik, dabei stellt die CSU den Minister. „Und was ist eigentlich mit der Entwicklungshilfe? Könnte man da nicht Anstösse erwarten über die Flucht-Ursachen und deren Bekämpfung? Aber nichts kommt von Minister Gerd Müller“. So das Urteil eines erfahrenen Christsozialen.
Ja, wo ist die CSU? Warum sind sie nicht präsent mit den Themen, die den Bürgern auf den Nägeln brennen? Da fällt einem sofort der Wohnungsbau auf, bezahlbare Wohnungen nicht nur, aber auch im Großraum München. Die Frage treibt den CSU-Kenner um. Sie treibt ihn um, wie ihn die Entpolitisierung des Wahlkampfs durch Angela Merkel umtreibt. Merkel interessiere sich nicht für den Zustand der CDU und der CSU, sie wolle ohnehin lieber mit den Grünen Politik machen. Und was die Inhalte angehe, fragt der CSU man den von Merkel angekündigten europäischen Lösungen? „Wo sind die denn? Sie wird es nicht geben.“
Überhaupt Merkel: CDU und CSU hätten nicht zulassen dürfen, dass die Kanzlerin eine vierte Legislaturperiode ansteuerte. Man hätte ihr klar machen müssen, dass es zu Ende sei. Endgültig. Aber da habe es auch an der Geschlossenheit der CSU gefehlt, die innere Zerrissenheit sei im Wege gestanden. Zudem habe es Initiativen gegeben pro Merkel, gesteuert von Alois Glück und Theo Waigel. Und wenn heute einer wie Seehofer mit Rücktritt drohe, so wirke eine solche Aktion eher läppisch. Dass die Kanzlerin ihre Richtlinienkompetenz in die Waagschale geworfen habe, findet unser CSU-Experte eher lächerlich. Das hätte ein Helmut Kohl mit Hans-Dietrich Genscher nie gewagt.
Söders Kabinett sei nicht schlecht, aber es bleibe ohne Ausstrahlung. Auch über den Bundesrat könne kaum Politik gemacht werden. Der Bundestag verliere mehr und mehr an Bedeutung, weil die Kanzlerin es so wolle. Unprofessionalität in der Politik habe sich breit gemacht mit der Folge, dass die Menschen den Respekt vor den Politikern verloren hätten.
Der CSU-Experte warnt seine Partei: Der Abstieg der CSU sei ein schleichender Prozeß. Und man müsse damit rechnen, dass mit der Landtagswahl der Abstieg noch nicht zu Ende sei. Da solle die CSU sich mal die Entwicklung der SPD anschauen, die ehemalige Volkspartei, die einige Kanzler stellte wie Brandt, Schmidt und Schröder, sei heute bei 18 Prozent gelandet. Und selbst jetzt wisse man nicht, ob dieser Abstieg nicht noch weitergehe.
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