Unternehmer sind politische Leichen auf Urlaub, so hat es einst ein Sarkastiker festgestellt. Vor allem die Manager an den Spitzen der großen Kapitalgesellschaften trumpfen mit ihren Umsatz- und Profitdaten auf, preisen ihre Produkte und Dienstleistungen an und wollen ihre Aktionäre wie Teilhaber bei der Stange halten. Dafür erhalten diese Leute in den Vorstandsetagen durchweg üppige Gehälter, Tantiemen, Boni und vieles mehr. Das macht oft genug das Hundertfache und mehr dessen aus, was Arbeiter und Angestellte in ihren Firmen an Einkommen haben. Allerdings sind die Vorstandssessel inzwischen zu Schleudersitzen oder gar Feuerstühlen geworden. Hire and fire müssen auch die erfahren, die als Manager mit Erfolgsversprechen starten, sich jedoch als „Nieten in Nadelstreifen“ entpuppen. Wenn sie jedoch gefeuert werden, fallen sie zumeist finanziell recht weich; die Abfindungen, Übergangsfelder oder Altersversorgungen sind großzügigst bemessen. Das gilt selbst für die Bosse aus großen Banken oder Autofirmen, die mit Fehlspekulationen, falschen Strategien oder mit dem Einsatz von Betrugssoftware ihren Unternehmen massiv geschadet haben. Diejenigen, die als Arbeitnehmer durch solche gravierenden Fehler ihren Job verlieren und als Opfer gar in der Arbeitslosigkeit landen, können in der Regel das nicht erwarten, was die Winterkorns, Ackermanns, Cryans und andere ehemalige Cheflenker bekommen. Dass nun der eine oder andere Boss, der mit fast krimineller Energie Manipulationen und Korruption angeordnet und geduldet oder mit gewagter Steuerakrobatik den Fiskus betrogen hat, im Gefängnis landet und strafrechtlich verfolgt wird, das kommt jedoch sehr selten vor.
Kritische Manager-Kaste
In den sogenannten Sonntags- und Feiertagsreden, auf dem Golfplatz oder am Kamin geben sich die großen Bosse unter ihresgleichen vielfach als Wohltäter der Nation und Besserwisser der besonderen Art aus: Ihre Forderungen an die Politik, ihre Häme über Politiker, ihre scharfzüngige Kritik an der Steuer- oder Sozialpolitik, ihre Herabsetzungen von Mitgliedern in Regierungen und Parlamenten sind kaum zu überhören, füllen die Spalten in Zeitungen und werden in den Quatschbuden der Nation, in den TV-Talkshows, präsentiert. Von Verantwortung oder gar Engagement für unsere Demokratie, für unsere Gesellschaft und unser Gemeinwesen ist da wenig bis gar nichts zu verspüren. Bei aller Abgehobenheit scheinen manche zu vergessen, dass sie eingebunden und von dem Funktionieren unserer politischen, wirtschaftlichen und sozialen Ordnung abhängig sind.
Siemens-Chef gegen AfD
Es war längst überfällig, dass nun der Vorstandsvorsitzende der Siemens AG, Joe Kaeser, mehr politischen Mut als seine Kollegen aus anderen Unternehmen bewies und andere Manager dazu aufrief. Der Siemens-Chef hat deutlich Front gegen die AfD gemacht und klare Kante gezeigt: „Wir dürfen das Feld der Öffentlichkeit nicht populistischen und nationalistischen Stimmen überlassen“. So war Kaeser zu vernehmen und er fügte hinzu, dass es keine „Schweigespirale“ geben darf, „in der Marktschreier zu hören sind, nicht aber die anderen, die sich irrtümlich in der Minderheit wähnen.“
Nationalismus: Schaden für die Exportnation
Nicht nur er, sondern viele andere würden sich wünschen, dass Manager von Format dem Beispiel des Siemens-Chefs folgen – vor allem auch jene, die bei allen möglichen Gelegenheiten, bei denen es – wie jüngst beim Treffen mit dem chinesischen Regierungschef in Berlin – um neue Geschäfte geht, sich um die Kanzlerin, ihre Minister oder Parlamentarier scharen. Doch die meisten großspurigen Bosse sind plötzlich ganz kleinlaut oder stumm, weil sie um die Firmenkasse fürchten: Sie gerieren sich als hasenfüßig gegenüber der AfD aus Angst davor, dass Anhänger und Sympathisanten dieser Partei in Zukunft nicht mehr ihre Autos, Turnschuhe, Kleidung oder andere Produkte kaufen könnten. Immerhin – so kalkulierten diese Unternehmenslenker – liegt der „Marktanteil“ der AfD inzwischen bei 15 % oder auch darüber. Allerdings blicken sie dabei wohl kaum über den nationalen Tellerrand hinaus, obwohl die meisten Firmen 20, 30 oder noch mehr Prozent ihrer Umsätze jenseits der deutschen Grenzen auf den Exportmärkten machen. Sie bedenken nicht, dass der engstirnige Nationalismus der AfD dem Ansehen Deutschlands in der Welt sehr schadet und damit wohl auch Produkten „made in Germany“.
Wehrhaft gegen Radikalismus
Joe Kaeser verdient große Anerkennung aller, die für unsere Demokratie, für unsere Werte und unser Gemeinwesen eintreten. Sein Mut kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, denn nur so kann man den Anfängen wehren. Gewiss muss der Siemens-Chef nun mit Drohungen und Schmähungen gegen seine Person und Angehörigen leben; das rechtsradikale Lager ist militant und schreckt vor fast nichts zurück. Die überwiegende Mehrheit unserer Bevölkerung sollte mit demselben offenen Visier, wie es Kaeser gezeigt hat, gegen jeden Nationalismus und Radikalismus Front machen. Die Angsthasen an den Spitzen der Unternehmen, die sich allzu gern zu den Eliten zählen, mögen sich an ihrem Siemens-Kollegen orientieren und seinem Beispiel folgen. Mit Leisetreterei und vornehmer Zurückhaltung mit Blick auf die Abendkasse wird auf Dauer keine wehrhafte Demokratie bestehen können.
Bildquelle: http://en.kremlin.ru/events/president/news/page/271
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