Den Rat, auf ein Pedelec umzusteigen, gab mir der Kardiologe, der mir nach dem Herzinfarkt ein paar Stents eingesetzt und den ich gefragt hatte, wie ich mich denn danach verhalten müsste. Schließlich wollte ich wieder Sport treiben, das Sportabzeichen machen, Tennis spielen und Fahrrad fahren. Nur haperte es nach dem Infarkt mit der Kondition, genauer: Ich hatte keine mehr, war also bei Null. Ich sollte mich auf jeden Fall nicht in Watte packen lassen, so der Arzt. Aber, so sein Rat, „fangen Sie langsam an und steigern das Tempo.“ Und was das Rad anging, schlug er mir vor, „steigen Sie um aufs Pedelec, damit Sie leichter die paar Hügel in Bonn rauffahren können“. Gemacht getan. Und eines vorweg: Mit dem Pedelec fährt es sich leichter, in der Ebene und vor allem bergauf.
Meine Frau und ich haben uns bei einem größeren Händler beraten lassen. (Das nächste Mal würde ich den um die Ecke nehmen, da ist der Weg bei Reparaturen nicht so weit.) Wir durften ein paar Runden mit einem Pedelec drehen und entschieden uns dann für ein deutsche Fabrikat, das -preislich reduziert- etwas über 2000 Euro kostete. Auch ich nahm ein so genanntes Damen-Rad, weil es bequemer ist. Ich weiß, mancher Mann wird darüber nur lächeln, er braucht das Rad mit der Stange, damit er sportlich das Bein drüber schwingen kann. Dem kann ich nur sagen: Ohne Stange geht es einfacher, man steigt einfach auf die Pedale. Ein gutes Schloss gehört dazu, es kostet fast 100 Euro und soll angeblich das Beste, will sagen das Sicherste gegen Diebstahl sein. Warten wirs ab, wenn es Ernst wird. Wir haben uns gegen den Freilauf enschieden, weil wir neben den Scheibenbremsen vorn und hinten eine Rücktrittsbremse wollten. Sie lohnt sich, damit bremst man leichter.
Mit Tempo 25 am Rhein
Die ersten Touren sind wir vorsichtig angegangen, der Verkäufer hatte dazu geraten und darauf hingewiesen: Sie fahren mit dem Elektro-Rad schneller als mit dem normalen Rad. Daran muss man sich erst gewöhnen, sonst riskiert man Unfälle. Also sind wir langsam losgefahren, haben auf Power geschaltet, das ist die stärkste elektrische Unterstützung, haben dann auf Sport zurückgedreht und es dann auch mit Eco probiert. Am leichtesten geht es mit Power, aber damit wird auch der Akku schneller leer gefahren. Auf einer geraden Strecke, am Rhein entlang, haben wir dann richtig Gas gegeben, Power und den 8.Gang genommen. Bei rund 26/27 km/h hörte die E-Hilfe auf. Wer es schneller möchte, muss dann kräftig in die Pedale treten, dann schafft man auch noch mit größter Mühe rund 28 km/h.
Was uns auffiel bei Touren den Rhein aufwärts oder abwärts: mehr und mehr Menschen vor allem älteren Baujahrs fahren Pedelecs. Man erkennt sie oft daran, dass sie alle mit Licht fahren und das ist auch gut so. Man sieht sie früher. Viele, fast alle tragen Helme, das ist leider bei dem normalem Radler noch nicht so durchgedrungen, dass das mit dem Helm mehr Sicherheit bedeutet im Falle eines Sturzes. Pedelec-Fahrer erkennt man ferner daran, dass sie sich leichter tun, sie wirken locker und gelöst auf ihren Rädern mit dem Akku. Bleibt nur zu hoffen, dass sie ihr Gerät beherrschen.
Meldungen der letzten Tage besagen etwas anderes: mehr Unfälle mit Pedelecs. In Münster starb eine 77jährige Frau, nachdem sie in eine Baugrube gefallen war. Warum auch immer? In Hamburg starb ein 54jähriger Mann auf einem Pedelec, er soll über eine Rattenfalle gestürzt sein. In der Nähe von Heidelberg übersah eine Autofahrerin einen 79jährigen auf seinem E-Rad, der trotz Helm lebensgefährlich verletzt wurde. In Geldern am Niederrhein- das ist wie Münster, Bocholt und Oldenburg eine Fahrrad-Hochburg- kam eine 69jährige auf ihrem E-Bike-oder Pedelec-die Begriffe werden oft verwechselt- in einer Kurve auf einem Schotterweg zu Fall. Die Frau verletzte sich schwer.
Diese Meldungen sollen nun keine Horrorgeschichte darstellen, sondern nur auf die Risiken hinweisen, die einfach mit dem Pedelec größer geworden sind, als sie es mit dem einfachen Rad waren. Denn das Pedelec ist schwerer, es wiegt rund 25 Kilogramm, man kann es nur schwer heben und es ist in Kurven zumal mit erhöhter Geschwindigkeit schwieriger zu steuern. Und das Tempo ist meistens höher als mit dem einfachen Rad- Rennradler ausgenommen. Mit dem Pedelec fahren Sie locker Tempo 24 oder 25(mit dem normalen Rad fahre ich 17/18 km/h). Das heißt aber auch, dass man schneller bremsen muss. Und da gilt es zu wissen, wo ist vorn, wo hinten. Wenn die Vorderbremse voll gedrückt wird und blockiert, besteht die Gefahr, dass man vorn über den Lenker stürzt. Nimmt man die Hinterradbremse zu stark, kann man hinten wegrutschen. Man muss also umsichtig fahren und entsprechend rechtzeitig bremsen. Gerade in Kurven auf nassen Wegen oder Schotterstraßen kann man leicht den Halt verlieren und stürzen. Übringens werden Kurse zum Üben mit dem Pedelec angeboten.
Pedelecs sind gefragt
Pedelecs sind in, vor allem bei der älteren Kundschaft, die sich fit genug fühlt und gern viel unterwegs ist. Mit dem Pedelec geht es flott zum Einkaufen. Ich fahre an Sonntagen zum Bonner Hauptbahnhof, um mir eine Sonntagszeitung zu kaufen. Entferung von Haus zu Haus gut drei Kilometer, für die Hin- und Rückfahrt samt Einkauf der Zeitung benötige ich 20 Minuten. Das Auto bleibt in der Garage. Während der Spargel-Zeit habe ich mit dem Pedelec den Spargel in Hersel eingekauft, das liegt rund 10 Kilometer von unserem Haus entfernt. Einfache Fahrzeit: 25 Minuten. Mit dem Pedelec fährt es sich leicht auf den Bonner Venusberg, da geht es zunächst vier Kilometer bergauf, Power eingeschaltet, Gang 6 oder 5 und flott geht es Richtung Kottenforst. Ausflüge von 40 Kilometern und mehr sind mit den E-Rädern kein Problem mehr.
Aber noch einmal sei zur Vorsicht gemahnt. Nicht jeder Pedelec-Fahrer war zuvor ein geübter Radler. Und so passieren die vielen Unfälle, in die vor allem Ältere verwickelt sind. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts stieg die Zahl der auf einem Pedelec tödlich verunglückten Menschen im Jahr 2018 um fast ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr auf 89. Dazu kommen 2077 Schwerverletzte, 2018 waren es noch 1373. Die Zahlen habe ich der Süddeutschen Zeitung entnommen. Hauptsächlich waren Ältere in den Unfällen verwickelt, 51 tote Pedelec-Fahrer waren älter als 75 Jahre.
Pedelec-Fahren ist in. Im Jahr 2018 wurden in Deutschland rund eine Million Pedelecs verkauft, 36 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Käufer sollte das Gewicht bedenken. Ein Pedelec kann man nicht einfach in die Straßenbahn hieven oder den Zug. Den Akku kann man abnehmen mit einem Griff, er allein wiegt vier Kilogramm. Aber dann bleiben immer noch mehr als 20 Kilogramm. Ob das Pdelec in die Garage passt? In den Keller zu tragen wie ein Rad, ist ein schwieriges und schweres Unterfangen.
Aber keine Frage: Mit dem Pedelec fährt es sich leichter. Billiger ist es als Bus und Bahn. Und gesünder ist es auch als Autofahren. Fragen Sie ihren Arzt. Und dann ist es noch gut für den Klimaschutz. Ein bisschen zumindest.
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'Mit dem Pedelec fährt es sich leichter – Aber Vorsicht ist geboten' hat einen Kommentar
28. Oktober 2019 @ 00:11 Rehn, Margit-Rosa
Mit meinen 58 Jahren bin ich zwar längst im Alter für E-Bikes oder Pedelacs angelangt, lehne diese Form der Fortbewegung für mich persönlich aber vollkommen ab. Lieber würde ich gar nicht mehr Radfahren, weil für mich der Sinn des Radfahrens ad absurdum geführt wird. Ich möchte sehen, was mein Körper aus eigenem Antrieb heraus schafft. Am Mittel- und Oberrhein sind bereits extrem viele Menschen mit diesen sperrigen Zwittergeräten unterwegs. Restlos sportbefreite Beamtenpärchen überholen auch arrogant, was natürlich lächerlich ist, weil sie sich gar nicht anstrengen müssen. In Frankreich ist diese Unkultur noch nicht ganz so präsent. Dafür gibt es mehr gut gestylte Frauen auf Rennrädern! In den geschundenen Alpen sind E-Bikes auch schon am Start und stören die Natur. Einen großen Alpenpass muss man sich doch erst mal hochkämpfen und dafür auch trainieren. Da bin ich als Rennradlerin sehr gerne sehr altmodisch.