Hannes Wader

Musikalische Wärmeströme jenseits von seelenloser Turbo Coolness

Ja, Hannes Wader, er ist der junge Alte geblieben. Zwar nun auch schon 73 Jahre alt, ist seine wohlvertraute Stimme und sein wahrhaftig gekonntes Gitarrenspiel schön wieder erkennbar wie eben in unseren siebziger und achtziger Jahren, wo sich die linksalternativen kritischen Geister gerne wie an einem gemütlichen Lagerfeuer und noch auf Vinyl erfreuen konnten. Ja, das waren noch Zeiten! Wir versammelten uns  auf großen Antikriegs, Antiatom  – und Antifaschisten -Demos,  in Konzerten oder um den Dual – Plattenspieler und lauschten dem engagierten Barden. Die Songs des linken Liedermachers Hannes Wader wärmten einst auch streng theorielastige Intellektuelle und werteten so immerhin den so genannten,  sonst schon fast geschmähten „subjektiven Faktor“  auch sinnlich deutlich auf.

Heute hier, morgen dort.“ Oder „Ich hatte mir noch so viel vorgenommen“, oderDass nichts bleibt wie es war“, melancholische Melodien, die sich tröstlicher Kontinuität durch Jahrzehnte innerlich leitmotivisch und wiedererkennbar erhalten haben.

Insofern blieb gestern für die annähernd 500 Konzertbesucher im „Milchwerk“ von Radolfzell am Bodensee wahrscheinlich kein Auge trocken. Und das ist doch eigentlich gar nicht so schlimm, angesichts der irrsinnigen Zuspitzungen um uns herum. Zumindest löst sich in solchen Augenblicken ein bisschen die um sich greifende Schockstarre angesichts des terroristischen Grauens. Gerade in unfassbar verstörende Zeiten wie diesen wächst – man kann es als nostalgisch abwerten , oder eben auch mit der je eigenen tief gehenden Ratlosigkeit ganz realistisch erstmal einverstanden sein – das sehr analoge Bedürfnis nach einem zunächst persönlichen Innehalten, ja, atmosphärisch hatte dieser Konzertabend etwas Andächtiges. Inwieweit so ein gemeinschaftliches Erlebnis politisch ernsthaft auch kollektiv kommuniziert und in öffentliches Engagement übersetzt werden kann, nun das bleibt uns zu hoffen. Denn: es gibt jede Menge zu tun, auch viel mehr  Widerstand gegenüber der folgenschweren Ignoranz unserer wirtschaftspolitischen Eliten.

Bildquelle: Wikipedia, Richard Huber – Eigenes Werk, Hannes Wader, deutscher Sänger und Songwriter im April 2015 im Parktheater Göggingen in Augsburg, CC-BY-SA 4.0

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Die Theater-, Film- und Literaturkritikerin schreibt für diverse Zeitungen und arbeitet für den öffentlich rechtlichen Rundfunk. Sie promovierte über Erich Kästner, lehrte an der Universität Marburg, arbeitete als Dramaturgin und machte Dokumentarfilme für den WDR und andere ARD-Sender. Ihr wundervolles Motto zu unserem Humanistischen Grundkonsens: "DEMOKRATIE - die bunte Freiheit, mit gleichen, klar geordneten Spiel-Regeln für Alle!" 2016


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  1. 20. November 2015 @ 22:46 Musikalische Wärmeströme jenseits von seelenloser Turbo Coolness - Der Blogpusher

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